ZOOM 2/1996
März
1996

Iranian Connection

In Washington ist wieder ein­mal ein politischer Skandal ge­platzt. US-Präsident Bill Clin­ton, sein Nationaler Sicher­heitsberater Anthony Lake und der stellvertretende Außenmi­nister Strobe Talbott haben ira­nische Waffenlieferungen an die moslemische Regierung [Bosnien-Herzegowinas] via Kroatien toleriert und damit of­fensichtlich einen Bruch des UNO-Waffenembargos still­schweigend sanktioniert. Nicht einmal die CIA war darüber informiert, sodaß der damalige CIA-Chef James Woolsey mit seinen Berichten an das Weiße Haus über eine verdeckte Ope­ration mit einer rein formalen Untersuchung durch Sicher­heitsberater Lake abgeblockt wurde. Ein Plan des Jugoslawienbeauftragten Holbrookes, die iranischen Waffenlieferun­gen durch solche aus Türkei, Ägypten und Saudi-Arabien zu ersetzen, scheiterte an der Angst von Lake und Außenmi­nister Warren Christopher, da­durch die Europäer gegen sich aufzubringen. Die US-amerika­nischen Medien bezweifeln be­reits, ob die nationalen Sicher­heitsbürokratien unter dieser Regierung noch ihren Zweck er­füllen können. Hinzu kommen die Prozesse gegen die At­tentäter des Bombenanschlags auf das World Trade Center, die alle aus den Reihen des afghani­schen Widerstandes kommen — allerdings aus vollkommen ver­schiedenen islamischen Staaten. Die USA haben im Zusammen­hang mit dem Abkommen von Dayton aus Angst vor Anschlä­gen auf die US-Bodentruppen von der bosnischen Regierung verlangt, alle Afghanistanvetera­nen auszuweisen. Diese etwa dreitausend Mudschaheddin, die aus dem afghanischen Jihad kommen, sind militant antiame­rikanisch — viele schon seit der Zeit des Krieges gegen die Sowjetunion. Damals erfuhren sie einerseits militärische und lo­gistische Aufrüstung durch die CIA, andererseits finanzielle und ideologische Verstärkung durch Saudi-Arabien und den Iran. Dazu kamen Absolventen der Al-Azhar-Universität in Kairo, einer Hochburg der Moslembruderschaft. Nach dem Zu­sammenbruch der Sowjetunion zogen sich aber die USA, Saudi-Arabien und Ägypten zurück. Übrig blieb ein infor­melles Netz­werk der Af­ghanistanvete­ranen in Peshawar, welches Untergrund­zellen quer durch die moslemische Welt verbindet und von wo aus an­geblich die letzten Atten­tate gegen die saudiarabi­sche, die ägyp­tische und die amerikanische Regierungen initiiert worden sind. So ist es kein Wunder, daß die US-Medien voll Sorge über den iranischen Einfluß auf die bosnische Regierung und die heimliche Präsenz von Mudschaheddins reagiert. Daß in Westbosnien, wo die Einheiten der Afghanistanveteranen eingesetzt wur­den, bei Mrkonjic Grad Mas­sengräber von bosnischen SerbInnen gefunden wurden, rundet das Bild von einer völli­gen Verwirrung der internatio­nalen politischen Lage und der Verteilung von Gut und Böse nur noch ab.

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