radiX, Texte
Oktober
2001

Der Feind unseres Feindes ist unser Feind

Der 11.September 2001, der Krieg und die Linke

Zu Beginn des 21.Jahrhunderts ist die Linke weltweit kein gewichtiger Faktor mehr. Das gilt für traditionelle KommunistInnen und StaatssozialistInnen, sozialrevolutionäre oder libertäre Linke und klassische antikolonial-nationale Befreiungsbewegungen. Der Kampf der Kreuzritter der NATO-Zivilgesellschaft gegen die Gotteskrieger des islamischen Fundamentalismus ist auch eine Folge der Niederlagen, die die verschiedenen Fraktionen der Linken erlitten haben. Das Bündnis zwischen kapitalistischen Zentren und militanten Islamisten hat seinen Zweck, den Kampf gegen den Kommunismus, (oder was dafür gehalten wurde), erfüllt. Der Bruch zeichnete sich nach dem zweiten Golfkrieg (1991) ab, trotz der Kooperation im jugoslawischen Bürgerkrieg in Bosnien und im Kosovo gegen die serbischen NationalistInnen.

Wer die Wurzeln des Terrors bekämpfen möchte, wie jetzt alle PolitikerInnen und Medien tönen, müsste die Zentrale der CIA und die Häuser der Herrscher Saudi-Arabiens bombardieren. Im April 1978 übernahm die Demokratische Volkspartei Afghanistans (PDPA) die Macht. Die Partei propagierte eine radikale Landreform zu Gunsten der Kleinbauern, gewerkschaftliche Rechte, eine Verbesserung der Schulen und sozialen Angebote, die Gleichberechtigung der Frau und die Trennung von Staat und Religion. Alles in allem kein kommunistisches Programm, sondern demokratische und soziale Reformen. Die PDPA erlebte den selben reaktionären und bewaffneten Widerstand wie andere Reformkräfte im Trikont, organisiert in diesem Fall von Großgrundbesitzern, muslimischen Führern sowie Stammesführern. Im Frühjahr 1979 riefen die Islamisten von Pakistan aus zum „Heiligen Krieg gegen die gottlosen Kommunisten“ auf. [1]

Als sowjetische Truppen in Afghanistan einmarschierten, um die PDPA zu unterstützen, galten die Gotteskrieger als Freiheitskämpfer des Westens, gehätschelt von Ronald Reagan und Teilen der Grünen, obwohl längst bekannt war, was sie von Menschenrechten halten: dass sie Frauen aus dem öffentlichen Leben ausschlossen, ihnen Bildung und medizinische Versorgung vorenthielten. Die US-Regierung fürchtete eine Ausbreitung des sowjetischen Einflusses in der Region und unterstützte die Mudschaheddin-Gruppen. Zwischen 1978 und 1992 verschafften die USA den Gotteskriegern Waffen, Ausbildung und Geld im Wert von mindestens sechs Milliarden Dollar, andere Schätzungen gehen von 20 Milliarden aus.

Weitere Hilfe kam aus anderen westlichen Staaten, aus Saudi-Arabien und von reichen arabischen Fanatikern wie Osama bin Laden. Der Bauunternehmer ging 1980 nach Afghanistan, baute dort mit Hilfe der CIA und dem pakistanischen Geheimdienst ISI jene Trainingslager für Gotteskrieger auf, die die US-Luftwaffe jetzt bombardierte. Ein früherer Angehöriger der britischen Eliteeinheit SAS berichtete im August 2000 der Zeitung Observer über die Ausbildung dort: „Die Amerikaner waren versessen darauf, den Afghanen die Techniken des Stadt-Terrorismus — Autobomben usw. — beizubringen. (...) Viele von ihnen wenden jetzt ihr Wissen und ihre Fachkenntnisse an, um Krieg zu führen gegen alles, was sie hassen.“ [2]

Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, wollte ein internationales islamistisches Netzwerk aufbauen, um die Lage in den zentralasiatischen Republiken der Sowjetunion zu destabilisieren. Die US-Radiosender Radio Liberty und Radio Free Europe verbreiteten fundamentalistische Hetze in der Region. Die CIA unterstützte das Projekt des pakistanischen Geheimdienstes ISI, auf der ganzen Welt Kämpfer für den afghanischen Dschihad anzuwerben. 1989 verließen die sowjetischen Truppen Afghanistan, nachdem sie in dem schmutzigen Krieg etwa 15.000 Mann verloren hatten. Die Regierung der PDPA konnte sich weitere drei Jahre halten, bis sie von den Gotteskriegern gestürzt wurde.

Zu den Gruppen, die die USA förderten, gehörte die Islamische Partei von Gulbuddin Hekmatyar, einem widerwärtigen Terroristen und Opium-Dealer, was dem CIA bekannt war. Hekmatyar schüttete in den 70er Jahren Frauen Säure ins Gesicht, die sich weigerten, einen Schleier zu tragen. In Ausbildungslagern in den USA wurden junge Afghanen, Araber und sogar einige „Black Muslims“ von der CIA für Sabotageaktionen ausgebildet. Unter ihnen befand sich auch Ali Mohammed, einer der späteren Bombenattentäter gegen die US-Botschaften in Kenia und Tansania. [3] Der US-Nahost-Experte Selig Harrison soll die CIA bereits damals gewarnt haben: „I told them, we were creating a monster.“ [4]

Die Stärke des islamischen Fundamentalismus in Asien und Afrika ist jedoch nicht bloß das Resultat solcher politischer Manipulationen. Der Islamismus rekrutiert seine Anhänger aus allen sozialen Schichten, wobei Angehörige der Unterschichten gezielt durch eine auf den Koran gestützte soziale Demagogie und konkrete Hilfeleistungen angesprochen werden. Der Islamismus nutzt ein politisches Vakuum, das gescheiterte bürgerliche Modernisierer und antikoloniale Befreiungsbewegungen hinterlassen haben. Säkulare nationalistische Regimes wie Nasser in Ägypten scheiterten mit ihrem Projekt der nachholenden Entwicklung, weil eine solche innerhalb des kapitalistischen Weltmarktes, der von den Zentren dominiert wird, unmöglich ist. Die algerische Befreiungsfront FLN mutierte zur bürokratischen Kaste, die vom Ölexport und damit dem Weltmarkt abhängig war. In den 80er Jahren setzte die FLN Polizei und Armee ein, um IWF-Auflagen durchzuprügeln.

Demokratische und linke, kommunistische und sozialrevolutionäre Bewegungen wurden im 20.Jahrhundert vom US-Imperialismus und seinen Verbündeten im Nahen Osten, in Südostasien, in Europa, in Afrika und Lateinamerika nach Möglichkeit zerschlagen. Die US-Regierung war bei der Wahl von Helfern nie zimperlich, weshalb der Anti-Terror-Koalition jetzt Militärdiktaturen wie Pakistan, Folterregime wie die Türkei oder Saudi-Arabien, ein Land in dem die Scharia gilt, angehören. „Er ist ein Schweinehund, aber er ist unser Schweinehund“, soll ein US-Politiker einst über Somoza, den langjährigen früheren Diktator Nicaraguas, gesagt haben. Spurt ein solcher Schweinehund nicht, wird er fallengelassen. Ende 1989 griffen die USA Panama an, um einen dieser Schweinehunde, den früheren CIA-Agenten und Drogenhändler Noriega einzufangen. Dabei wurden etwa 2000 Panamaer, Zivilisten und Militärs getötet. Die meisten Opfer gab es bei der Bombardierung der dichtbesiedelten Armenviertel von Panama-Stadt. Der Krieg zwischen den USA bzw. der NATO und den Taliban bzw. Al Qaida ist ein solcher Kampf zwischen dem Imperialismus und einem seiner Schweinehunde.

Im Rahmen eines weltweiten Kreuzzug gegen den Kommunismus kamen weltweit Millionen von Menschen durch Operationen der US-Regierung und ihrer Verbündeten ums Leben. Einige Beispiele: In Indonesien wurden nach dem Suharto-Putsch von 1965 etwa eine Million Menschen als KommunistInnen ermordet, in Vietnam töteten die US-Truppen etwa drei Millionen Menschen. Allein in Laos starb eine Viertelmillion Menschen, weil der US-Außenminister und spätere Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger Luftangriffe durchsetzte. Im Iran stürzte die CIA 1953 die gewählte Regierung Mossadegh um das Schah-Regime zu installieren, in Griechenland half der Geheimdienst 1967 den faschistischen Obristen an die Macht. In den USA selbst zerschlug das FBI in den 70er Jahren die revolutionäre Black Panther Party (BPP). Ein Teil ihrer Führer wurde ermordet, andere aufgrund manipulierter Anklagen und Prozesse jahrzehntelang inhaftiert. An die Stelle der BPP ist die extrem patriarchale und antisemitische Nation of Islam (NOI) getreten. NOI paktiert mit US-Nazis und dem Ku-Klux Klan, weil sie einen schwarzen Separatismus vertritt, das heißt einen eigenen Staat auf US-Boden fordert.

Die USA und ihre Verbündeten haben gewonnen. Die Sowjetunion wie die von ihr unabhängige Linke sind besiegt. Geblieben ist, wie Rainer Trampert schrieb, „die Erkenntnis, dass falsche Radikalität in dem Maße wächst, wie der Gedanke an soziale Befreiung aus den Köpfen geprügelt wurde“. [5] Nach dem Zusammenbruch des Kalten Krieges zerfielen alte Allianzen, Widersprüche werden ausgetragen, die durch den Kalten Krieg zurückgestellt waren. Das gilt für innerimperialistische Widersprüche, also zwischen den USA und Deutschland bzw. der EU sowie innerhalb der EU, aber auch für Verbündete in anderen Regionen. Der irakische Diktator Saddam Hussein war ein Freund des Westens, solange er nur KommunistInnen hinrichten oder die kurdische Bevölkerung mit Giftgas ermorden ließ oder Krieg gegen den Iran führte. Als das Regime Kuwait annektierte, um sich als selbständige Regionalmacht zu etablieren, wurde der Irak angegriffen. Auch die islamischen Militanten verfolgen eigene Interessen und operieren nach der Salami-Taktik. Gemeinsam mit der Nato haben sie die Sowjets in Afghanistan besiegt und den ehemaligen Süden der Sowjetunion infiltriert. Seit den 90er Jahren kämpfen sie gegen die USA, den „großen Satan“, und verstärken Agitation und Terror gegenüber Israel.

So schrecklich die Massenmorde von New York und Washington waren, der NATO-Krieg hat nichts mit einer gerechten Strafe für die Urheber zu tun. Mit Flächenbombardements und Streubomben werden die US-Regierung die Netzwerke von Al Qaida nicht zerstören, aber den Rückhalt für solche Gruppen in vielen Trikontstaaten erhöhen. Das Kalkül von Al Qaida könnte aufgehen: Die Attentate erzeugten weltweit offene und klammheimliche Freude. Angesichts der Gegenschläge kann Al Qaida als militärisch unterlegene Kraft den Mitleidseffekt einheimsen, an die Solidarität aller Muslime appellieren und den weltweit existierenden Antiamerikanismus und Antisemitismus mobilisieren. Am Ende steht vielleicht ein „Kampf der Kulturen“, der „Heilige Krieg“ gegen Christen und Juden, den Bin Laden propagiert. Das Kalkül erinnert an die „Strategie der Spannung“ der italienischen Faschisten, die ebenfalls mit Attentaten eine politische Dynamik auslösen wollten, um ihr Ziel, einen autoritären Staat, zu erreichen.

Sicher ist nur, dass der Krieg weitere Opfer unter der Zivilbevölkerung fordert. Ob die Taliban-Regierung gestürzt wird, ist fraglich. Die politische Alternative, die Nord-Allianz, ist berüchtigt. Zur Allianz gehören militante Islamisten, die nicht weniger menschenverachtend und intolerant agieren wie die Taliban. Als diese Gruppen 1992 Kabul eroberten, begingen sie Massaker und Massenvergewaltigungen. Weil der Fundamentalismus und die Gotteskrieger nicht zu beseitigen sein werden, ist ein Arrangement mit der angeblich zivilisierten Welt wahrscheinlich. Auch Saddam Hussein wurde nicht gestürzt, obwohl dies 1991 militärisch leicht möglich gewesen wäre. Der angebliche Wiedergänger Hitlers (Enzensberger, Pohrt) war und ist nützlich, um den Irak zusammenzuhalten. Warum sollte sich für Al Qaida oder die Taliban, abzüglich ihrer Medienstars, nicht eine Aufgabe finden?

Auf jeden Fall stärkt dieser Krieg die Position des US-Imperialismus gegenüber Russland in Zentralasien. Im Ringen um die Rohstoffe und die Transportwege haben die USA gegenüber der europäischen Konkurrenz jetzt einen gewaltigen Vorsprung. Sie können dort eine Militärpräsenz aufbauen, die ohne die Terroranschläge schwer durchsetzbar gewesen wäre. Dabei riskieren die USA mit diesem Krieg eine Eskalation und eine Destabilisierung der ganzen Region, die letztlich sogar die Existenz des Staates Israel gefährden kann. Die deutsche Regierung drängt nach einer militärischen Beteiligung in Afghanistan, weil Kriegsteilnahme Ansprüche begründet. Deutschland fürchtet um seinen Enfluß in Zentralasien und verlangt, an einem künftigen Protektoratsregime über Afghanistan beteiligt zu werden. [6]

Es gibt viele gute Gründe gegen diesen Krieg zu protestieren. Doch die Zeiten, als die Guten gegen die Bösen kämpften und linke InternationalistInnen solidarisch sein konnten, sind vorbei. Die Linke muss sich ihr Anlehnungsbedürfnis verkneifen. Schon während der Bürgerkriege in Jugoslawien war es völlig daneben, Solidarität mit der jugoslawischen Regierung zu verlangen, die einen nationalistischen Kurs verfolgte, obendrein einer Koalitionsregierung mit der faschistischen Radikalen Partei. Heute ist jede klammheimliche Freude über die Anschläge vom 11. September Ausdruck politischer Regression und Verrohung. Wer sich dagegen als Linker auf die Seite der NATO stellt, hat den Kapitalismus als eine Totalität aus Zivilisation und Barbarei nicht begriffen. Justus Wertmüller von der Bahamas-Redaktion ist politisch wieder dort angelangt, wo er seine Laufbahn begonnen hat — bei den Grünen.

Die verordneten Gedenkminuten nach dem 11. September waren Unterwerfungs-, Disziplinierungsrituale. Der Arbeiter Metin Serefoglu, der sich verweigerte, weil sonst nie für große Menschenopfer in der Welt Gedenkminuten veranstaltet werden, wurde von der Firma Kostal in Nordrhein-Westfalen entlassen und als radikaler Muslim verdächtigt. Die offizielle Betroffenheit ist Heuchelei, sie zeigt, dass noch im Tod die rassistische Hierarchie gilt. Nach offiziellen UN-Angaben sterben jeden Tag etwa 24000 Menschen an Hunger. Weil es sich nicht um fahlhäutige Westeuropäer oder Nordamerikaner handelt, ist das keine Schlagzeile und keine Top-Story wert, es ist kein Grund zum Weinen oder zum Nachdenken.

Trotzdem ist Trauer um die am 11. September Ermordeten die richtige Empfindung, weil das Leben von einigen tausend Menschen gewaltsam und brutal ausgelöscht wurde und es dafür zwar Erklärungen aber keine Rechtfertigung gibt. Wer kein Mitleid mit den Pentagon-Angestellten oder den Geschäftsleuten im World Trade Center (WTC) aufbringen mag, den möge wenigstens die alte Erkenntnis zum Nachdenken bringen, dass der Tod von FunktionsträgerInnen nicht das System zerstört. Die meisten Opfer in den beiden Türmen des WTC waren jedoch Arbeiter, Bäcker, Köche, Kellner, Reinigungspersonal, Dienstboten aller Art, darunter viele MigrantInnen, die illegal in den USA lebten. In den Türmen und in den gekaperten Flugzeugen starben kleine Kinder. Über 300 Feuerwehrleute kamen ums Leben, sie retteten Tausende von Menschen.

Wer an den 11. September 1973 erinnert, als das chilenische Militär putschte und die Luftwaffe den Präsidentenpalast attackierte, zieht einen falschen Vergleich. Wer auf ChilenInnen verweist, die sich am 11. September 2001 freuten, weil es diesmal die USA getroffen hat, verweist auf Leute, die nichts begriffen haben. Osama bin Laden ist nicht der Rächer Allendes, sondern eine afghanische Pinochet-Version. Wer nur davon spricht, dass am 11. September 2001 „Symbole des Kapitalismus“ getroffen wurden oder Antiimp-Platituden von sich gibt, hat die Debatten der vergangenen Jahre über Antisemitismus, Esoterik, NS-Faschismus und Rassismus verschlafen.

Die Anschläge waren nicht Ausdruck eines fehlgeleiteten Antikapitalismus oder eines Antiimperialismus der dummen Kerls, sie können weder mit den Verbrechen des US-Imperialismus oder einem Verweis auf das Elend im Trikont gerechtfertigt werden. Schon deshalb nicht, weil solche Relativierungen die Motivation der Gotteskrieger übergehen. Das World Trade Center symbolisiert für diese Leute nicht den Kapitalismus, sondern wie für Horst Mahler und Jörg Haider, der gerne die Chiffre „amerikanische Ostküste“ benutzt, die Herrschaft des jüdischen Finanzkapitals über die Völker. Die Kampfansage Bin Ladens „gegen Juden und Christen“ spricht für sich. Die Logik der Selbstmordattentate entspricht dem Schlachtruf der spanischen Faschisten: „Viva la muerte“.

Als Linke könnten wir deshalb polizeiliche und militärische Schläge gegen Al Qaida unterstützen, bestünde die Aussicht, dass die US-Army vollbringt, was der Roten Armee nicht vergönnt war. Nach Lage der Dinge ist dies nicht zu erwarten. Die Situation für die Zivilbevölkerung in Afghanistan verschlechtert sich durch den Krieg und es gibt für diese Menschen wenig Perspektiven, auch im Fall eines Sturzes der Taliban. Außerdem besteht die Gefahr einer zumindest regionalen Eskalation des Krieges, in den schnell weitere Atommächten verwickelt werden könnten. Deshalb sind Grüne wie Claudia Roth, die vorgeben, es könne klinisch saubere Schläge gegen die Bin-Laden-Gruppe geben, Trottel oder Heuchler. Aber die Grünen würden auch den Einsatz von Atombomben rechtfertigen — selbstverständlich gewaltfrei und ohne einen Zivilisten zu treffen — um ihre Posten zu behalten.

So bleibt nur, gegen diesen Krieg zu sein und zugleich gegen die Ignoranz, den Antisemitismus und den Antiamerikanismus in den Reihen der Friedensbewegten. Bezeichnend für deren Blindheit ist, dass sich die Proteste auf die US-Bombardements konzentrieren und keine Aktionen gegen den weiteren Ausbau des Repressions- und Überwachungsapparates oder den antiislamischen Rassismus richten. Denn der 11. September 2001 wird insofern die Welt verändern, als die Attentate den Herrschenden als Vorwand dienen, geplante autoritäre Maßnahmen, schnell durchzusetzen. So spricht der US-Städteplaner Peter Marcuse in Bezug auf die USA sogar von einer Faschisierung und meint damit die „Herstellung des autoritären Staates mit formal demokratischen Mitteln“, gestützt unter anderem auf homogenisierte Massenmedien. [7]

Der so genannte Krieg gegen den Terror richtet sich in den Metropolen auch gegen die linke Opposition und die Antiglobalisierungsbewegung und in Trikont-Staaten wie Kolumbien gegen linke Guerillabewegungen. Notwendig wäre in der Bundesrepublik eine Kampagne, personell zugespitzt auf bestimmte Personen wie Kriegsminister Rudolf Scharping, Außenminister Josef Fischer oder Innenminister Otto Schily, den Schreibtischtäter, der sich weigert die Schutzkonvention für Flüchtlingskinder zu unterzeichnen und der eine neue Gestapo aufbaut.

Es gilt als Linke, die Marginalität auszuhalten, nicht der binären Logik (Der-Feind-meines-Feindes-ist-mein-Freund oder Anpassung an die Zivilgesellschaft) zu verfallen und sich in die so genannte Antiglobalisierungsbewegung einzumischen. Sollten Imperialismus und Gotteskrieger irgendwann wieder kooperieren, wäre dies ein Zeichen dafür, dass die Linke in der Offensive ist.

[1Die PDPA war intern in zwei Fraktionen gespalten. Nach bewaffneten Auseinandersetzungen im Herbst und Winter 1979 gelangte die moskau-orientierte Parcham-Fraktion an die Macht, unterstützt von sowjetischen Truppen. Die Landreform wurde gestoppt und Zugeständnisse an den Islam gemacht.

[2zit. bei Norm Dixon, Wie der CIA Osama bin Laden schuf, in: Green Left Weekly, Nr.465, 26.9.2001

[3vgl. Dixon, Wie der CIA Osama bin Laden schuf, a.a.O.

[4zit. bei Christoph Spehr, Afghanistan und die arabische Erfahrung, in: alaska, Heft 237, 2001, S.17

[5zit. Rainer Trampert, Die Tragödie als günstige Gelegenheit, jungle World, Nr.42, 10.10.2001, Disko Extra

[6vgl. Süddeutsche Zeitung, Berlin pocht in Washington auf Einfluss, 31.10./1.11.2001

[7vgl. Aufbau, Nr. 21, New York, 11.10.2001

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