Wladimir Kaminer
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Streifzüge, Jahrgang 2017
VORLAUF ARBEITS-LOS

„Eine Umschulung Richtung IT oder Wirtschaft! Sonst geht’s nur bergab!“

Phänomenale Erlebnisse einer arbeitslosen Geisteswissenschaftlerin
Oktober
2017

„… Dummheit stand hoch im Kurs, die Sozialämter hatten wegen Lieferschwierigkeiten meistens zu, Arbeit gab’s nur für Crashtestdummies, und die Liebe war in Urlaub.“ Ahne, in: Wladimir Kaminer (Hg.): Frische Goldjungs, München 2001 Aus dem Spiegel blickt mir ein Zombie entgegen. Ein völlig (...)

Wladimir Kaminer (2008)

Wladimir Wiktorowitsch Kaminer (russisch Владимир Викторович Каминер; Betonung Wladímir Wíktorowitsch Kamíner, * 19. Juli 1967 in Moskau, Russische SFSR, Sowjetunion) ist ein russisch-deutscher Schriftsteller und Kolumnist. Seine Erzählbände Militärmusik und Russendisko machten ihn auch außerhalb Deutschlands bekannt. Er schreibt seine Texte in deutscher Sprache und nicht in seiner Muttersprache Russisch. Die Gesamtauflage seiner Bücher und Hörbücher lag 2018 bei 3,7 Millionen.[1] Allein Russendisko hatte bis März 2012 eine Gesamtauflage von über 1,3 Millionen.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaminer bei einer Lesung in der Universität Bielefeld (2008)

Kaminer ist der Sohn einer Lehrerin für Festigkeitslehre und eines Betriebswirts, der als stellvertretender Leiter in einem Betrieb der sowjetischen Binnenflotte arbeitete. Kaminer war sowjetischer Bürger jüdischer Abstammung und ist heute deutscher Staatsbürger.

Von 1986 bis 1988[3] leistete Kaminer in einer Raketenstellung vor Moskau seinen Wehrdienst ab und erlebte dabei im Mai 1987 den von der sowjetischen Flugabwehr unbehelligten Einflug des westdeutschen Privatpiloten Mathias Rust mit, der anschließend auf der Großen Moskwa-Brücke nahe dem Roten Platz landete.[4] (Jahre später lernte er Rust bei einer Lesung in Hamburg auch persönlich kennen.[5]) Nach einer Ausbildung zum Toningenieur für Theater und Rundfunk studierte er Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut. Während des Studiums verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs und dem Veranstalten von Partys und Untergrundkonzerten in der Moskauer Rockszene.

Laut Munzinger-Archiv bekam Kaminer im Juni 1990 humanitäres Asyl in der DDR. Noch vor der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober erhielt er die Staatsbürgerschaft der DDR und war deshalb nach bundesdeutschem Recht deutscher Staatsangehöriger.[6] Dem widerspricht, dass er in einem Interview im September 2012 berichtete, 14 Jahre lang mit einem sogenannten „Alien-Pass“ (Fremdenpass) gelebt zu haben, also für mehrere Jahre kein deutscher Staatsbürger gewesen zu sein. In der DDR war er demnach auch ein geduldeter Ausländer gewesen.[7][8]

Viele Jahre war Kaminer Mitglied der „Reformbühne Heim & Welt“, auf der er wöchentlich im Kaffee Burger seine neuesten Geschichten vorlas. Er veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen deutschen Zeitungen und Zeitschriften, hatte eine wöchentliche Sendung namens Wladimirs Welt beim SFB 4 Radio Multikulti sowie eine lose gesendete Rubrik im ZDF-Morgenmagazin und organisierte im Kaffee Burger zusammen mit Yuriy Gurzhy Veranstaltungen wie seine „Russendisko“. Musikalisch präsentieren die Veranstaltungen einen Mix aus alter und neuer russischer Popmusik und Underground. Einige Zusammenstellungen erschienen unter dem Etikett Russendisko beim Münchener Label Trikont. Im Dezember 2006 eröffnete Kaminer den Club Rodina (deutsch: Heimat) in Berlin, den er jedoch nach viereinhalb Monaten wieder aufgab.[9] Im selben Jahr kündigte er an, 2011 für das Amt des Regierenden Bürgermeisters der Stadt Berlin anzutreten.[10] Er ist eng befreundet mit dem ehemaligen Bundesliga-Eishockey-Profi und Schriftstellerkollegen Martin Hyun.

Seit März 2014 schreibt Kaminer jeden Monat die Kolumne Kaminers Kino für die Kinozeitschrift epd Film.[11]

Im Musikvideo zum Song Geradeaus der HipHop-Band Deichkind, das im Dezember 2022 erschien, hat Kaminer einen Gastauftritt. In der betreffenden Szene beobachtet er mit einem Fernglas ein am Himmel vorbeifliegendes Leichtflugzeug, in dem Deichkind-Sänger Philipp Grütering am Steuer sitzt und das später in Anlehnung an den Flug von Mathias Rust vor der Kulisse des Roten Platzes zu sehen ist.[12]

Kaminer ist Mitgründer des PEN Berlin.

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaminer lebt mit seiner ebenfalls aus Russland stammenden Frau Olga Kaminer (geb. Gura) – die er 1995 in Berlin kennenlernte und die ebenfalls Autorin ist – und seinen beiden Kindern in Berlin-Prenzlauer Berg.[13]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaminer wurde vorgeworfen, sich im Jahre 2002 auf einem Konzert der russischen Punk-Band Graschdanskaja Oborona rassistisch über Menschen aus dem Kaukasus geäußert zu haben, nachdem er den Auftritt der Band gegenüber Kritikern verteidigt hatte. Außerdem verteidigte er den rechtsradikalen NBP-Führer Eduard Limonow als Opfer der russischen Justiz, ohne dessen faschistische Gesinnung zu erwähnen.[14][15]

Bibliografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diskografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Film[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Wladimir Kaminer â€“ Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. ↑ SZ-Online: Deutschland ist mein Lieblingsland. 12. Juni 2018, abgerufen am 21. Mai 2023.
  2. ↑ Christian Schröder: "Russendisko"-Verfilmung: Das Ivan-Rebroff-Syndrom. In: Der Tagesspiegel. 28. März 2012 (tagesspiegel.de [abgerufen am 11. Juni 2022]).
  3. ↑ deutschlandfunkkultur.de: Schriftsteller Wladimir Kaminer - "Ich bin sicher, dass Russland zurück aus dem Wald kommt". Abgerufen am 21. Mai 2023.
  4. ↑ Fernsehdokumentation Der Kremlflieger, ARD, 22. Mai 2012 23:30 Uhr
  5. ↑ Humor hilft - immer! Abgerufen am 21. Mai 2023.
  6. ↑ Wladimir Kaminer im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  7. ↑ Kulturfalter: Autor und DJ Wladimir Kaminer im Interview : Kulturfalter Halle. Abgerufen am 21. Mai 2023.
  8. ↑ Mehr dazu auch in: Verfehltes Paris In: Die Reise nach Trulala. Goldmann, München 2002, ISBN 3-442-54542-0.
  9. ↑ Kaminer macht die Heimat dicht. 26. April 2007, abgerufen am 21. Mai 2023.
  10. ↑ Berlin: Kaminer will Wowereit beerben. In: Der Spiegel. 23. Oktober 2006 (spiegel.de [abgerufen am 21. Mai 2023]).
  11. ↑ Kaminers Kino | epd Film. Abgerufen am 17. Januar 2022.
  12. ↑ Deichkind: Neues Video "Geradeaus" – laut.de – News. Abgerufen am 21. Mai 2023.
  13. ↑ Ullstein Buchverlage: Olga Kaminer. Abgerufen am 9. Dezember 2019.
  14. ↑ Markus Mathyl: Grenzenloses Eurasien. In: Jungle World. 30. Oktober 2002, abgerufen am 2. März 2024.
  15. ↑ Alexander Höllwerth: Das sakrale eurasische Imperium des Aleksandr Dugin. ibidem-Verlag, Stuttgart 2007, S. 191.
  16. ↑ Kitty Kahane / Wladimir Kaminer: Das Leben ist kein Joghurt. Eine Geschichte von Adam und Eva (Ab 5 Jahre) - Perlentaucher. Abgerufen am 21. Mai 2023.
  17. ↑ Russendisko. Abgerufen am 17. Januar 2022.