Amelie Lanier, Transformation Osteuropas
Mai
1992
Die Privatisierung in der Tschechoslowakei, Teil I:

„Große“ und „kleine“ Privatisierung

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Der Harvard Fond wurde von Viktor Kožený gegründet, der in Harvard studiert hatte und sich deshalb als Wirtschaftsexperte ausgab. Er versprach den Staatsbürgern der damals noch Tschechoslowakei 100% Gewinn, falls sie ihre – mit Stempelmarke versehenen – Kuponbücher seinem Investmentfond anvertrauen würden. Dieses Versprechen brachte er mit einer Werbekampagne unter die Leute, bei der erstmals alle damals im Westen üblichen Mittel eingesetzt wurden – großflächige Plakate, Einschaltungen in Radio und Fernsehen, Verteilen von Broschüren in den Betrieben selbst, usw.

Das Geld für diesen Werbefeldzug stellte ihm die Regierung in Form eines Kredits zur Verfügung. Kožený war ihr Rettungsanker, um die Privatisierung nicht scheitern lassen, er konnte sich jeder Unterstützung gewiß sein.

Kožený stieg dadurch zu einem der größten Investoren und Unternehmer der Tschechischen Republik auf – alles ohne einen Heller Eigenkapital. Seine undurchsichtigen Machinationen rund um die Privatisierung waren lange kein Thema für Justiz und Medien, solange Václav Klaus Regierungschef war. Nach 1998 mehrten sich jedoch die kritischen Stimmen, um so mehr, als die ganze Privatisierung und ihre unbefriedigenden Ergebnisse ins Visier der Politik gerieten. 2003 wurde in Tschechien ein internationaler Haftbefehl gegen ihn ausgestellt, kurz darauf auch in den USA. Dennoch gelang es ihm bis heute, sich auf den Bahamas einer Auslieferung zu entziehen. Es steht zu vermuten, daß er über zu viele Informationen verfügt, um einen Prozeß in Tschechien – und auch in den USA – wünschenswert erscheinen lassen. (Ergänzung aus dem Jahr 2013)

Erstmals publiziert in: FORVM – österreichische 2-monatlich erscheinende Zeitschrift, 1995 eingestellt. Der Artikel erschien im Mai 1992.

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