Engelbert Broda

Geboren am: 29. August 1910

Gestorben am: 26. Oktober 1983

Engelbert Broda, Jahrgang 1910 aus Wien, hat in Berlin und Wien physikalische Chemie studiert. 1938 emigrierte er nach England und arbeitete seit 1941 in Cambridge auf dem Felde der Atomenergie. Er wirkte in England auch an der „Freien Österreichischen Bewegung“ mit. 1947 Rückkehr nach Wien. Professor für physikalische Chemie an der Wiener Universität. Arbeitsgebiete: Radiochemie, Bioenergetik, Sonnenenergie, Evolution, Wissenschaftsgeschichte (Bücher über Boltzmann und Einstein). Als Friedensfreund ist er führend in der österreichischen Pugwash-Gruppe, einer Abrüstungsbewegung von Wissenschaftern, tätig.

Beiträge von Engelbert Broda
FORVM, No. 333/334

Kernwaffenkrieg

Führer durch das Rüstungslabyrinth
September
1981

Das Gleichgewicht des Schreckens verblaßt angesichts neuer technischer Entwicklungen und militärischer Strategien. Mehrfachsprengköpfe der Raketen, ihre Lenkbarkeit, neue Waffen wie Cruise Missiles verführen die Militärs und Politiker zu einer neuen Doktrin: daß nämlich der den Gegner lähmende atomare (...)

Beiträge zu Engelbert Broda
FORVM, No. 358/359

Engelbert Broda

29. 8. 1910 Wien 26. 10. 1983
November
1983

Seine internationale Statur und Bedeutung wissen die Kenner. Das Land weiß von diesem Reichtum fast immer erst, wenn es den Verlust beklagt, solcher wie er. 1938 emigrierte er nach England und arbeitete seit 1941 in Cambridge auf dem Felde der Atomenergie. Er wirkte in England auch an der (...)

Engelbert Broda (* 29. August 1910 in Wien, Österreich-Ungarn; † 26. Oktober 1983 in Hainburg an der Donau) war ein österreichischer Chemiker, der sich besonders mit physikalischer Chemie befasste.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grab von Engelbert Brodas Großvater Engelbert Broda (1844–1905) auf dem Wiener Zentralfriedhof

Engelbert Broda wurde 1910 als erster Sohn von Viola und Ernst Broda, einem Wiener Rechtsanwalt, geboren. Er wuchs gemeinsam mit seinem Bruder Christian, später Justizminister Österreichs, in einem sozialdemokratischen und liberalen Umfeld auf.

Prägenden Einfluss auf ihn hatten sein Onkel Georg Wilhelm Pabst, später ein bekannter Filmregisseur, und Egon Schönhof, der aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft als überzeugter Kommunist zurückgekehrt war. Während seiner Studentenzeit schloss er sich im Widerstand gegen den Austrofaschismus den Kommunisten an. Es folgte eine Reihe von Inhaftierungen aufgrund seiner politischen Tätigkeit.

Nach dem Anschluss Österreichs floh Broda 1938 ins Vereinigte Königreich.

Wissenschaftliche Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Engelbert Broda promovierte 1934 an der Universität Wien zum Dr. phil. (Dissertation: Über den Röntgenzerfall von Ammonpersulfatlösungen. 2 Studien zum viskosimetrischen und osmotischen Verhalten der Hochpolymeren in Lösung[1]) Ab 1940 beschäftigte er sich im Medical Research Council am University College London mit der Umsetzung von Licht in chemische Energie. Ab 1941 arbeitete er im Cavendish-Laboratorium über Radioaktivität und Kernspaltung. In dieser Zeit begann er sich auch intensiv mit dem Werk von Ludwig Boltzmann auseinanderzusetzen.

Im Jahr 1947 kehrte er an die Universität Wien zurück. Dort war er von 1955 bis 1980 Professor für Physikalische Chemie. 1975 erschien sein wissenschaftliches Hauptwerk über die „Evolution bioenergetischer Prozesse“.

Von 1970 bis 1972 war er Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für reine und angewandte Biophysik (später Österreichische Biophysikalische Gesellschaft, ÖBG).[2]

Spionagevorwurf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2009 wurde ein Buch mit dem Titel Spies, the Rise and Fall of the KGB in America[3] veröffentlicht, das Engelbert Broda Spionage gegen die USA und Großbritannien und für die UdSSR vorwirft. Co-Autor ist der ehemalige KGB-Mitarbeiter Alexander Vassiliev, der seinerzeit beauftragt wurde, eine Geschichte des sowjetischen Geheimdienstes zu schreiben. Er bekam dafür Zugang zu bis dato nicht publizierten Dokumenten, die er später in den Westen schmuggelte und dort veröffentlichte.

Laut KGB-Unterlagen, die im August 1943 entstanden, war Engelbert Broda (Deckname „Eric“) die Hauptinformationsquelle der Sowjetunion über amerikanische und britische Atombombenforschung.[4]

In einem Bericht des britischen Geheimdienstes MI5 wurde der Verdacht geäußert, dass Engelbert Broda ein Spion war, dass aber der MI5 seinerzeit über keine Beweise gegen Broda verfügte.[5]

Politische Initiativen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Broda schloss sich der Pugwash-Bewegung an, in der sich Wissenschaftler für Rüstungskontrolle und Abrüstung einsetzen. Die Erforschung der Nutzungsmöglichkeiten der Sonnenenergie wurde von ihm immer wieder propagiert. Ein weiteres Anliegen war ihm der Naturschutz. So setzte er Initiativen, um den Bau des Kraftwerks Dürnstein in der Wachau zu verhindern. Dafür erhielt er 1979 den Österreichischen Naturschutzpreis.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er ruht in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33 G, Nummer 70).

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ludwig Boltzmann. Mensch, Physiker, Philosoph, 1955
  • Atomkraft – Furcht und Hoffnung, 1956
  • The Evolution of the Bioenergetic Processes, 1975[6]
  • Wissenschaft, Verantwortung, Frieden, 1985

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Broda, Engelbert, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,1. München : Saur, 1983 ISBN 3-598-10089-2, S. 157
  • John Earl Haynes, Harvey Klehr, Alexander Vassiliev: Spies, the Rise and Fall of the KGB in America, ISBN 978-0-300-12390-6.
  • Charmian Brinson, Richard Dove: A Matter of Intelligence: MI5 and the Surveillance of Anti-Nazi Refugees 1933–1950. Manchester University Press, 2014
  • Gerhard Oberkofler und Peter Goller (Innsbruck): Engelbert Broda. Konturen aus seinem Leben (mit Dokumentenanhang und Faksimiles). In: Engelbert Broda (1910–1983). Wissenschaft und Gesellschaft hg. von der Zentralbibliothek für Physik in Wien. Wien 1993, S. 7- S. 76.
  • Paul Broda: Scientist Spies. A memoir of my three parents and the Atom Bomb. Leicester 2011.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Broda Engelbert: Über den Röntgenzerfall von Ammonpersulfatlösungen. 2 Studien zum viskosimetrischen und osmotischen Verhalten der Hochpolymeren in Lösung. Abgerufen am 8. April 2023 (Katalogzettel Universitätsbibliothek Wien).
  2. Martin Hohenegger: 50 Years of Biophysics Austria. In: Biophysics News. Nr. 2, 2011, S. 1 (biophysics-austria.at [PDF; abgerufen am 4. Juli 2014] englisch, Newsletter der Österreichischen Biophysikalischen Gesellschaft). 50 Years of Biophysics Austria (Memento vom 24. Juli 2014 im Internet Archive)
  3. John Earl Haynes, Harvey Klehr and Alexander Vassiliew: Spies, the Rise and Fall of the KGB in America. Yale University Press, New Haven and London 2009, ISBN 978-0-300-12390-6
  4. Leonard Doyle: New spy book names Engelbert Broda as KGB atomic spy in Britain In: The Telegraph, 10. Mai 2009. Abgerufen am 18. Juli 2012 (englisch). 
  5. Engelbert Broda. mi5.gov.uk, archiviert vom Original am 16. Juli 2012; abgerufen am 18. Juli 2012 (englisch).
  6. Broda E(ngelbert), The Evolution of the Bioenergetic Processes. (gif) Abgerufen am 8. April 2023 (Katalogzettel Universitätsbibliothek Wien).