Börsenjammer in London
Die Londoner Futures- und Optionenbörse International Financial Futures and Option Exchange (Liffe) ist derzeit noch die zweitgrößte der Welt. Die Konkurrenz durch die kontinentaleuropäischen Börsen, vor allem durch die Deutsche Terminbörse (DTB), und die elektronischen Handelssysteme haben aber eine Vertrauenskrise und große Ängste ausgelöst. Zum Teil werden ganz bewußt interne Probleme hochgespielt, um davon abzulenken, daß ein großer Teil des Umsatzes aus europäischen Währungsspekulationen besteht. Diese zahlreichen Futures- und Optionenkontrakte werden mit Einführung des Euro hinfällig, die Frankfurter Börse dagegen wird wichtiger werden, da die Europäische Zentralbank auch in Frankfurt ihren Sitz hat. Die Betreiber von Liffe haben im Glauben daran, daß der Euro verhindert und ohne Großbritannien sowieso nicht funktionieren werde, Reformen für den Euromarkt verabsäumt. Die DTB bietet hingegen einen billigeren elektronischen Handel gegenüber der britischen Präsenzbörse an, einige der 47 britischen Marktteilnehmer sind zum Teil schon auf das deutsche System umgestiegen. Dazu kommt das Bündnis zwischen DTB, der Schweizer Soffex, der französischen Derivatenbörse Matif und der österreichischen ATB. Den Kampf um die besonders begehrten, weil liquiden deutschen Bund-Future hat vorläufig bereits die DTB für sich entschieden. Hinzu kommt eine zunehmende Akzeptanz der europäischen Terminbörsen, die deutschen Bundesanleihen als sogenante Benchmark-Bonds für den Euro anzusehen. Die Liffe wiederum setzt derzeit auf ein eigenes, zu entwickelndes elektronisches Handelssystem für Aktienoptionen und will dieses über Reuters und Datastream vertreiben. Der derzeitige Preiskampf treibt die Kosten für die beiden Kontrahenten hoch und die Gebühren herunter.
London und Zürich als große Finanzdienstleistungszentren lassen im Gegensatz zu ihren Industrieverbänden kein gutes Haar am Euro und verkünden seit Jahren dessen Undurchführbarkeit, wie ihren medialen Sprachrohren zu entnehmen ist. Sie haben ja auch in der innereuropäischen Kapitalkonkurrenz am meisten dabei zu verlieren. Inzwischen sind sowohl die Financial Times als auch die Neue Zürcher Zeitung von einer strikten Ablehnung zu einer skeptischen Hinnahme der bevorstehenden Konvergenz übergegangen. Dazu hat auch das zunehmende Gewicht der Euro-Anleihen am internationalen Kapitalmarkt beigetragen. Diese profitierten sehr stark von der Krise in Südostasien.
