Brief aus dem Untergrund
Jetzt bin ich schon die dritte Woche im „Untergrund“. Das ist ein neuer Ort für mich. Ich habe nie versucht, mir vorzustellen, wie das sein wird. Darum ist es auch ein ganz normaler Ort und nichts Besonderes. (...)
Ich spüre ein starkes Bedürfnis, alles zu sagen, was ich mir zum Bundesheer und zur Neutralität und zum Frieden denke. Paradoxerweise habe ich nur durch den Bruch eines Gesetzes die Möglichkeit erhalten, mich öffentlich zu Themen zu äußern, die sonst nur in der Sphäre der Militärpolitiker verhandelt bzw. von diesen verschwiegen werden. In Wirklichkeit befinden sich diese selbst in einer schwierigen Situation. Sie müssen ein sicherheitspolitisches Konzept umsetzen, das in wesentlichen Bereichen undemokratisch ist. Das versuchen sie damit zu erreichen, daß sie zuallererst ein „Sicherheitsbedürfnis“ schaffen, das sie dann mit den alten, umgewidmeten Schlagworten von „Solidarität“ und „Schutz“ und „Hilfe“ füllen. Das Problem dabei ist, daß sie nicht auf breite Unterstützung zählen können. Dazu kommt, daß ihnen die verfassungsmäßige Neutralität auf ihrem Weg immer mehr zum Hindernis wird. Sie lassen sich aber davon nicht aufhalten. Eine staatlich abgesicherte Sicherheitspolitik kann durchaus ohne Konsequenzen Gesetze brechen. Als einzelner wird man dafür kriminalisiert.
Die einfache Frage, die ich mit meiner Verweigerung stelle, ist die nach dem Sinn einer militärischen Sicherheitspolitik. Ich finde diesen Sinn nicht, mir erscheint eine Friedenspolitik ohne Waffen hundertmal sinnvoller. Wenn ich mir vorstelle, einen der neuen „Leopard“ oder sonstwelche Panzer bedienen zu müssen, um meine staatsbürgerlichen Pflichten zu erfüllen, dann gewinnt meine Position immer mehr an Sinn. Ich habe keine Qualifikation zum Töten und bin auch nicht bereit, eine solche zu lernen. Ich bin aber bereit, meine vorhandenen Qualifikationen für sinnvolle Tätigkeiten einzusetzen. (...)
An meinem Fall haben sehr viele Leute Anteil genommen. Viele unterstützten mich durch ihre Unterschrift, viele haben direkt beim Ministerium meine Entlassung angeregt. Sie beweisen durch ihre Haltung Mut und sie beweisen, daß es ein öffentliches Interesse daran gibt, das Bundesheer in Frage zu stellen. (...) Ich hoffe, daß noch viele diesem Beispiel folgen werden und in ziviler Weise „ungehorsam“ sein werden und für ihre Rechte eintreten.
