FŒHN, Heft 21
 
1995

Den Mächtigen ein Widerständchen bringen

Um die Zustände, so wie sie sind, zu rechtfertigen, ist dieser — genau dieser — Antifaschismus bitter nötig. Nicht vom faulen Kern darf die Rede sein, sondern von einem gefährlichen rechten Rand. Damit ist das Problem schon einmal sprachlich ausgelagert und das System selber von jedem möglichen Systemfehler losgesprochen. Das DÖW mit seinen „Rechtsextremismus“-Wälzern marschiert vornean und hundert beflissene Wissenschafter hinterher. Wo ist die wissenschaftliche Zerlegung Haiders, die ohne Glorifizierung der vom Kapitalismus auf den Kopf gestellten Demokratie auskommt? Die Wissenschafterin Maria Wölflingseder klagt, daß bei vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen, die noch und noch über Haider und sog. Rechtsextremismus publizieren, die Bedingungen des „von ihnen wahrgenommenen Rechtsextremismus“ selber nicht zur Sprache kommen. Das einzige, was diese „Damen und Herren WissenschafterInnen“ leisten, schreibt sie, „ist das Einstimmen in den Chor des ‚braven Staatsantifaschismus‘ der Regierungsparteien“ (Volksstimme).

Wölflingseder zählt Leute auf „wie zum Beispiel Eva Kreisky, Helene Maimann, Brigitte Bailer-Galanda, Erika Weinzierl, Fridrun Huemer, Ruth Wodak, Anton Pelinka, Gustav Spann’; man könnte die Liste fortsetzen mit Namen wie Gerhard Botz, Gerhard Jagschitz, Franz Januschek, Rainer Münz, Wolfgang Neugebauer, Fritz Plasser undundund. Diese diplomierten Lakaien lösen das Problem nicht, ja, sie tun das Möglichste, daß es nicht gelöst wird. In ihrem warmen Nest sind sie vor allem um die konstante Wärme ihres Nestes besorgt. Ihre Arbeit ist nicht zuviel bedankt, wenn das Unterrichtsministerium einen solchen Anti-Haider-Film fördert („Die Wahlkämpfer“), das Renner-Institut der SPÖ eine solche wissenschaftliche Studie über Jörg Haider sponsert („Jörg Haider und sein Publikum“) und Stadt und Land und Bund ihre Geldhäfen über ein solches Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes ausschütten.

Diese Art von Forschung will der Diktatur der großen Konzerne nichts anhaben. Hier geht’s um die Abrichtung der Untertanen, damit sie die Welt so anschauen, wie sie die Herrschenden angeschaut haben -wollen. Hier bewegt sich alles im Kreis. Wir sagen den Leuten, was rechtsextrem ist und fragen sie dann, ob das rechtsextrem ist, was wir gesagt haben, daß rechtsextrem ist; und wenn sie sagen, das ist rechtsextrem, dann ist das dann rechtsextrem. Franz Januschek, der seit vielen Jahren Haiders Sprache erforscht und darüber publiziert, ist einer, der mit Testpersonen solche Spiele spielt. Wenn er ihnen einen (verdeckten) Haider Rede-Text vorlegt und fragt, ob dieser als rechtsextrem eingestuft wird, so kann er sicher sein, daß sie das aufgrund der Abrichtung durch Schule, Medien, Propaganda tun. Diesen Text enttarnen die Studenten blind als ‚gefährlich‘, Vranitzkys Text, Vranitzkys Politik nicht!

Diese Sorte Antifaschisten schaden mehr als sie nützen, d.h. sie nützen Haider mehr als sie ihm schaden. Statt die kommenden Zustände zu verhindern, indem man diesen den heutigen Boden entzieht, hegen und pflegen sie diesen Boden, auf daß ja nur das daraus erwachsen kann, was daraus nur erwachsen kann. Schon wird der österreichische Widerstand gegen den nationalsozialistischen Terror auch vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes DÖW) in den Schmutz gezerrt. Jener Minister, der den Kriegsschwerverbrecher Walter Reder mit Handschlag begrüßt hat, heißt dort heute, wohl weil er jetzt auf der scheinbar richtigen Seite steht oder lehnt, „der liberale Denker Friedhelm Frischenschlager“ (S. 404). Wie sehr das DÖW zu einer Rechtfertigungsmaschine dieses Systems im allgemeinen herabgesunken und zu einer Agentur der Sozialdemokratie im besonderen verkommen ist, macht ein letztes Beispiel augenfällig: Die jüngste Auflage des „Handbuches des österreichischen Rechtsextremismus“ (1994) widmet allein Haider und der FPÖ 140 Seiten. Auf 140 Seiten schaffen es die obersten DÖW-Historiker B. Bailer-Galanda und W. Neugebauer nicht einmal, jene Wortmeldung vom 13.6.1991 seriös wiederzugeben, derentwegen Haider als Landeshauptmann von Kärnten abgesetzt wurde. Das DÖW zitiert seine „Äußerung“, „die er am 13. Juni 1991 an die sozialistische Fraktion im Kärntner Landtag adressierte: „Im Dritten Reich haben sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht, was nicht einmal ihre Regierung in Wien zusammenbringt.“’ War da nicht noch was? Geht das nicht irgendwie weiter? Oja, es geht. Aber es erscheint der hohen Wissenschaft nicht opportunistisch genug, der Wahrheit die Ehre zu geben. Die wollen sie ungeschmälert der Regierung vorbehalten. Auch H.H.-Scharsach in seinem blöden Anti-Haider-Bestseller (Haiders Kampf) und der Falter in seiner 1000-Haider-Sprüche-Sammlung und Franz Januschek in seinem Essay über Haiders Sprache und viele andere wollen nichts vom ganzen Zitat wissen. Das, was historisch richtig daran ist, schnipseln sie weg. „Offensichtlich waren die Leute damals so gut ausgestattet, daß die höhergradigen Hitlerjungen noch nach 40 Jahren Ihre Partei angeführt haben.“ (Kurier, 14.6.91) Gemünzt war das auf den langjährigen Kärntner Landeshauptmann L. Wagner (SPÖ), der sich seiner Vergangenheit als Hitler-Pimpf nicht genug rühmen konnte.

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