FŒHN, Heft 13+14
Mai
1990

Der Ausverkauf Tirols

EG heißt freier Grundverkehr, was immer man euch auch erzählen mag!

In Tirol sind nur vierzehn Prozent der Landesfläche besiedelbar. Das ist ein Satz. Aber man kann wirklich nur auf einem Siebtel der Grundfläche hausen.

Vorausgesetzt auf diesem Siebtel steht auch keine Autobahn und keine Zufahrt und keine Abfahrt und keine 380-Kilovolt-Leitung und keine Lifttrasse.

Wie Auslandskapital in den vergangenen Jahrzehnten ins Land gebettelt worden ist, darüber steht etwas im letzten FOEHN. (Allein die fällige Fort­setzung der dort begonnenen Auflistung würde mehrere Seiten füllen.) Hier ist es uns zu tun um den Verkauf von Grundstücken, der immer Hand in Hand geht mit dem wirtschaftlichen Ausverkauf. Der Selbständigkeit unseres Landes wird immer mehr der Boden entzogen.

Der ins Land gelotste deutsche Millionen-Konzern Liebherr zahlte für das riesige Fabriksareal in Telfs 50 Schilling pro Quadratmeter. Die Differenz zu den ortsüblichen Grundstückspreisen in der Höhe von 7,5 Millionen S übernahm das Land Tirol auf Antrag des sozialistischen Landtagsabgeord­neten Alfons Kaufmann (NTZ, 17.1.76). Du und ich, ihr und wir haben das bezahlt, damit er jetzt einem Geldsack in der BRD gehört. Nur ein Beispiel. Ob AL-KO Kober im Zillertal oder Euroclima in Sillian, Elektra Bregenz in Schwaz oder Schwarzkopf in Kematen, EGO in Heinfels oder Milford in Hall, mit jeder hochsubventionierten Betriebsansiedlung gehen Tausende Quadratmeter Grund in ausländischen Besitz über. Ohne kleinstes Pro­blem, wie der Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Öster­reich, Schäfer, sagt: „Wir haben oft Anfragen von Tochtergesellschaften deutscher Firmen in Österreich, die sich vergrößern wollen oder einen an­deren Standplatz suchen. Es kommen aber auch Geschäftsleute aus der Bundesrepublik zu uns, die eine Servicestelle errichten, gewerbliche Are­ale anmieten oder erwerben wollen. Diesbezüglich bestehen in keinem österreichischen Bundesland Schwierigkeiten im Genehmigungsverfahren seitens der Grundverkehrskommission. Im Gegenteil: Bei der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen sind die Kommunen sehr entgegenkommend. Es gibt ein großes Angebot an freien Objekten für Fertigungs- und Montage­betriebe. Die Gemeinden bieten oft sehr preisgünstige Grundstücke an und wenn man die vom Staat oder Land zur Verfügung gestellten Förderungen berücksichtigt, sind die Bedingungen sehr vorteilhaft. Auch der gleichzei­tige Erwerb eines Privatgrundstückes in der entsprechenden Region, wo der Betrieb errichtet werden soll, bereitet keine Schwierigkeiten, wenn das Grundstück nicht zu groß dimensioniert ist.“ (Wirtschaftsspiegel der deut­schen Handelskammer in Österreich, 4/86) Diese gewaltigen Ausnahmen beim Grundverkehr sind etwas, wie der Tiroler Handelskammerpräsident stolz sagt, „was wir jetzt schon nicht nur zugestanden, sondern sogar inten­siv gefordert haben, um durch Betriebsansiedlungen zusätzliche Arbeits­plätze zu schaffen“ (Kurier, 2.1.89).

Dabei ist hier noch gar nichts gesagt darüber, wie ausländische Einkaufs­häuser, angefangen von Adler und Bauhaus und nie endend, auf die grüne Wiese geklotzt werden, wo der Grunderwerb aus „volkswirtschaftlichen Gründen“ genehmigt wird, während er doch gerade aus „volkswirtschaft­lichen Gründen“ nicht zu genehmigen wäre. Wenn, ja, wenns um die öster­reichische Volkswirtschaft und ums österreichische Volk ginge!

Ausgerechnet diejenigen, die unser Land die Jahre herauf wirtschaftlich und politisch eins ums andre verschachert haben, die unsere Böden durch ein löchriges Grundverkehrsgesetz hindurch, an diesem vorbei, an geldige Ausländer verkauft haben, genau diese Partl sollen jetzt, da sich die EG auf Österreich wirft, unser Land vor dem Ausverkauf schützen. Eine Bevölke­rung, die solche Helfer hat, braucht Feinde keine.

Wenn man einmal auf das schaut, was trotz Ausländergrundverkehrsgesetz in den letzten Jahren gedreht worden ist, kann man sich überdeutlich vor­stellen, was über ein Tirol ohne Ausländergrundverkehrsgesetz hereinbre­chen wird.

Ganz legal gegen die Gesetze

Es kommt ganz dick: Schon 1966 hat ein Unterinntaler Bürgermeister als Mandatar im Tiroler Landtag über seine Gemeinde gesagt: „Wir haben schon bald eine deutsche Kolonie.“ Und ein anderer Abgeordneter stellte fest, daß „es nicht stimmt, daß der Druck des Ausländergrundverkaufes in Richtung Tirol nachgelassen hat, im Gegenteil, der Druck hat sich von Jahr zu Jahr verstärkt und wird sich weiterhin verstärken.“ Und: „Es gibt Gemeinden, wo fast die Hälfte der Grundbesitzer Ausländer sind.“ (Debatte am 23.5.66)

Trotz dieses Vorsichhinplatschederns des Landtages wurden, um hier ein­mal keine speziellen Fremdenverkehrsorte zu nehmen, z.B. in der Gemein­de Tulfes allein im Jahre 1968 neun Grundstücke an Ausländer verscher­belt. In der Gemeinde Rinn wurden im Jahre 1969 elf Grundstücke an Aus­länder verscherbelt.

1975 waren dann trotz „Verschärfung“ des Ausländergrundverkehrsge­setzes in Tirol bereits „16.000 Hektar in ausländischem Besitz“ (Kurier, 6.4.75). Man muß wissen, daß es in Tiroler Seitentälern Bauern gibt, die zwei, drei Hektar Grund haben. „An die 5.000 Ausländer“, schrieb der Ku­rier damals weiter, „— zu 85 Prozent Deutsche — besitzen in Tirol ein Grundstück, ein Haus oder eine Eigentumswohnung; rund 1.000 Appartments sind in ausländischer Hand.“ Schon vor 1975 gehörten 37,4 Prozent der Ferien- und Wochenendhäuser in Tirol Ausländern. Nicht solchen, die hier arbeiten freilich, die haben irgendwo zu sechst oder zu acht ein feuchtes Loch, sondern Geldsäcken, die mit ihren Säcken nicht wissen wohin. Die Tiroler Handelskammer, auf dem Papier der Vertretung von einheimischen Interessen verpflichtet, hat seinerzeit sogar die Geneh­migungspflicht für Grundverkäufe an Ausländer massiv bekämpft. Sie meinte, „daß deutsche Gäste verärgert sein könnten, wenn man ihnen verwehrt, in Tirol Wurzeln zu schlagen, und daß sie deshalb vielleicht den betreffenden Ort meiden“ (TT, 11.3.69).

Jetzt haben wir den Salat. Tausende Ausländer machen in ihren eigenen Häusern oder Appartments in Tirol Urlaub. Allein „im Zeitraum zwischen 1975 und 1980 nahm die Zahl der Grundeigentümer aus Holland in Tirol um 800 zu“ (Presse, 7.7.81).

1978 waren z.B. in Seefeld ganz offiziell schon 52,5 Prozent der Grundbe­sitzer Ausländer. Trotz immer wieder verschärften Gesetzen. Allein 1978 und 1979 wurden in Seefeld „50 bis 60 Appartments an Holländer ver­kauft“ (LAbg. Kranewitter im Tiroler Landtag, 20.5.80) 1983 schrieb der Seefelder Hotelier Wilberger, „daß der Grund und Boden in Seefeld heute zu sechzig Prozent in deutschen Händen ist“ (TT, 23.7.83). So verschärft wurden die Gesetze! „Daß gerade die schönen Hotels zum Teil ihre Stammgäste verloren haben“, schrieb Wilberger damals, „daran ist der Er­werb von Zweitwohnungen, vor allem durch Bundesdeutsche, schuld.“ Dieser aufgebrachte Herr Wilberger hat ein knappes Jahr später sein Schloßhotel in Seefeld inklusive 12.000 qm Park an einen Ausländer ver­kauft.

In Tirol gibt es eine schlimme Wohnungsnot. Eine schlimme Wohnungs­not, das sagt sich so. Es heißt, daß Menschen, die hier arbeiten, nicht wie Menschen leben können. Nicht in Rumänien, hier, bei uns! Den exi­stentiellen Bedürfnissen Tausender Wohnungssuchender stehen die Lu­xusbedürfnisse jener entgegen, die sich hier Zweit- und Drittwohnsitze schaffen.

In Steinberg am Rofan waren bereits vor zehn Jahren 43 Prozent der Haus­besitzer Ausländer. Berwang, Jungholz und Nesselwängle weisen eine Überfremdung von bis zu fünfzig Prozent auf. Von den rund 540 Grundbesitzern in Leutasch waren bereits 1975 etwa 140 Ausländer. In Seefeld waren damals 400 Ferienwohnungen und schon über 70 Häuser in der Hand von Ausländern. In Kirchberg waren bereits Ende der Siebziger Jahre über fünfzig Holländer ansässig (Kurier, 16.4.78). In Hopfgarten zählte man bereits vor zehn Jahren 110 ausländische Grundbesitzer. In Kitzbühel haben 746 Ausländer einen Wohnsitz, 400 Grundstücke sind in ausländischer Hand (Gewinn, 6/89). Und nur vierzehn Prozent des Tiroler Bodens sind besiedelbar! Die Österreichische Raumordungskonferenz hat 1987 festgestellt, daß z.B. in den Bezirken Kitzbühel, Kufstein und Schwaz 76,1 Prozent der Zweitwohnsitze in ausländischer Hand waren. (ÖROK-Schriftenreihe, Nr. 54)
Bei den vorgenannten Zahlen handelt es sich durchwegs um offizielle, das heißt, der Erwerb durch Strohmänner, Kaufmiet- und Dauermietverträge, Alm- und Kochhüttenausbauten usw. sind hier noch gar nicht mitgezählt. Allein in Kitzbühel wurden in den letzten Jahren, wie der Bürgermeister sagt, 34 Wohnungen über Strohmänner von Ausländern gekauft (Radio Tirol, 1.290).

Man braucht nur eine heimische Zeitung aufzuschlagen, und man stolpert da und dort über ausländischen Grundbesitz: In Telfs wird ein deutscher Millionär in seinem Haus überfallen (Kurier, 23.5.89), in Seefeld finden in der Riesen-Villa eines Ölscheichs „Sex-Orgien“ mit aus London ein­geflogenen Prostituierten statt (Kurier, 3.4.89), in Kitzbühel, weiß die TT (13.9.84), schmückt ein Hausbesitzer sein Haus mit der bayerischen Fahne, in Reith bei Seefeld droht eine deutsche Hotelkette, ihre dreißig einheimi­schen Angestellten zu entlassen, wenn sie nicht auch die Gemeindejagd bekommt (Kurier, 25.8.89), ein Grundstücksverkauf im Ötztal an einen Belgier gerät nur deswegen auf die Gerichtsseite, weil der Ötztaler Bauer dem Innsbrucker Makler keine Provision zahlen wollte (TT, 8.9.89), und eine Terroristenjagd durch Beamte des deutschen Verfassungsschutzes (!) in Thiersee-Schneeberg bringt nebenbei ans Licht, daß das Gebiet „Domi­zil vieler deutscher Bundesbürger“ ist (Kurier, 16.11.89).

Der Zorn könnte einen auffressen, mit Haut und Haar. Nicht über die, die es geschafft haben, sondern über die, die es möglich gemacht haben.

Oft und oft wird der Verkauf an ausländische Prominenz von oben her di­rekt angeordnet. Beim Verkauf des Seefelder Schloßhotels an den saudi­schen Prinzen hat Minister Salcher mit „staatspolitischen Interessen“ ar­gumentiert. Immer wieder wird „öffentliches Interesse“ vorgegeben, wenn ein Bonze aus der BRD sich hier eine Datscha in den Wald klotzt. So beim ehemaligen bayerischen Innenminister Heck, der hier ein Haus hat. So beim Direktor der Mercedes-Werke, Schreier, dem lt. Kurier vom 17.4.75 Partl den Grundkauf am Weerberg genehmigte, so beim VW-Direktor Horst Münzner, der sich in Ehrwald ein Haus gekauft hat.

Vor wir ins Detail gehen, sei an die beiden schwersten bekanntgewordenen Kriminalfälle im Zusammenhang mit dem Tiroler Grundverkehr in den letzten Jahren erinnert: Buchen und Reith.

  • Das Land Tirol hat dem deutschen Großindustriellen Liebherr dafür, daß es ihm sein Werk in Telfs subventioniert hat (siehe oben), einen Hotelbau in Buchen genehmigen müssen. Das hat Landeshauptmann Wallnöfer einmal gestanden (TT, 21.5.81). Wenn dann auf 7.397 qm rarem Boden ein 125 m langer Riegel hinbetoniert wird, wenn statt der genehmigten 350 Betten schlußendlich 800 auf der grünen Wiese stehen, dann läuft das alles unter „volkswirtschaftliches Interesse“. Wenn man will, ist das Ausländer­grundverkehrsgesetz ein großes Loch mit außen ein bißchen Gesetz drum herum. Und die größten Geldsäcke schlupfen mühelos.
  • In Reith bei Seefeld durfte die dortige Pfarre 6000 qm Grund an die deut­sche Nordgrundges.m.b.H. in Lübeck zur Errichtung eines Sport- und Kur­hotels verkaufen. Die Grundverkehrsbehörde genehmigte den Verkauf, da „die aus dem Verkauf erfließenden Gelder der Restaurierung der Pfarrkir­che Reith bei Seefeld und dem Umbau des Widums zugeführt werden“. Heute steht dort ein aus fünf Häusern bestehender Hotelkomplex der deut­schen Steigenberger AG (350 Betten), an dem 150 Ausländer Fruchtge­nußrechte haben.

Heimatkunde

Wo man hinschaut im Land, haben entgegen den Gesetzen Ausländer den Inländern Siedlungsraum schon weggeschnappt. Da wie dort, in Osttirol wie im Außerfern, im Innsbrucker Raum wie im Kufsteiner Grenzgebiet, stehen Häuser und nocheinmal Häuser dem einheimischen Wohnungsbe­darf im Weg.

Man könnte, auch wenn man die „normalen“ Häuser übergeht, über Seiten hinweg Appartmenthäuser und Hotels auf Tiroler Boden anführen, wo er nicht mehr Tirolern gehört. Vom „Alpenhof“ in St. Jakob im Defreggen (deutsch) bis zum „Alpenkönig“ in Reith (deutsch), vom „Quellhof“ (deutsch) in Leutasch bis zum „Berghof“ in Mutters (jap./holl.), vom „Ex­zelsior“ in Seefeld (holländisch) bis zum „Clubhaus Wildschönau“ (deutsch), vom „Goldried“ in Matrei (schwedisch) bis zum „Fontana“ (ungarisch) in Fieberbrunn, vom Hotel „Happy Stubai“ in Neustift und dem Hotel „Happy Kirchberg“, in denen zu mindestens fünfzig Prozent deutsches Geld steckt, bis zum „Hotel Bär & Tirol“ in Ellmau (deutsch), vom „Interalpen-Hotel“ (deutsch) in Buchen bis zum „Olympia“ (deutsch) in Axams, vom „Schloßhotel“ (saudisch) in Seefeld bis zum „Birkenwald“ (schweizerisch) ebendort, vom „Parkhotel“ (amerik.) in Kitzbühel bis zum „Tirotel“ (deutsch) in der Wildschönau, vom „Goldenen Hirschen“ in Pettneu am Arlberg (deutsch) bis zum „Gasthaus zum Toni“ in Scharnitz (deutsch), von / bis ohne Ende, das heißt, bis wir diesem Spuk im Land­haus ein Ende setzen.

Um dies abzuschließen, ein kurzer Blick auf einige Hotelprojekte auslän­discher Kapitalgruppen, die derzeit in Rede oder schon in Bau stehen: In Brixen im Thale klotzt eine finnische Gesellschaft einen Hotelkomplex von angeblich siebzig Metern Breite hin (Kurier, 6.5.88). In Reith im Alpachtal will der bundesdeutsche Hotelkonzern Steigenberger „eine Luxus­absteige“ (Kurier, 26.5.88) errichten. In Imst ist ein „Jet-Set-Hotel vor Spatenstich“, mit 1.070 qm bebauter Fläche und 12.600 Kubikmetern um­bautem Raum. Dabei steht nach dem zuständigen Stadtrat „ohne Zweifel ein Ausländer — wahrscheinlich ein finanzkräftiger Deutscher — hinter der Sache“ (Rundschau, 3.11.88). In Waidring wollen sieben Amerikaner eine „Fünf-Sterne-Herberge mit 300 Betten“ aufstellen (TT, 20.5.88). In Reith bei Kitzbühel sind „Franzosen und Deutsche“, wie die TT (16.5.88) schreibt, „auf das Kapital Landschaft aus“: Es geht um ein großes „Hotel­bauvorhaben“. In Heinfels in Osttirol will ein Südtiroler ein „Feriendorf mit 180 bis 200 Betten“ hinstellen. In Sillian baut eine ungarische Gruppe ein 220-Betten-Hotel (TT, 27.6.87). Die französische Accor-Gruppe scheiterte 1988 ganz knapp beim Erwerb des Wilden Mannes in Innsbruck, und die Errichtung eines „Vier-Stern-Hotels beim Rapoldipark“ durch die deutsche Penta-Hotel-Kette konnte 1989 — gegen den Willen der Ausverkäufer im Innsbrucker Magistrat — abgewehrt werden.

Aufhören! möchte man schreien. Und meint den, der die Liste führt. Aber damit der aufhören kann, müssen die Zustände aufhören. Falsch. Müssen diese Zustände abgeschafft werden. Falsch. Müssen wir diese Zustände abschaffen!

Von sich aus ist kein Ende. Kapital sucht Verwertung, das ist sein Wesen. Man kann das verdammen, wenn man meint, damit etwas getan zu haben. Was immer man euch auch erzählen mag, es gibt sie, die große Gier nach Grund und Boden in Tirol. Deutsche, vor allem süddeutsche Zeitungen sind immer wieder voll von Immobilien-Angeboten aus Tirol.

Ständig wird Land, der Boden auf dem wir stehen, hergegeben. Man muß einmal einen Gedanken lang bei diesem Gedanken bleiben, damit es im Kopf schnackelt.
Die Berge sind schön. Aber die meiste Zeit lebt man im Tal. Lebt man auf vierzehn Prozent der Gesamtfläche.

Muß man es wirklich extra sagen: Das hier bei uns gehört denen hier bei uns. Allein das, daß wenigen hier viel und vielen hier nichts gehört, gibt Arbeit genug.

LH Wallnöfer schmückt den vom Lande reich beschenkten Herrn Liebherr mit dem „Ehrenzeichen des Landes“ (1985)
Landesrat Bassetti über ausländische Investoren in Tirol: „Ich würde sogar sagen, man sollte den Leuten ab einem gewissen Betrag einen Orden geben.“ (Kurier, 29.5.75)

Die EG gewinnt zunehmend an Boden bei uns

Es gibt gnuag Deitsche, die versuachn, durch irgend a Hintertürl an Bauernhof zu kriagn. I möcht nit als oanziger übrigbleibm, der den Deitschn nochher die Gartenmauern ausmahnt.

Jungbauer Christian Treichl
aus Vill bei einer EG-Diskussion
in Innsbruck, 25.10.88

All das passiert tagaus tagein während wir die schärfsten Grundverkaufsbestimmungen haben. Was aber dann, wenn wir, was die von unsren Gna­den Regierenden anstreben, restlos von der EG verschlungen sein werden, wenn Tirol das Grundverkehrsgesetz, wie der Landwirtschaftsminister Fischler sagt, „ersatzlos streichen“ muß? Der Landeshauptmann, als viele Jahre lang Vorsitzender der Landesgrundverkehrsbehörde mitverantwort­lich für die oben geschilderten Zustände, wird dann eine beinharte „Boden­politik“ machen. Der oberste EG-Einheizer im Land wörtlich: „Die Boden­politik muß auf jeden Fall in der Kompetenz des Landes bleiben!“ (TT, 11.11.88). Und der Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer, die ihre Mitglieder mit deren Geld gegen ihr Interesse in die EG trommelt, sagt, obwohl er es anders weiß, es werde „zu keinem Ausverkauf von Grund und Boden kommen“ (TT, 5.4.89). Und Andreas Khol ist sogar die Be­hauptung „Die Beschränkung des Grunderwerbs für Ausländer zum Zwecke des Baus von Zweitwohnsitzen kann nicht nur aufrecht erhalten, sondern sogar noch verschärft werden“ (EG-Broschüre der ÖVP, 1989) nicht zu dreist.

Und was ist wahr? Erstens, daß dieses System, wo wir Leute anstellen, damit sie unsere Interessen vertreten, nie funktioniert. Und zweitens, daß Boden eine Ware ist — und in der EG freier Warenverkehr herrscht. Punkt.

Es nutzt ja nix, den Landeshauptmann, der in eine Zeitung hineinplappert, es gelte „Zustände wie in Oberbayern zu vermeiden, wo ‚ganze Gebiete zum Altersheim der Bundesrepublik‘ geworden seien“ (Standard, 15.6.89), ein Arschloch zu nennen, wenn er sagt, daher sei „die Übernahme eines solchen EG-Rechtes für Tirol unmöglich“ (NTZ, 15.6.89). Wir müssen fertig werden mit diesem Vertretungs-System, das für die Mehrheit der Menschen keines ist!

Wenn jemand gegen die Verramschung Tirols in der EG ist, dann sagt er nicht wie der Landeshauptmannstellvertreter Tanzer, „im Falle eines Bei­trittes würde in Tirol der Ausverkauf des Grundes einsetzen“ (TT, 21.2.89), oder wie der Nationalratsabgeordnete Müller, „bei EG-Anschluß droht Ausverkauf der Heimat“ (Kurier, 27.11.88), oder wie der Nationalratsabge­ordnete Killisch-Horn, „bei einem eventuellen EG-Beitritt ist ein Ausver­kauf der Heimat zu befürchten“ (Bauernzeitung, 28.4.88), sondern er tritt der Auslieferung Österreichs an die EG in der Tat entgegen.

EG-Anschluß heißt:

  • „Beschränkungen, die die Ansiedlung eines Betriebes aus einem EG- Land betreffen, können nach einem EG-Beitritt nicht mehr bestehen; dies gilt auch für einen Berufstätigen, der sich eine Wohnung kauft oder mie­tet.“ (Salzburger Handelskammer, Mai 1988)
  • „daß derzeit noch mögliche Beschränkungen des Grunderwerbes (sogar) ohne Berufsbezug nicht mehr aufrechterhalten werden können“ (LH Partl, schriftl. Beantwortung einer Anfrage, 9.5.88).
  • „jeder Unternehmer (z.B. Immobilienmakler) kann im Rahmen der Frei­heit des Kapitalverkehrs Grundstücke kaufen. Die bisherigen Beschrän­kungen für den Ausländergrundverkehr entfallen.“ (Univ.-Prof. N. Wimmer, SPÖ Innsbruck, Manuskript)

Sie alle haben nicht den leisesten Zweifel daran, daß sie uns mit dem EG-Anschluß, den sie herbeiführen wollen, mit Haut und Haar, mit Haus und Hof verkaufen. Eine Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen macht dies zur Gewißheit: Jeder Unternehmer aus einem EG-Land darf sich in Österreich niederlassen und hier Grund erwerben. Jeder Arbeiter aus einem EG-Land, der in Österreich eine Arbeit annimmt, darf hier Wohnraum er­werben (wenn er kann). Grund und Boden sind Kapital, Immobilien sind Kapital. Und Kapital muß nach der EG-Regelung frei übertragbar sein. Das heißt Grundstücksmakler und Immobilienhändler dürfen nicht mehr behindert werden. Alles das, was einem Inländer erlaubt ist, muß einem Ausländer (EGler) auch erlaubt werden. (W. Burtscher, Ausländergrundverkehr und EG-Beitritt, Economy 8/89; H.-P. Strasser, Ausländergrunderwerb in Österreich, Diss., Ibk. 1989; P. Valentini, Die Europäischen Gemeinschaften und der Föderalismus — Auswirkungen eines EG-Beitrittes Österreichs auf das bundesstaatliche Prinzip, Diplomarbeit, Ibk. 1989)

Wie beim „Transitverkehr“ versuchen uns Politiker auch hier immer wieder mit dem Schmäh von der „Sonderregelung“ irrezuführen oder — obwohl sie in Diskussionen hundertmal eines besseren belehrt worden sind — uns mit dem Hinweis auf Südtirol übers Ohr zu hauen, als ob nicht noch der letzte wüßte, daß auch dort noch nicht 1992 ist, daß Südtirol nicht neutrales Land ist und Südtirol nicht vor der Haustüre Münchens liegt. (Das kann man nicht vergleichen, so wie man schon den Bezirk Imst mit dem angrenzenden Bezirk Reutte nicht vergleichen kann.)

Zwischenfrage: Welches sind die Ausländerfeinde?

Jene, die meinen, zuerst sollten Menschen, die hier arbeiten, hier wie Men­schen leben können, ob sie aus Jugoslawien oder woanders her kommen oder immer schon da waren, vor es sich jene richten, die hier für sich ar­beiten lassen, ob sie jetzt immer schon da waren oder aus Deutschland oder woanders her kommen?

Sind die Ausländerfeinde nicht ganz eindeutig jene, die Ausländer, die ohne volle Taschen kommen, zu Schandlöhnen die gemeinsten Arbeiten tun lassen und von ihnen als von „Kontingenten“ reden, um die in irgend­welchen Ministerbüros geschachert wird?

Was uns blüht

Das Häuslbauen in Tirol können S’ vergessen, wenn wir bei der EG sind.

Klaus Darbo (Fa. Darbo, Stans)
anläßlich einer EG-Diskussion
in Innsbruck, 22.11.88

In manchen Jahren gibt es jetzt schon „bis zu 6000 Anträge von Auslän­dem auf Grunderwerb in Tirol“, sagt der Landeshauptmann (NTZ, 16.11.88), der es wissen muß. Sechstausend — obwohl sie wissen, daß es eigentlich nicht geht! Wieviele wird es in einem in die EG hineinge­drucksten Österreich geben? Es wird gar keiner mehr nötig sein.

„Wer in diesem Zusammenhang im europäischen Binnenmarkt von ‚Aus­verkauf‘ spricht, der zeigt seinen Provinzialismus“, sagt der deutsche EG-Politiker Hansjürgen Zahorka (Vorarlberger Nachrichen, 25.8.88), der sich in Sachen EG-Anschluß Österreichs besonders hervortut.

Seit die Politik in Österreich die Auslieferung unseres Landes an die EG angekündigt hat, steigen hier Grundstückspreise und Mietkosten. Seltsa­merweise bestätigt dies ein Redakteur der Handelskammerzeitung „Tirols Wirtschaft“, indem er es für nötig erachtet, das zu bestreiten. Robert Vinatzer, ein Windbeutel der Extraklasse, der bei bestehendem Ausländergrund­verkehrsgesetz viele Jahre im Kurier große Worte gegen den Ausverkauf von Grund und Boden ans Ausland machte („Tirol wird unterwandert“, „Heute wird der österreichische Boden zum begehrten Spekulationsobjekt“ — Kurier, 16.4.78 und 28.5.78), sieht jetzt — im Sold der zum EG-Anschluß hussenden Handelskammerfunktionäre — bei abgeschafftem Grundverkehrsgesetz kein Problem mehr. Im Gegenteil. „Der Trend läuft in die andere Richtung. Viele Deutsche bieten ihre Tiroler Freizeitobjekte zum Ver­kauf an. Und ein EG-Beitritt wird daran kaum etwas ändern. Tirol als Eldo­rado ausländischer Spekulanten und Zweitwohnungsinteressenten — das war einmal.“ (Tirols Wirtschaft, 18.6.88)

Wie schlimm muß es also um den Ausverkauf bestellt sein, wenn einer so hineingreifen muß! Und was auf uns zukommt, ist wirklich erschreckend: „Österreichs Immobilien international gefragt“ titelte z.B. der Standard (31.5.89), und „Österreichs Immobilienmarkt erwacht — Ausländische An­leger drängen nach Wien“ überschrieb die Presse einen großen Artikel (24.8.89). Die Wochenzeitung Die Wirtschaft schlagzeilte: „Immobilien-Boom wie seit 20 Jahren nicht: Die EG treibt“ (20.12.88) „Ein EG-Beitritt“, sagt dort der Innungsmeister der Salzburger Immobilienmakler, „würde im gesamten westlichen Bundesgebiet sicherlich zu noch erheblich größeren Marktzuwächsen führen, wegen des freien Wohnsitzes und der freien Nie­derlassung der Betriebe.“ In Zeitungen wirbt die Salzburger Wohnungs-Eigentums-Bau AG so: „In Anbetracht der sich abzeichnenden Annäherung Österreichs an die EG bekunden zunehmend ausländische Investoren ihr Interesse an Salzburger Objekten. (...) Salzburg bietet die hervorragende Möglichkeit, ihr Geld krisensicher und gewinnbringend anzulegen.“ (Z.B. in: Europastraße 6 / Österreichs Magazin für Autofahrer, Sommer 88) Unter der mit einem scheinheiligen Fragezeichen versehenen Überschrift „Tiroler Immobilien-Ausverkauf angesichts der EG-Anschluß-Bestrebungen“ wird im Kurier (23.2.89) der Geschäftsführer des Immobilienbüros der Tiroler Sparkassen so zitiert: „Ich würde mir, wenn ich eine Million zu Anlagezwecken zur Verfügung hätte, eine Kleinwohnung in Innsbruck kaufen, denn die Risken sind nicht allzu groß: Kommt die EG, steigt der Wert im Tiroler Raum exorbitant.“ Auch der Geschäftsbericht 1988 der großen österreichischen Maklerfirma „Residenz Realbesitz AG“ redet den kommenden Ausverkauf nicht weg: „Die Nachfrage nach geeigneten Im­mobilien-Objekten erlebt derzeit eine Renaissance, wie sie schon seit Ge­nerationen nicht mehr der Fall war. (...) Bei Büroflächen ist im Zuge der erwarteten EG-Annäherung eine ‚Internationalisierung‘ zu verspüren. (...) Für den Fall einer EG-Mitgliedschaft (oder einer weitgehenden Assoziie­rung) ist jedenfalls mit einem starken Anwachsen ausländischer Investitio­nen auf dem inländischen Immobilienmarkt und damit einem starken zu­sätzlichen Preisauftrieb zu rechnen.“

Auf den Schreibtischen der Zwischenhändler stapeln sich Anfragen wie diese:
Brief an einen Innsbrucker Rechtsanwalt (Original)

Zuerst werden durch die EG-Politik die Bergbauern kleinweis umgebracht, dann gehen die besten Gründe in den Alpen an die mit dem meisten Geld. Wenn der Landeshauptmann sagt, es gibt gute Gründe für die EG, dann hat er ausnahmsweise recht. Großbanken (von der CA bis zur Sparkasse Ibk.) und Versicherungen (die der Münchner Allgemeinen gehördende Erste Allgemeine ist lt. Presse Österreichs größter Immobilienkäufer) legen je­denfalls seit Beginn der EG-Diskussion riesige Häusersammlungen und Liegenschaftsvorräte an, um am Tag des vollzogenen Anschlusses das Ge­schäft des Jahrhunderts zu machen.

Als der Trend österreichischen Maklern die Frage stellte: „Was bringt die Annäherung Österreichs an die EG für den heimischen Immobilien­markt?“, antwortete ein Herr Schmidinger vom Maklerbüro der Ersten österreichischen Sparkasse: „Auf jeden Fall eine starke Preissteigerung im Bereich der kommerziellen Liegenschaften. Schon jetzt kaufen Firmen aus der Schweiz und BRD Unternehmen mit einem interessanten Liegen­schaftsanteil auf. Außerdem sollte der Wohnungsmarkt in Bewegung kom­men. Wenn die Grundverkehrsgesetze fallen, werden die Preise weiter angeheizt.“

Und der Geschäftsführer von Real Service Tirol, der Sparkassen-Firma, die heute schon ständig Tiroler Häuser u.ä. in deutschen Zeitungen anpreist, sagt auf dieselbe Frage: „Ich erwarte mir gewaltige Chancen: Die Mobilität dürfte steigen, und damit wird der Mietwohnungssektor interessanter. In den Fremdenverkehrsgebieten Westösterreichs kommt es durch kaufkräf­tige Deutsche zu einer verstärkten Nachfrage nach Appartements und Ferienwohnungen.“ (Trend, 3/89)

Vom Recht auf menschenwürdiges Wohnen steht im „Binnenmarkt-Pro­gramm“ der EG nix. Den Menschen, die hier arbeiten und häufig den hal­ben Lohn gleich wieder für die Wohnung abgeben müssen, werden die Mieten noch weiter hinaufgeschnalzt werden. Auch dieses Beispiel zeigt nur, wie unterlegen die Mehrheit in einer kapitalistischen Demokratie ist.

Warnende Beispiele

Was dem EG-Anwärter Österreich blüht, zeigt ein Blick auf die jüngsten Mitglieder der EG: Griechenland, Portugal, Spanien. Wie bei einem Über­fall hat sich das große Geld der reichen EG-Staaten auf Immobilien und Grundstücke dieser Länder geworfen. Griechenland wußte sich nicht an­ders gegen den Ausverkauf zur Wehr zu setzen, als 55 Prozent des Landes unter dem Titel Grenzregion zu militärischem Sicherheitsgebiet zu erklären und damit den Ausländergrunderwerb zu beschränken. Ist das vielleicht die Lösung für Tirol? Der Gerichtshof der EG hat mit Spruch vom 30.5.1989 diese Beschränkungen für unzulässig erklärt.

Auch Portugal, das 1986 der EG eingegliedert wurde, wird von Aufkäufern heimgesucht. Unter dem Titel „Portugal: Vor allem Immobilien sind bei den Ausländem gefragt“ schrieb das deutsche Handelsblatt im letzten Sommer: „Nach den Anlagebereichen steht der Immobiliensektor auf dem ersten Platz der ausländischen Direktinvestitionen mit nahezu der Hälfte der gesamten ausländischen Direktinvestitionen.“ Und: „Mit Besorgnis wird sowohl in Wirtschafts- als auch in Behördenkreisen der anhaltend hohe Anteil von Investitionen im Immobilienbereich beobachtet.“ (Handelsblatt, 20.7.89)

Am erschreckendsten sehen wir an Spanien, was uns in der EG erwartet. Der Spiegel schrieb über das erste EG-Jahr der Spanier: „Für 2,8 Milliar­den Mark wurden Immobilien gekauft — die Preise für Grundstücke und Gebäude haben sich in Madrid und Barcelona in zwei Jahren verdreifacht. ‚Es regnet Geld‘, sagt die Madrider Maklerin Rosa Tous.“ (18.10.87) Der Standard beobachtet einen „Wettlauf um spanischen Boden“: „Industrie- und Gewerbegrundstücke, so der Immobilienmakler Arriba-Ramirez, konnten im abgelaufenen Jahr durchschnittliche Preissteigerungen von 40 Prozent erzielen. Neben den Arabern waren es vor allem die EG-Länder, die 1988 so stark wie noch nie zuvor in spanischen Grund und Boden in­vestiert haben.“ „Auslandsfirmen strömten ins Land, die Büroräume und Wohnmöglichkeiten für ihre Manager brauchten. Schließlich entdeckten institutionelle Anleger den lukrativen Immobilienmarkt.“ (Standard-Immo­bilien-Kompendium, Oktober 1989)

Heute ist es in Spanien so, daß bedeutende Teile der spanischen Fremdenverkehrsindustrie schon in den Händen ausländischer Geldmacher sind.

Der „österreichische“ Fremdenverkehr

Auch so manche in Österreich ausgegebene Mark ist schneller in der BRD zurück als der Urlauber, der sie hier ausgegeben hat. (In FOEHN 6 steht viel über die großen inländischen und großen ausländischen Profiteure am österreichischen Fremdenverkehr.) Wenn es der EG mit Hilfe ihrer hiesi­gen Zuarbeiter gelänge, sich dieses Land anzuschließen, würde der Anteil der ausländischen Nutznießer am Tourismusgeschäft „explodieren“. Die Niederlassungsfreiheit der EG erlaubt es jedem Staatsbürger eines Mit­gliedslandes, hier einen Beherbergungsbetrieb, eine Gastwirtschaft, ein Geschäft, eine Wechselbank aufzumachen. Daß sich jene Tiroler Stamm­gäste, sagen wir aus der Bundesrepublik Deutschland und aus Holland, die es möchten und es sich leisten können, hier ein Appartment, eine Ferien­wohnung, ein Enfamilienhäuschen erwerben können, sei hier nur erwähnt. Der FV-Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts, Egon Smeral, sagt voraus, „die Niederlassungsfreiheit würde auch ausländisches Kapital nach Österreich locken. Den heimischen Beherbergungsbetrieben könnte ‚der Wind dann ganz schön ins Gesicht blasen‘“. (TT, 1.2.88) Auch die Tiroler Handelskammer kommt in einer hauseigenen Untersuchung zum Schluß: „Die primären Markteinbruchsgefahren werden von einer erhöhten auslän­dischen Nachfrage im Bereich gewerblicher FV-Objekte (Hotel- und Gast­betriebe, Seilbahnen) ausgehen“. (Auswirkungen eines EG-Beitritts Öster­reichs auf das Tiroler Verkehrs- und Fremdenverkehrsgewerbe, 1989) Trotzdem hetzt die Kammer die brav Kammerbeiträge zahlenden kleinen Mitglieder in die EG hinein.

Die Abteilung Landesplanung im Landhaus in Innsbruck hat in einer internen (!) Stellungnahme zum angepeilten EG-Anschluß ganz klar fest­gestellt: „Tirol als Fremdenverkehrsland wird als Magnet für Kapital aus dem EG-Raum dienen, das im Fremdenverkehr investieren will (Appar­tements, Seilbahnen, Lifte).“ Es hieße sich selber anlügen, wollte man meinen, der Landeshauptmann, die Landesregierung, die Landtags­abgeordneten wüßten nicht, in was sie uns da hineintreiben. Sie wissen es und sie treiben uns hinein. Wenn wir dem auskommen wollen, müssen wir hier klar sehen.

Kapital drängt dahin, wo Profit winkt. Ausländisches Kapital drängt in Österreich seit Jahren stark in das Geschäft mit den Touristen, an Beispie­len haben wir es oben gezeigt. Die größte französische Hotelkette, Accor, ist bereits die größte „österreichische“ (ibis-Hotels, Novotel-Hotels, Mercure-Hotels usw.) und breitet sich weiter aus. Die deutsche Steigenberger Hotel AG will „rund eine Milliarde Schilling in Projekte in Österreich inve­stieren“ (Standard, 26.8.89). Usw. Jeder Hotelier im Aigen-Gebiet wird sich künftig im Alpen-Gebiet sanieren können. Usw. In einer Fachtagung, also quasi hinter dem Rücken der Bevölkerung, hat auch Landeshauptmann Partl gesagt, es „wird problematisch sein“, „den Kauf von Hotels, Appartements, Freizeiteinrichtungen oder anderen Fremdenverkehrsein­richtungen durch Ausländer künftig zu untersagen“ (EG-Symposium in Mayrhofen, 15.-18.11.88). Was durch die Raumordnung weiterhin möglich sein würde, wäre die Bindung der Grundfläche an eine bestimmte Nut­zung, für Inländer gleich wie für Ausländer. No, an welche Nutzung wird der Grund in den Fremdenverkehrsorten gebunden sein?

Die Österreichische „Akademie der Wissenschaften fürchtet Ausverkauf an Tourismus“, so faßt die TT eine Untersuchung verschiedener Forscher über Auswirkungen eines Anschlusses Österreichs an die EG zusammen. „Durch ausländisches Kapital würden ganze ‚Freizeitstädte‘ mit Appartmentwohnungen für Ausländer entstehen.“ (TT, 21.11.88) In der Studie selbst schreibt der Klagenfurter Universitätsdazent F. Zimmermann über die Folgen der Anschluß-Politik: „Die Freiheit der Niederlassung von Un­ternehmungen würde durch den zu erwartenden Druck der kommerziali­sierten Großhotellerie zu einer völligen Überformung der individuellen Familienbetriebsstruktur führen. Die Privatzimmervermietung und die Fa­milienpensionen würden sukzessive (nach und nach) verschwinden, womit sich auch die Partizipation (Teilhabe) der Einheimischen an der touristi­schen Wertschöpfung deutlich verringern würde.“ „Der Kapitaltransfer nach Österreich würde eine fremdgesteuerte Tourismusentwicklung bedin­gen, und ein massiver Etragsabfluß ins Ausland wäre zu erwarten“, schreibt Zimmermann weiter. Und: „Es bestünde die Gefahr einer ähnlichen Situation wie sie in Entwicklungsländern anzutreffen ist, wo der gewinnbringende Tourismus in erster Linie von den Auswärtigen getragen wird.“ (Wiedergegeben aus der bei der Pressekonferenz in Wien am 18.11.88 vorgelegten Kurzfassung)

Mir geht es nicht darum, zu zeigen, daß oder wie auch dem Fremdenver­kehr der Ausverkauf droht, sondern, zu zeigen, wie die von den Öster­reichern gewählten österreichischen Politiker Österreich zielstrebig in den Dreck führen. Daß D-Mark und Gulden ins Land hereindrängen, kann man ja verstehen, aber daß die unseren uns ausliefern, das möchte man lieber nicht in seinem Kopf drinhaben.

Laufend Sonderangebote

Für eine gesunde Volkswirtschaft ist der Anteil des Fremdenverkehres in Tirol, z.B., um mindestens die Hälfte zu groß. Das ist ein eigenes Thema. Hier nocheinmal zur Gefahr des Ausverkaufs, auf die gerade dieser Wirt­schaftszweig (was sag ich! Wirtschaftsstamm) hintreibt. Die Eigenkapitalquote im Tiroler Fremdenverkehr liegt unter zwanzig Prozent (TT, 26.8.87), was Einkäufern beste Chancen bei breitestem Angebot eröffnet. Die Betriebe der Tourismusbranche in Österreich sind mit über siebzig Milliarden verschuldet (Tirols Wirtschaft, 8.4.89), nein, mit dreiundachtzig Milliarden verschuldet (TT, 10.2.90), das heißt, daß jedes Fremdenbett in Österreich im Schnitt mit 50.000 Schilling in der Kreide steht (Kurier, 19.1.88). Idealere Bedingungen für Anlage suchendes ausländisches Ka­pital lassen sich nicht denken. An der Spitze der Insolvenzen steht immer wieder das Gastgewerbe, 1988 machten in Tirol laut Kreditschutzverband 60 Hotels und Gaststätten pleite (Kurier, 31.12.88), bei vielen weiteren war ein Insolvenzverfahren anhängig. In Salzburg waren 1988 529 Betriebe der Fremdenverkehrsbranche von einem solchen Verfahren betroffen. In Südti­rol, auf das mit Fingern als Vorbild gezeigt wird, ist alles noch viel schlimmer: „‚Derzeit gibt es monatlich fünfzig Versteigerungen‘, klagt ein Hotelier im Eschtal. ‚Die Banken kaufen jetzt Häuser um 20 Prozent ihres wahren Wertes auf, weil die Gastwirte die Kreditraten nicht mehr zahlen können.‘“ (Profil, 26.5.86)

Welche Lawine an Bankrotten ein paar schneearme Wochen hier auslösen können, haben die drei vergangenen Winter gezeigt. Im Jänner 1988 gab es in Tirol einen „Banken-Gipfel“, um Stundungen der Kreditzahlungen zu erreichen (TT, 21.1.88). Seilbahnen im Unterinntal hatten z.T. nicht einmal ein Viertel des kalkulierten Umsatzes (TT, 23.1.88).

En Jahr später lag vor allem in Osttirol und in Kärnten kein Schnee. Bei den Lienzer Bergbahnen ging die Zahl der Beförderungen in den ersten Saisonwochen um rund 50 Prozent zurück (TT, 13.1.89). Über die Lage in Kärnten schrieb der Kurier: „Der beständige Schneemangel beschert Kärntens Liftbesitzern, Wirten und Hoteliers nicht nur schmerzhafte Um­satzeinbußen, sondern teilweise auch gewaltige Liquiditätsprobleme.“ Es gab einen „Winterkrisengipfel“ in Klagenfurt, Banken starteten Hilfsaktio­nen mit Billigstkrediten. Allein die Umsatzeinbußen der Kärntner Beher­bergungsbetriebe wurden mit zweihundert Millionen Schilling angegeben, bei den Liften sollen sie noch größer gewesen sein. (Salzburger Nach­richten, 23.89) Die dramatischen Meldungen über den heurigen Winter sind noch in bester Erinnerung.

Kurz gesagt, der aufgeblasene Fremdenverkehr in Österreich ist ein anfälliges Gewerbe, und Betriebe drohen bei geringster Belastung wie eine reife Frucht in die ins Land hereingereckten Hände zu plumpsen.

Winter 1988 — Winter 1989 — Winter 1990

Heimatkunde 2

Als Folge eines EG-Anschlusses, würde — wie nicht ich sage, sondern die Abt. 1c Landesplanung im Landhaus zu Innsbruck sagt — Kapital aus dem EG-Raum besonders in Seilbahnen und Lifte in Tirol investieren. Was hier an Aufstiegshilfen heute schon ausländischem Geld gehört, darüber im folgenden einige Andeutungen:

A) Lifte, die Geldleute aus dem Ausland hier errichtet haben:

Die Rofelewand Bergbahn GesmbH im Pitztal wurde von Schweizern ge­gründet und ging später in deutsche Hände über. Oder: In Ehrwald haben sich seinerzeit fünf Schweizer Jagdpächter mehrheitlich an der Gondellift AG beteiligt. Oder: In Fulpmes war die deutsche „Schiele Seilbahnen AG“ beim Bau des Froneben-Liftes dabei. Oder: In Sellrain wurde vom deut­schen Holzmann-Konzern die Seiges-„Erschließung“ betrieben. Oder: Die Gerloser Seilbahn-Beteiligungs-GesmbH gehörte einmal dem Essener Bankhaus Gossenberg & Co. Oder: Die Skiliftgesellschaft Hochfügen wurde seinerzeit von drei Kaufleuten aus der BRD gegründet. Auch wenn sich mittlerweile die Besitzverhältnisse verschoben haben mögen, die Rofelewandbahn eingestellt und die Seiges-„Erschließung“ verhindert wurde, zeigen diese Beispiele, die für andere stehen, wie verlockend es ist, im Tiroler Fremdenverkehr zu investieren.

B) Lifte, an denen ausländische Gesellschafter oder Aktionäre beteiligt sind:

Hier gibt es ein wahres Heer von Strohmännern, die für ausländische Geld­anleger stehen. Offiziell dagegen ist, daß z.B. in der Bergbahn- und Skilift­gesellschaft in St. Jakob im Defreggen ausländische Gesellschafter sitzen. Oder, daß in der Schilift-Zentrum-Gerlos GesmbH italienisches Geld dabei ist, genauso wie bei den Zeller Bergbahnen deutsches dabei ist. Auch unter den 117 Aktionären der Tuxer Bergbahnen AG sind nicht wenige auslän­dische. Und so weiter.

C) Lifte, die ganz oder zu großen Teilen für nichtösterreichisches Kapital laufen:

Beispiel Stubai: Inserate in deutschen Zeitungen lockten seinerzeit viele Ausländer mit ihrem Geld ins Stubai. An der Wintersport Tirol AG & Co KG, der auch Hotels und Sporthäuser gehören, sind 235 — zum allergrößten Teil — deutsche Kommanditisten beteiligt. Nicht von ungefähr hat den Vor­sitz im Aufsichtsrat der deutsche Bankier Thelen. Oder: Besitzer der Rangger Köpfl-Bergbahnen ist der kanadische Geschäftsmann Egon Wurmböck. Oder: Die Schatzbergbahn in Auffach gehört mehrheitlich dem Ber­liner Kaufmann Krogmann, dem auch die Wildschönauer Bergliftge­sellschaft gehört. Oder: An den Scheffauer Bergbahnen sind einhundert deutsche und ungefähr zehn holländische Kommanditisten beteiligt. Oder: Als ein letztes, aber gewiß nicht als das letzte Beispiel: In Söll finanzierten „vier deutsche Millionäre“ (Kurier, 5.6.75) „die Erschließung des Skigebietes Hochsöll-Hohe Salve.“ Heute halten fünf deutsche Staatsbürger, darunter der Sekt-Industrielle Henkell, 78 Prozent. Und so weiter.

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