Kriegsdienstverweigerer mit türkischem Paß
- Cemal Sinci
Etwa 350.000 türkische Wehrpflichtige haben sich bislang dem Militärdienst und damit dem von der Türkei geführten Krieg gegen Kurdinnen entzogen. Und mehr als 100 türkische Staatsbürger, Türken und Kurden, die im Ausland leben, haben erklärt, sich diesem Krieg zu verweigern. Da Kriegsdienstverweigerung kein Asylgrund ist, droht ihnen in der Regel die Abschiebung. In Deutschland hat Mitte Februar Cemal Sinci öffentlich seine Kriegsdienstverweigerung bekanntgegeben.
Sincis türkischer Paß wurde im Herbst 1997 lediglich um ein halbes Jahr verlängert, um ihn zur Ableistung des Militärdienstes zu zwingen. Die Frankfurter Ausländerbehörde forderte ihn daraufhin auf, bis zum 12. Februar 1998 das Land zu verlassen. Sinci hat daher auch seinen legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland verloren.
Der 30jährige Mitarbeiter des Frankfurt Savaş Karşitlan Dernegi (FSKD), einer Gruppe türkischer und kurdischer Kriegsdienstverweigerer, begründet seine Verweigerung nicht nur mit seinem Gewissen, er versteht sie auch als Mittel gegen die von der Türkei geführten Kriege, insbesondere jenem gegen die Kurdinnen, der bis heute mehr als 30.000 Menschenleben gefordert hat und mehrere Millionen aus ihren Heimatorten vertrieben hat: „Die Kriegsdienstverweigerung ist für mich ein persönlicher Schritt, einen dritten, gewaltfreien Weg zur Lösung der Konflikte aufzuzeigen. Weder der Krieg des türkischen Militärs, noch der Guerillakrieg der PKK können zu einer demokratischen und gerechten Gesellschaft führen.“
Sinci protestiert aber auch gegen die Asylpolitik der westeuropäischen Länder: „Deutschland unterstützt die von der Türkei geführten Kriege massiv durch Waffenlieferungen, aber auch durch die Abschiebung von Wehrdienstentziehern und Kriegsdienstverweigerern. Deutschland liefert damit dem türkischen Militär die Wehrpflichtigen aus, anstatt ihre Entscheidung zur Kriegsdienstverweigerung zu unterstützen. Ich fordere mit dieser öffentlichen Erklärung Deutschland und die westeuropäischen Staaten dazu auf, Kriegsdienstverweigerer aus der Türkei als Asylberechtigte anzuerkennen. Ich werde selbst Asyl beantragen, mit der Absicht, diese Praxis öffentlich zu machen.“
Sinci erklärt sich auch mit dem ersten türkischen Kriegsdienstverweigerer Osman Murat Ülke solidarisch, der seit seiner ersten Verhaftung im Oktober 1996 zu insgesamt 25 Monaten Haft und zur Zahlung von 625.000 türkischen Lira verurteilt wurde, unter anderem wegen „Distanzierung des Volkes zum Militär“.
Zuletzt wurde Osman Murat Ülke am 22. Jänner dieses Jahres vom Militärgericht in Eskişehir wegen Desertion zu zehn Monaten Haft verurteilt, da er zwischen seiner letzten Freilassung im Mai 1997 und seiner Festnahme im Oktober dem Befehl, in Bilecik einzurücken, nicht nachgekommen war. Nach Prozeßende wurde Osman Murat Ülke zur Militäreinheit in Bilecek überführt, wo er neuerlich die militärischen Befehle verweigerte. Er wurde daraufhin nach Eskişehir zurückgebracht, wo ihn nunmehr eine neue Anklage erwartet. Zur Zeit sitzt er dort im Militärgefängnis, ein Ende seiner Strafverfolgung ist nicht in Sicht.
Connection e.V./Offenbach bittet um Protestbriefe an
- Generalstab der türkischen Armee Genelkurmay Başkanltğt
Menekse 2
Sokak No. 16/7
Kızilay — Ankara
Türkei
Fax: 0090-312-418 53 41
und um unterstützende Postkarten oder Briefe an
- Osman Murat Ülke
1. Taktik Hava Kuvvetleri Komutanltğt
Askeri Cezaevi — 3. Koğuş Eskişehir
Türkei
