radiX, Aussendungen
April
2002
Clubkultur in Ö

Big Brother Is Watching You In The FLEX

Als das Chelsea, ein Klub der vor seinem Umzug in die trendigen U-Bahnstützen weithin als „links“ verschrien war, und dies durch allerhand subkulturelles Musikangebot bestätigte, vor einiger Zeit Türsteher anstellte, um „arabische Diebesbanden“ vom Lokalbesuch abzuhalten, war dies sogar dem Bank-Austria-Stadtblatt Falter einen verwunderten Artikel wert. Doch die Aufregung legte sich schnell. Der mittels Türsteher institutionalisierte Rassismus wurde von den Gästen begrüßt, die nun gut geschützt vor „arabischen Diebesbanden“ wie gewohnt ihren Alkohol im Stammbeisl einnehmen.

Ein anderer, ehemals von einem linken Kollektiv betriebener Club, das Flex, ist da schon einige Schritte weiter. Die Kronenzeitung des Wiener Nachtlebens hat die Türsteher schon vor Jahren eingeführt, und kurz darauf auch gleich eine umfassende Videoüberwachung des öffentlichen Raumes vor dem Lokal umgesetzt. Die Erklärung klang damals ähnlich dem Chelsea: Von bewaffneten, ausländischen Drogendealerbanden, die das Flexpersonal attackierten, war da die Rede, im Einklang mit den Freiheitlichen. Die Kameras wären also nur zum Schutz der Gäste und des Personals, Aufnahmen würden angeblich täglich gelöscht, und es gäbe keine Weitergabe an die Polizei. Dass das Flex die Staatsmacht gar nicht braucht um seine Interessen durchzusetzen, beweist es mit seinem neuen Programmheft: Dort ist unter dem an Kopfgeldjäger und Lynchmorde erinnernden Titel „Wanted“ ein Foto eines mutmaßlichen Diebes abgebildet, das aus den hauseigenen Überwachungsapparaturen stammt. Das Flex präsentiert sich damit als Tabubrecher Richtung demokratischen Faschismus: Die Aufhebung der Unschuldsvermutung, die soziale Stigmatisierung, die hier von Privatunternehmen als Druckmittel verwendet wird, die Aushebelung rechtsstaatlicher Prinzipien und der öffentliche Aufruf zum Denunziantentum lassen für die Zukunft nix gutes erwarten.

Die „Krone“ veröffentlicht ja seit einiger Zeit schon dubiose Denunziationsapelle; wenn jetzt jeder Wirt seine Zechprellerinnen zur Fahndung auf die Speisekarte druckt, jede Supermarktkette ihre Werbezettel mit den Fotos erwischter Ladendiebe garniert, und die ganze Stadt am Weg zur 3. Republik mit Überwachungskameras und Privatbullen zugeschissen ist, dann kann der Alternativklub Flex mit Fug und Recht behaupten: „Wir waren dabei!“ Und zwar von Anfang an.

Keine Aussagen gegenüber Bullen und FlexbetreiberInnen! Keinen Cent für die Bürgerwehr-Location! Denn Freiheit stirbt mit Sicherheit im Flex.
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Eingang des Flex

Das Flex in Wien ist ein im 1. Bezirk zwischen der U-Bahn-Station Schottenring und der Augartenbrücke gelegener Musikclub und in dieser Funktion Schauplatz von Auftritten lokaler und internationaler Musikgruppen und DJs.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Ende 2007 fertiggestellte Flex-Cafe
Das Flex bei Tag

Zu Silvester 1989/90[1] wurde das Flex, betrieben von einer Gruppe von Leuten aus der Szene rund um das besetzte Haus in der Aegidigasse,[2] in der Arndtstraße im 12. Wiener Gemeindebezirk eröffnet. Zunächst als ein Mix aus Undergroundclub, Punktreff und Kulturzentrum,[3] mit einem Schwerpunkt auf Konzerten von Hardcorepunkbands. Später übersiedelte der Club innerhalb von eineinhalb Jahren in einen stillgelegten U-Bahn-Tunnelabschnitt der Linie U4 am Donaukanal. Die Errichtung des neuen Clubs kostete rund 11 Mio. Schilling (rund 800.000 Euro), wovon die Stadt Wien eine einmalige Startsubvention von 3 Mio. Schilling (rund 220.000 Euro) beisteuerte. Das neue Lokal wurde am 1. Oktober 1995 eröffnet. Zusätzlich verfügt das „Flex“ seit 2007 über einen Vorbau neben dem Clubeingang („Flex Café“). Jährlich zählt der Club um die 100.000 Besucher.

Programm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Londoner Band Toy im Flex (Waves Vienna 2012)
Talking to Turtles im Flex Café (Waves Vienna 2012)

Neben den verschiedenen fixen Programmschienen finden an den restlichen Tagen meist Konzerte der verschiedensten Musikrichtungen statt. Neben lokalen Bands und Newcomern treten regelmäßig international bekannte, aktuelle Bands wie Stereo MCs, Juliette and the Licks, Funeral for a Friend, Pete Doherty oder Arcade Fire, österreichische Künstler wie Attwenger oder Louie Austen und DJs wie Jeff Mills, Ellen Allien, Sven Väth oder DJ DSL auf. Seit 2011 ist das Flex einer der Clubs, in denen Konzerte des Festivals Waves Vienna stattfinden.

Dub Club
Seit der Neueröffnung 1995 gibt es hier jeden Montag Dub- und Jungle-Musik. Im Oktober 2007 wurde der Dub Club vom neuen „Drop Shop“ abgelöst. Hier wird ein besonderes Augenmerk auf Electro, Nu-Skool Breaks und Dubstep gelegt.
Crazy
Jeden Dienstag liefert diese Electronic Tuesday genannte Programmschiene vorwiegend Minimal Techno. DJs sind u. a. Electric Indigo.
London Calling
Jeden Freitag steht Indie auf dem Programm. Resident DJs sind DJ Likely Lady, Nils & Erv und Manshee.
Beat It
Ein Drum-and-Bass-Abend jeden Donnerstag. Die Veranstalter sind D.Kay und Raw.Full (a.k.a. Ill.Skillz)
Wicked
meist jeden 4.Samstag. Ein monatlicher ragga-jungle-tek-Abend mit abwechselnd Raggajungle und Raggatek. Veranstalter sind Wickedsquad (Spaceant & Mariposa).
The Hive
jeden 2ten Samstag im Monat, wo das Augenmerk auf Neurofunk liegt

Kontroverse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Laufe der Jahre kam der Club immer wieder in die Schlagzeilen, oft wird er dabei als der Drogentreffpunkt schlechthin dargestellt[4][5][6]. Auch rassistische Türpolitik wurde dem Flex bereits vorgeworfen[7][8]. Außerdem wurde dem Club bis Juli 2011 die Verschiebung der Sperrstunde von 4 auf 6 Uhr verweigert. Als Grund dafür wurde seitens der Polizei die Kriminalitätsproblematik, besonders im Zusammenhang mit Drogen, rund um das Flex angeführt[9][10][11]. Im Juli 2011 jedoch wurde die Sperrstunde – nach jahrelanger Diskussion – schlussendlich auf 6 Uhr verlängert, wie in den meisten anderen Clubs Wiens.[12] Für Aufregung sorgte 2005 die Entscheidung, die Mitnahme von Getränken vor das Flex durch Wachmänner zu unterbinden[13], da zu diesem Zeitpunkt der Weg entlang des Donaukanals hinter dem Flex aufgrund von U-Bahn-Bauarbeiten gesperrt war. Auch die Einverleibung öffentlichen Grundes an der von Fußgängern und Fahrradfahrern stark frequentierten Donaukanal-Promenade, die durch die Errichtung eines 3 m hohen Zaunes auf 4 m Breite eingeengt wurde, sorgt für Kontroversen.[14]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Flex – Wien – Innere StadtSzene1.at
  2. Archivlink (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive)
  3. Falter 39/05 – Sound und Soda
  4. "Flex"-Chef will trotz "Drogen-Naschmarkt" länger aufsperren (Memento vom 9. Dezember 2008 im Internet Archive)
  5. Debatte um Drogen im "Flex" entbrannt. In: oesterreich.orf.at. 7. Dezember 2008, abgerufen am 23. November 2017.
  6. Szenelokal im Visier - Stenzel sieht "Flex" als Drogen-"Anziehungspunkt". In: krone.at. 3. Dezember 2008, abgerufen am 29. Februar 2024.
  7. Rassismus-Vorwürfe gegen Flex. In: oesterreich.orf.at. 30. März 2006, abgerufen am 1. Dezember 2017.
  8. http://no-racism.net/article/1614/
  9. Sperrstundenstreit beim Wiener "Flex" (Memento vom 30. März 2009 im Internet Archive)
  10. http://www.vienna.at/news/wien/artikel/flex-spaetere-sperrstunde-wuerde-kriminalitaet-verlaengern/cn/news-20081203-03190771
  11. https://www.news.at/articles/0849/45/227743/drogenproblem-sperrstunden-debatte-ursula-stenzel-kultlokal-flex
  12. http://fm4.orf.at/stories/1684143
  13. http://fm4v2.orf.at/burstup/200253/main
  14. Matthias Winterer: Das Flex macht sich breit Artikel in der "Wiener Zeitung" vom 1. Oktober 2016.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rosemarie Rauscher: Politik im Underground. Zur Problematik von Musikveranstaltungslokalen der Subkultur in Wien am Beispiel Arena und Flex. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1998.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Flex – Sammlung von Bildern

Koordinaten: 48° 13′ 4,8″ N, 16° 22′ 13,7″ O