Heft 1-2/2006
Mai
2006

Ist Fußball unislamisch?

Die Aufregung vor allem in konservativen Kreisen war groß, als der als Hardliner verschriene Präsident Achmadinejad ankündigte, dass es in Zukunft auch Frauen erlaubt sein werde, in den Stadien Fußballspiele mitzuverfolgen. Mancher Journalist im Westen mochte darin sogar eine liberale Wende des Erneuerers der islamischen Revolution erkennen. Dass er, nach Protesten der konservativen Kleriker, diese Maßnahme zurücknahm und zur gleichen Zeit die Verschärfung der Kleidervorschriften vorantrieb, damit die Frauen – insbesondere in der Hauptstadt – nicht mehr „wie Prostituierte herumlaufen“, wie viele seiner WählerInnen fordern, widerspricht dieser Sichtweise allerdings. Der Fußball ist in der islamischen Republik in einer schwierigen Situation. Eine Errungenschaft der spirituellen Führer der islamischen Republik ist das Verbot von Frauen in den Stadien, damit diese sich nicht am Anblick „halbnackter“ schwitzender Männerkörper ergötzen können. Somit könnte diese Maßnahme des neuen Präsidenten als populistisches Manöver betrachtet werden, um den innenpolitischen Druck etwas abzuschwächen.

Schließlich ist Fußball für die Kleriker im Iran nicht nur ein moralisches, sondern auch ein sicherheitspolitisches Problem. Fußballspiele sind oft die einzige Möglichkeit, Protest zu äußern, und so kommt es nach Fußballspielen, insbesondere in Teheran, immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Zuletzt geschah dies am 22. April 2006, wo nach einem Spiel dutzende Fahrzeuge von Sicherheitskräften in Flammen aufgingen. Oppositionsgruppen gaben auch bekannt, dass es anlässlich der Fußball WM in Deutschland auch zu Protestaktionen kommen werde. Doch nicht nur die iranische Opposition will die WM für politische Statements nutzen. Auch deutsche Rechtsextreme wollen zu diesem Anlass ihre Solidarität mit Achmadinejad kundtun. Ob auch linke AntiimperialistInnen die Möglichkeit nutzen werden, um für das vermeintliche Recht des iranischen Terrorregimes auf die „friedliche Nutzung der Atomenergie“ einzustehen, ist bis dato unbekannt.

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