Johanna Mikl-Leitner
Beiträge
Streifzüge, Jahrgang 2016

Innenministerin-Abschiebung

Februar
2016

Zwei Beamte haben die österreichische Innenministerin mit sechs Fesseln an eine Holzbank gekettet, Klammern aus Stahl, die ihre Fußgelenke umschließen und sie durch eine Plastikfessel mit der Holzbank verbinden, schränken ihre Bewegungsfreiheit ein. Die Hände sind unterhalb der Oberschenkel fest (...)

Johanna Mikl-Leitner (2023)

Johanna „Hanni“[1][2] Mikl-Leitner (* 9. Februar 1964 in Hollabrunn als Johanna Leitner) ist eine österreichische Politikerin (ÖVP) und seit 19. April 2017 Landeshauptfrau von Niederösterreich.[3]

Von 1999 bis 2003 war sie Abgeordnete zum Nationalrat. Von 2003 bis 2011 war sie Landesrätin für Soziales, EU-Regionalpolitik, Arbeit und Familie in den niederösterreichischen Landesregierungen Pröll IV und Pröll V. Von 2011 bis 2016 amtierte sie als Bundesministerin für Inneres (Bundesregierungen Faymann I, Faymann II), ehe sie 2016 wieder nach Niederösterreich wechselte, erst als Landeshauptmann-Stellvertreterin und Landesrätin für Finanzen, Wohnbau und Arbeitsmarkt (Landesregierung Pröll VI), alsdann seit 2017 als Landeshauptfrau der Landesregierungen Mikl-Leitner I, Mikl-Leitner II und Mikl-Leitner III. Seit 25. März 2017 ist Mikl-Leitner Landesparteiobfrau der Volkspartei Niederösterreich.

Ausbildung und Beruf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johanna Mikl-Leitner (2018)
Mikl-Leitner mit Landtagspräsident Karl Wilfing (2018)

Johanna Leitner wuchs als Tochter von Johanna und Rudolf Leitner mit drei Geschwistern, davon einer Zwillingsschwester,[4] in Großharras auf und besuchte von 1970 bis 1974 die Volksschule und im Anschluss das Realgymnasium in Laa an der Thaya. 1978 wechselte sie an die Handelsakademie ebenfalls in Laa, die sie 1983 mit der Matura abschloss. Mikl-Leitner studierte danach Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien und schloss ihr Studium mit dem akademischen Grad Mag. rer. soc. oec. ab.

Mikl-Leitner unterrichtete von 1989 bis 1990 an der Bundeshandelsakademie Laa an der Thaya und war parallel dazu in der Unternehmensberatung tätig. Zwischen 1990 und 1993 war sie Trainee in der Industriellenvereinigung und von 1993 bis 1995 Stellvertreterin der Verlagsleitung Signum-Verlag. 1995 übernahm sie die Marketingleitung der Volkspartei Niederösterreich, 1998 stieg sie zur Landesgeschäftsführerin auf.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johanna Mikl-Leitner vertrat von Oktober 1999 bis April 2003 die ÖVP im Nationalrat. Am 24. März 2003 wurde sie als Landesrätin der niederösterreichischen Landesregierung angelobt. Ihr Ressort umfasste in der Landesregierung Pröll V die Bereiche Soziales, Arbeit und Familie.

Im Jahr 2010 wurde sie zur Vizepräsidentin der Versammlung der Regionen Europas gewählt.[5] Im Zuge der Regierungsumbildung des Kabinetts Faymann nach dem Rücktritt von Vizekanzler und ÖVP-Parteiobmann Josef Pröll wurde sie am 21. April 2011 als Innenministerin angelobt.[6]

Ihre Nachfolgerin in der niederösterreichischen Landesregierung wurde Barbara Schwarz. Von 2011 bis 2016 war sie zudem geschäftsführende Bundesobfrau des Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes. In dieser Funktion folgte ihr August Wöginger nach.[7] Von April 2016 bis April 2017 war sie niederösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreterin und Landesrätin für Finanzen in der Landesregierung Pröll VI. Nach der Ankündigung des Rückzugs vom damaligen Landeshauptmann Erwin Pröll wurde Mikl-Leitner einstimmig zur designierten Landesparteivorsitzenden der Volkspartei Niederösterreich sowie zur designierten Landeshauptfrau Niederösterreichs nominiert. Beim 45. ordentlichen Landesparteitag der ÖVP Niederösterreich am 25. März 2017 wurde Mikl-Leitner mit 98,5 Prozent der Stimmen zur Landesparteivorsitzenden gewählt.

Ihr Nachfolger als Finanzlandesrat wurde der bisherige Direktor des Nationalparks Thayatal, Ludwig Schleritzko. Ihr Stellvertreter wurde der bisherige Landesrat für Agrar, Energie, Umwelt und Katastrophenschutz Stephan Pernkopf.

Am 19. April 2017 wurde Mikl-Leitner vom niederösterreichischen Landtag zur ersten Landeshauptfrau von Niederösterreich gewählt. Sie wurde damit nach Waltraud Klasnic (ÖVP, Steiermark) und Gabi Burgstaller (SPÖ, Salzburg) die dritte Frau in Österreich im Amt der Landeshauptfrau.

Bei der Landtagswahl in Niederösterreich 2018 erreichte die ÖVP mit Spitzenkandidatin Mikl-Leitner 49,6 Prozent der Stimmen und zum vierten Mal in Folge eine absolute Mandatsmehrheit im niederösterreichischen Landtag. Die Landtagswahl 2023 in Niederösterreich brachte für Mikl-Leitner einen deutlichen Rückgang der Stimmen, insgesamt kam die ÖVP auf 39,94 Prozent der Stimmen.[8]

Mikl-Leitner tritt für strengere Regeln zum Erhalt der Staatsbürgerschaft ein.[9]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zusammenhang mit der EU-Flüchtlingskrise 2015 warf Amnesty International Mikl-Leitner in ihrer Zeit als Innenministerin und den damaligen Landeshauptleuten vor, dass die Flüchtlinge im Asyl-Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (vgl. Bundesbetreuungsstelle Ost) „vollkommen sich selbst überlassen“ und einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt seien.[10] Die Österreichischen Kinderfreunde machten Mikl-Leitner dafür verantwortlich, dass selbst grundlegendste Bedürfnisse der Flüchtlinge wie Lebensmittel und Schlafplätze nicht erfüllt würden.[11] Mikl-Leitner sah sich im Lauf des Jahres 2015 mit Rücktrittsaufforderungen der SPÖ-Landesorganisationen Oberösterreich und Kärnten, des Wiener Landtagspräsidenten Harry Kopietz, des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler, der Sozialistischen Jugend Österreichs, der Jungen Grünen, des Verbands Sozialistischer Studentinnen und Studenten Österreichs und von Asyl in Not konfrontiert.[12][13][14][15] Sie bezeichnete die damalige Lage als „prekär [und] eine Ausnahmesituation wegen der sprunghaft angestiegenen Zahl an Asylsuchenden“, und weil die Bundesländer ihre Quoten nicht erfüllten. In Reaktion auf die Situation wurde per Verfassungsänderung ein Durchgriffsrecht des Bundes geschaffen, damit dieser auch gegen den Willen von Ländern und Gemeinden Unterkünfte für Asylbewerber schaffen könne.[16]

Bereits zweimal wurde Mikl-Leitner der Negativpreis Big Brother Award in der Kategorie Politik verliehen, zuletzt 2015[17] für das Staatsschutzgesetz.

Im Februar 2022 veröffentlichte das Online-Medium zackzack.at Chat-Nachrichten Mikl-Leitners, in denen sich die Landeshauptfrau beim Kabinettschef des Innenministeriums Michael Kloibmüller für ein Ferialpraktikum eines Neffen einsetzte.[18] In einer anderen im selben Monat der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Nachricht beleidigte sie SPÖ-Politiker: „Rote bleiben Gsindl“.[19] Für diese Wortwahl bat Mikl-Leitner später um Entschuldigung.[20]

Im Juli 2023 veröffentlichte Mikl-Leitner einen Gastkommentar im Standard. Dabei bezog sie sich auf die „normal denkende Mitte der Gesellschaft “.[21][22] Der Begriff wurde von Vizekanzler Werner Kogler als „präfaschistoid“ bezeichnet.[23] Der deutsche Philosoph Frieder Vogelmann äußerte sich ebenfalls kritisch.[24] Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen warnte in seiner Eröffnung der Bregenzer Festspiele vor Populismus.[25]

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johanna Mikl-Leitner ist seit 7. Juni 1992 mit Andreas Mikl verheiratet und Mutter zweier Töchter.[26] Sie wohnt in Klosterneuburg[27] und ist Mitglied der ansässigen Schülerinnenverbindung KÖMMV Babenberg Klosterneuburg im VfM[28].

Ehrungen und Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Negativpreise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Johanna A. Leitner. Von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft: bzw. vom Industriezeitalter zum Informations- bzw. Computerzeitalter. Hochschulschrift. Wirtschaftsuniversität Wien. 1989[32]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Johanna Mikl-Leitner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Niederösterreich: Eine Rose für Hanni, oder: Wenn die Landeshauptfrau kämpft. In: Kleine Zeitung. 25. Januar 2023, abgerufen am 29. Januar 2023.
  2. Mikl-Leitner vor Schicksalswahl? 24. Januar 2023, abgerufen am 29. Januar 2023.
  3. Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau gewählt. In: noe.ORF.at. Abgerufen am 19. April 2017.
  4. NÖ News: Reportage – ORF Niederösterreich (noev1.orf.at), abgerufen am 16. August 2015
  5. VRE Wahlen 2010: Michèle Sabban als Präsidentin wiedergewählt (Memento vom 19. Juli 2013 im Internet Archive) vom 12. November 2010, abgerufen am 19. November 2010.
  6. Team Spindelegger angelobt. Die Presse, 21. April 2011.
  7. orf.at – Wöginger folgt Mikl-Leitner an ÖAAB-Spitze. Artikel vom 19. April 2016, abgerufen am 19. April 2016.
  8. Landtagswahl NÖ 2023 – news.ORF.at. Abgerufen am 30. Januar 2023.
  9. noe ORF at/Agenturen red: Mikl-Leitner mit Forderungen an Muslime. 15. November 2023, abgerufen am 15. November 2023.
  10. Rücktrittsforderungen gegen Innenministerin Mikl-Leitner. News, 15. August 2015
  11. Kinderfreunde zu Innenministerin: „Treten Sie zurück“. Kinderfreunde, Presseaussendung (APA), 21. August 2015
  12. SPÖ Oberösterreich: Mikl-Leitner rücktrittsreif!, 14. Mai 2015, abgerufen am 27. März 2016
  13. Kurier: Mikl-Leitner: „Es geht operativ gar nicht anders“. Die Innenministerin weist den Vorwurf des Amtsmissbrauchs bzw. der Verfassungswidrigkeit zurück., 13. Juni 2015, abgerufen am 27. März 2016
  14. Kurier: Mikl-Leitner: Rote fordern Rücktritt. Wiener Landtagspräsident Kopietz: „Frau Innenministerin, treten Sie zurück!“. ÖVP-Blümel kontert., 21. August 2015, abgerufen am 27. März 2016
  15. Austria Presse Agentur (OTS-Service): Asyl in Not zeigt Mikl-Leitner an und fordert ihren Rücktritt., 7. August 2015, abgerufen am 27. März 2016
  16. ORF.AT, Ministerin verweist auf Verbesserungen, 14. August 2015
  17. Big Brother Awards gehen an Mikl-Leitner und Facebook. 7. Februar 2022
  18. zackzack.at BMI-Chats 7: Postenwünsche von Schelling und Mikl-Leitner: »Nach deiner Melodie tanzen«. 9. Februar 2022
  19. derstandard.at Rote bleiben Gsindl: Mikl-Leitners Unmut und Sobotkas Interventionsliste. Artikel vom 25. Oktober 2015, abgerufen am 25. Oktober 2015.
  20. sn.at "Rotes Gsindl": Johanna Mikl-Leitner entschuldigt sich für ihre Wortwahl. 8. Februar 2022
  21. Johanna Mikl-Leitner: Gendern – der Stern des Anstoßes. Abgerufen am 30. Juli 2023 (österreichisches Deutsch).
  22. ÖVP-Sommer: Wo die unsägliche Debatte über "Normaldenkende" ihren Ausgang nahm. 23. Juli 2023, abgerufen am 30. Juli 2023.
  23. eva.linsinger: Werner Kogler an Johanna Mikl-Leitner: „Ausdrucksweise präfaschistoid“. 8. Juli 2023, abgerufen am 30. Juli 2023.
  24. APA: „Normal“: Wissenschaftskritik an Instrumentalisierung des Begriffs. Abgerufen am 30. Juli 2023 (deutsch).
  25. Oliver Das Gupta: Brandrede in Bregenz: Österreichs Präsident wettert gegen Populismus. In: Der Spiegel. 19. Juli 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 30. Juli 2023]).
  26. lie: Mikl-Leitner und Schwester feiern den 29. Hochzeitstag. Abgerufen am 30. Januar 2023.
  27. Johanna Mikl-Leitner auf der Website des Landes Niederösterreich. Abgerufen am 19. Jänner 2017.
  28. Cato und Django: Der Cartellverband regiert. In: derStandard.at. (derstandard.at [abgerufen am 29. November 2017]).
  29. Mikl-Leitner erhält Bayerische Staatsmedaille ‚Stern der Sicherheit‘ – Grenzüberschreitende Zusammenarbeit Zeichen gelebter bayerisch-österreichischer Freundschaft. Abgerufen am 25. August 2018.
  30. FM Incomingpreis für Mikl-Leitner. Abgerufen am 21. Juni 2019.
  31. Oscar Bronner (Hrsg.): Big Brother Awards gehen an Mikl-Leitner und Facebook. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H, 25. Oktober 2015 (derstandard.at [abgerufen am 7. Januar 2023]).
  32. https://permalink.obvsg.at/wuw/AC00095873