Ein Sargnagel für das Komplott
Will Eisner, der 1917 als Kind jüdischer Einwanderer aus Österreich in Brooklyn geboren wurde, hatte mit Comics wie Blackhawk, Sheena, Queen of the Jungle oder The Spirit bedeutenden Anteil an der Entwicklung der US-amerikanischen Comic-Kultur in den 1930er und 1940er Jahren. Seit seinem „Graphic Novel“ A Contract With God, mit dem er 1978 das Genre graphisch und inhaltlich weiterentwickelte, gilt er als einer der ganz großen Comic-Künstler in den USA. Mit seiner Arbeit „Das Komplott“ schloss der im Jänner 2005 verstorbene Zeichner sein Lebenswerk ab. Diese, seine letzte und politischste Arbeit, die sich mit der Entstehung und Rezeption der „Protokolle der Weisen von Zion“ beschäftigt, liegt nun in deutscher Übersetzung und mit einer Einführung von Umberto Eco und einem Nachwort von Eric Bronner vor.
Die Urheberschaft dieses „den Juden“ zugeschriebenen Machwerks, in dem die „finsteren Pläne“ einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung erörtert werden, wurde bereits wenige Jahre nach seiner Entstehung im zaristischen, russischen Geheimdienst vermutet. Erst nach der Öffnung der sowjetischen Archive konnte jedoch der russischer Historiker Michail Lepechin zweifelsfrei nachweisen, dass die „Protokolle“, die im zwanzigsten Jahrhundert in zahllosen Übersetzungen in aller Welt ihren Siegeszug antraten, vom russischen Geheimdienstmitarbeiter Matwej Golowinski 1898 verfasst worden waren. Will Eisner erzählt jedoch nicht nur diese Entstehungsgeschichte des antisemitischen Machwerks nach, sondern auch dessen Rezeption, die trotz aller frühen Aufklärungsversuche, die auf die Fälschung hinwiesen, eine populäre Verbreitung der Hetzschrift in deutschen, französischen, portugiesischen, spanischen, arabischen, englischen, japanischen und anderen Übersetzungen erfuhr.
Will Eisner hat sich — wie er in seinem Vorwort schreibt — mit seiner Arbeit selbst das Ziel gesetzt „dieser Propaganda auf leicht zugängliche Art und Weise offensiv zu begegnen.“ Ob seine Hoffung, dass sein Werk „vielleicht einen weiteren Nagel in den Sarg dieses schrecklichen, vampirähnlichen Betrugs schlagen kann“, aufgehen wird, bleibt angesichts eines zunehmend globalisierten Antisemitismus — der als Ressentiment für rationale Argumente nicht zugänglich ist — abzuwarten.
Will Eisner: Das Komplott. Die Wahre Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion. Deutsche Verlagsanstalt (München, 2005)
