Jahr 2006
Juni
2006

„Der einzige Politiker, der die Wahrheit sagt …“

Uni Graz untersagt Auftritt von Fritz Edlinger

Am 10. November 2005 sollte Fritz Edlinger einen Vortragsabend der „Gesellschaft für österreichisch-arabische Beziehungen“ an der Universität Graz mit dem Titel „Palästina — selbständiger Staat oder israelische Kolonie?“ — u.a. mit Ludwig Watzal - moderieren.

Unterstützt wurde die Veranstaltung von der HochschülerInnenschaft Uni Graz, der KPÖ, der „Steirischen Friedensplattform“, dem Karl-Renner-Institut und dem „Verein für Palästina“. Das Personenkomitee Mayday 2000 wandte sich daraufhin mit einem Protestschreiben an den Rektor, informierte darin über Edlingers Rolle als Herausgeber von Shamirs Hetzschrift „Blumen aus Galiläa“, legte Auszüge aus dem Buch bei und forderte den Entzug der Räumlichkeiten, solange Edlinger dort auftreten würde.

Nachdem auch sich einige Lehrende und ProfessorInnen der geisteswissenschaftlichen Fakultät dem Protestschreiben von Mayday 2000 angeschlossen hatten, untersagte der Rektor die Veranstaltung am Universitätsgelände.

Im Gegensatz zu dieser erfreulich klaren Haltung war von den mitveranstaltenden Organisationen keine einzige bereit, zum Auftritt von Edlinger auf Distanz zu gehen, obwohl auch sie die Informationen zu dem von ihm herausgegebenen Buch erhalten hatten. Der Alternativreferent („Kommunistischer StudentInnenverband“), der für die ÖH an der Veranstaltung beteiligt war, blieb ausdrücklich bei der Unterstützung des Vortragsabends. Der Vorsitzende der ÖH Graz (Fachschaftsliste) erklärte in einem Mail an Mayday 2000, sie würden Edlinger mit der Kritik an „Blumen aus Galiläa“ konfrontieren und sollte er dann „etwas (erschütternd) Antisemitisches sagen“, werde es „Gegenreaktionen“ geben. Noch eindeutiger positionierte sich die Grazer KPÖ: Sie stellte Edlinger nach dem Verbot an der Universität gleich ihren Karl-Drews-Klub als Ausweichmöglichkeit zur Verfügung.

Letztlich fand die Veranstaltung jedoch auch im Karl-Drews-Klub nicht statt, dafür trafen dort VeranstalterInnen und MitorganisatorInnen ohne die ReferentInnen zusammen und besprachen auf ihre Weise die Vorfälle um die Untersagung: Der Rektor, so hieß es, habe „illegal“ gehandelt (eine Stellungnahme aus der KPÖ), und Mayday 2000 habe eine Beschäftigung mit dem Thema Palästina verhindert. Eine kritische Auseinandersetzung mit Edlingers Rolle bei der Verbreitung von Shamirs Buch war nicht einmal ansatzweise zu vernehmen, stattdessen wurde Edlinger vorbehaltlos verteidigt, u.a. mit der Bemerkung, er sei „der einzige Politiker in Österreich, der die Wahrheit sagt“ (eine Meinung aus der „Steirischen Friedensplattform“).

Edlinger selbst empörte sich in einem Schreiben an das Rektorat der Uni über eine „politisch motivierte Zensurmaßnahme“, bezeichnete sich als Opfer einer „äußerst aggressiven und unqualifizierten Kampagne“ und sah sich - wie nicht anders zu erwarten - von „Befürwortern der israelischen Politik“ zu Unrecht des Antisemitismus bezichtigt.

Aber auch in der Grazer linken Szene wurde die konkrete Kritik an Edlinger und seiner Herausgabe von Shamirs Buch völlig verfälscht als Versuch dargestellt, eine Befassung mit der Situation der PalästinenserInnen zu unterbinden. Obwohl es von Mayday 2000 keine einzige Stellungnahme zum Nahostkonflikt gibt, sahen die selbsternannten FürsprecherInnen der palästinensischen Sache eine proisraelische Gruppe am Werk.

In diesen Reaktionen zeigt sich — nicht zum ersten Mal — der Unwille, Antisemitismus zu erkennen, zu benennen und zu bekämpfen, sobald er sich als Diskussionsbeitrag zu Israel / Palästina tarnt. Nach wie vor sind die VeranstalterInnen entschlossen, Edlinger seinen Auftritt an der Universität Graz zu verschaffen, die ihm diese in ihrer Deutlichkeit offenbar ungewohnte Absage an seine zweifelhaften Aktivitäten erteilte - und die hoffentlich auch beim nächsten Mal bei dieser unmissverständlichen Haltung bleibt.

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