Heft 2-3/2004
März
2004

Kritik des Stalinismus — Kritik der Stalinismuskritik

1.

„Stalinismus“ war lange Zeit ein Schlagwort im Kalten Krieg der bürgerlichen Ideologen mit dem autoritären Staatsso­zialismus, welches dem Anti­kommunismus einen morali­schen Anstrich verlieh. In den postnazistischen Gesellschaf­ten Österreich und Deutsch­land war der Hass auf den Sta­linismus auch eine Form des Anti-Antifaschismus. An Stalin hasste man nicht seinen Ver­rat an der Revolution, sondern seine Rolle im Großen Vater­ländischen Krieg, also seinen Beitrag zur Niederringung des Nationalsozialismus. Um von den über 20 Millionen von Deutschen und Österreichern dahingemetzelten Sowjetbür­gern nicht reden zu müssen, sprach man vom totalitären System des Stalinismus, das mit seinen Arbeitslagern, die zwar gut zur Faschismus-Vor­stellung der traditionellen Lin­ken passen, aber mit dem Irrationalismus der nationalso­zialistischen Vernichtungsma­schinerie nichts gemein haben, dem NS eng verwandt sei. „Stalinismus“, dieses Schlag­wort ermöglichte es, vom To­talitarismus zu schwadronie­ren, ohne über die Totalität des Kapitals reden zu müssen. Wer aber über Totalitarismus redet, muss von der Totalität der Warengesellschaft spre­chen, in die auch der Realso­zialismus als Staatskapitalis­mus einerseits und als Be­standteil der warenproduzie­renden Weltgesellschaft andererseits eingebettet war. Die bürgerliche Totalitarismus­theorie, über deren Horizont auch George Orwell mit sei­nen Vorstellungen von einem „demokratischen Sozialismus“ nur selten hinauszublicken vermochte, müsste, nach einer Bemerkung von Jürgen Elsäs­ser aus einer Zeit, in der er noch nicht den Einsager für die Israel- und USA-Hasser in der Friedens- und Antigloba­lisierungsbewegung gegeben hat, vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Sozialistische und kommunistische Bestrebungen tendieren gerade dann zur totalen Herrschaft, wenn sie bürgerliche Vergesell­schaftungsformen wie Staat, Nation und Wert adaptieren, also wenn geglaubt wird, man könne diese Vergesellschaf­tungsformen für die eigenen emanzipativen Zwecke dienst­bar machen, wie es etwa im Gerede von der „sozialisti­schen Warenproduktion“ und der „planmäßigen Anwendung des Wertgesetzes“ zum Aus­druck kam. Wie Elsässer vor zehn Jahren richtig bemerkte, tendiert die bürgerliche Ge­sellschaft nicht zum Totalita­rismus, wenn sie kommunisti­sche Elemente in sich auf­nimmt, sondern die sozialis­tisch-kommunistische Gesell­schaft tendiert zum Totalita­rismus, wenn sie bürgerliche Elemente in sich aufnimmt. Mit der Übernahme des wert­verwertungsimmanenten Pro­duktivitätsideals hat der Sozialismus sich die Vorstellung vom Schaffenden einerseits und dieses Schaffen torpedie­renden zersetzenden Kräften andererseits zu eigen gemacht — und damit den Antisemitis­mus geradezu abonniert. Die­ser Antisemitismus resultiert aber nicht aus der kommunis­tischen Kritik im Marxschen Sinne, sondern gerade aus der Ignoranz gegenüber dieser Kritik. Die Linken tendieren nicht deswegen zum Antisemitismus, und sie begegnen Is­rael nicht deswegen mit Hass, Misstrauen oder Indifferenz, weil sie zu radikal wären, son­dern weil sie zu wenig radikal sind.

2.

In der Stalinismuskritik des Filmes Animal Farm, der in den 1950er Jahren zur gleichen Zeit entstand, als in Moskau die Ärzteprozesse stattfanden, bei denen sechs Juden und drei weitere Ange­klagte unter anderem als „Agenten des Zionismus“ un­ter Anklage standen, findet der Antisemitismus keinerlei Beachtung. Animal Farm von John Halas und Joy Batchelor ignoriert in seiner Stalinis­muskritik aber nicht nur den Stellenwert des Antisemitis­mus in den realsozialistischen Gesellschaften. Der Film bleibt über weite Strecken selbst einer Denkart verhaf­tet, die nie und nimmer etwas zu einer Emanzipation wird beitragen können. Es wird nicht einfach Herrschaft kritisiert, sondern die Herrschaft der dekadenten, in Luxus schwelgenden, trinkenden Führungselite wird im Namen des ehrlich arbeitenden, sich in Abstinenz übenden Volkes kritisiert. Unterschwellig rich­tet sich die Kritik gegen den Luxus selbst, der doch das ganze Ziel einer ernsthaften kommunistischen Bestrebung sein müsste. Man stößt sich, ähnlich wie in den heutigen Bewegungen der Sozialneider, nicht daran, dass nicht alle gleichermaßen am Luxus par­tizipieren können, sondern daran, dass es nicht allen gleich schlecht geht. Bei solch einer Denkfigur, welche die stalinistische Vergötterung der schaffenden Arbeit in die Kri­tik am Stalinismus über­nimmt, ist es kein Wunder, dass das antisemitische Ste­reotyp zumindest in dezenter Ausprägung auch bei Animal Farm nicht fehlt. Man denke nur an die Figur des Bempel, ein auf das Geld fixierter, sich nicht um die Allgemeinheit scherender Händler, der mit schlafwandlerischer Sicherheit mit einer Physiognomie aus­gestattet wurde, wie sie Anti­semiten für Juden reserviert haben.

3.

Der Stalinismus hat den Wunsch nach Befreiung von Staat und Kapital zu einer sonderbaren Vorstellung wer­den lassen. Das aber ist kein Grund, von der Kritik zu las­sen. Auch der Film Animal Farm endet ja durchaus opti­mistisch, obwohl offen bleibt, ob das erneute Auflehnen der Unterdrückten gegen die im Schwein Napoleon verkör­perte stalinistische Herrschaft am Ende des Films nun auf die tatsächliche Emanzipati­on zielt oder auf eine libera­le, sozialstaatliche Demokra­tie. Das kann man sich aus­suchen, was wohl einiges zum Erfolg dieses Films beigetra­gen hat. Den im Hintergrund agierenden Produzenten des Films ging es allerdings kei­neswegs um eine Verteidi­gung des Gedankens der ra­dikalen Kritik an Staat und Kapital gegen den Stalinis­mus, sondern um ein Propa­gandainstrument im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion, der in der fünfziger Jahren auch ein Kampf gegen links­liberale Intellektuelle in den USA war. Nach George Orwells Tod bemühte sich die CIA bei der Witwe um die Filmrechte für Animal Farm. Sonia Orwell trat die Rechte unter der Bedingung an den amerikanischen Geheim­dienst ab, einmal Clark Ga­ble treffen zu dürfen. Die CIA beauftragte den sowohl Propaganda- als auch kunst­filmerprobten Produzenten Louis de Rochemont, und der engagierte, nicht zuletzt aus Misstrauen gegenüber den sich im Visier des Kommuni­stenfressers McCarthy befin­denden amerikanischen Film­schaffenden, das britische Paar John Halas und Joy Batchelor. Bis heute ist nicht end­gültig geklärt, ob das gegenü­ber der literarischen Vorlage geänderte Ende im Film dem Wunsch von Halas und Batchelor nach einem optimistischen Ausblick oder der Ein­flussnahme der CIA geschul­det ist. Bemerkenswert und ganz im Sinne der CIA ist je­denfalls, dass beim Filmende die Menschen, die das kapi­talistische System repräsen­tieren, nicht mehr vorkom­men. Orwell schließt mit ei­ner Kritik an den stalinisti­schen Schweinen, die von den kapitalistischen Menschen nicht mehr zu unterscheiden sind. Diese Ununterscheidbarkeit wird im Film lediglich in einer kurzen Sequenz the­matisiert, und der Aufstand findet dann nur mehr gegen den Stalinismus statt. Das ge­fiel den US-amerikanischen Regierungsstellen so gut, dass sie den Film mittels der United States Information Agency auf der ganzen Welt ver­breiten ließen.

4.

Der Stalinismusbegriff dient heute Trotzkisten, Leninisten und verwandten Sozialdemo­kraten zur Abgrenzung. Le­nin und Trotzki auf der einen und Stalin auf der anderen Seite sollen das jeweils ganz Andere gewesen sein. Selbst­verständlich gibt es diese Un­terschiede, auch und gerade, was den Antisemitismus an­geht. Lenins Theorie, insbe­sondere seine Imperialismus­theorie, weist zwar struktu­relle Ähnlichkeiten zum anti­semitischen Weltbild auf, aber — und das sollte man heutzutage durchaus hervor­streichen — keine inhaltlichen. Stalin hingegen hat nicht nur in seinen Kampagnen gegen Kosmopolitismus und Zio­nismus den Antisemitismus als politisches Herrschafts­mittel eingesetzt, sondern war dem antisemitischen Wahn dermaßen verfallen, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach kurz vor seinem Tode die De­portation aller sowjetischen Juden und Jüdinnen nach Si­birien plante. Doch bei allen offensichtlichen Unterschie­den — für seine Kritik auto­ritärer Herrschaft hätte Orwell, der in seiner Buchvorla­ge die Russische Revolution bis 1924 durchgängig ideali­siert, nicht der Erfahrungen aus dem Spanischen Bürger­krieg und der stalinistischen Sowjetunion bedurft. Ein Hinweis auf die bolschewisti­sche Niederschlagung des Kronstädter Aufstands als ein Beispiel von vielen für den Terror gegen die linke Oppo­sition hätte vollauf gereicht. 1921 hatten bekanntlich in Kronstadt, unweit des revo­lutionären Zentrums Petro­grad, Arbeiter und Soldaten einen wie auch immer wider­sprüchlichen, in seiner Ziel­richtung aber eindeutig emanzipativen Aufstand gegen die bolschewistische Herrschaft angezettelt. Sie forderten Din­ge wie Rede- und Pressefrei­heit für „Anarchisten und linkssozialistische Parteien“, einen „neuen sozialistischen Entwurf gegen die Staats­bürokratie“ und „Alle Macht den Räten — nicht den Partei­en“. Lenin und Trotzki ant­worteten auf den Aufstand von etwa 4000 Matrosen mit Denunziationen und einer Streitmacht von 50.000 Mann, die allen linksradika­len Kritikern der Bolschewiki vor Augen führen sollte, wer im neuen Russland das Sagen hat.

5.

Kritik des Stalinismus wirft immer die Gewaltfrage auf. Stalinismuskritik bürgerlicher Provenienz zielt stets nicht nur auf die Gewaltexzesse der nachholenden Akkumulation in der Sowjetunion, sondern auf die Delegitimation von re­volutionärer Gewalt über­haupt — und, vor allem in Österreich und Deutschland, auf die Delegitimation des an­tifaschistischen Befreiungs­kampfes der Roten Armee. Stalin sagte 1931: „In höchs­tens zehn Jahren müssen wir jene Distanz durchlaufen, um die wir hinter den fortge­schrittenen Ländern des Ka­pitalismus zurück sind. Ent­weder bringen wir das zuwe­ge, oder wir werden zer­malmt.“ Die Sowjetunion hat das, gerade durch die Anwen­dung des stalinistischen Ter­rors, zuwege gebracht. Stalin hatte in diesem Punkt recht: Hätten Führung und Bevöl­kerung das nicht geschafft, wären sie von der deutschen Wehrmacht vernichtet wor­den. Gerhard Scheit streicht das Dilemma einer jeden Sta­linismuskritik vor dem Hin­tergrund des Nationalsozialismus heraus, wenn er in Die Meister der Krise schreibt: „Was immer über die alterna­tiven Möglichkeiten zu Stalins Politik diskutiert werden mag — isoliert darf sie nicht be­trachtet werden. Ohne Akku­mulation und Industrialisie­rung hätte Nazideutschland Rußland zermalmt. Indessen sollte die ‚Stalinorgel‘ den deutschen Wehrmachtssolda­ten einen Begriff davon geben, was diese Industrialisierung zu leisten imstande war.“

6.

Eine Kritik an Staat und Ka­pital zum Zwecke der allge­meinen Emanzipation müsste sich heute vor allem gegen den Stalinismus in der Theorie richten. Die Leninschen Dog­men haben in der Form des vom Stalinismus zur Legiti­mationsideologie erhobenen Marxismus-Leninismus, der sehr viel mehr ein Engelsismus als ein Marxismus war, nicht nur Einfluss auf die ML-Linke gehabt. Zwar ist der Marxis­mus-Leninismus schon zu Zei­ten seiner Kanonisierung von Linkskommunisten angegrif­fen und später in der Kriti­schen Theorie in Grund und Boden kritisiert worden. Man denke etwa nur an die Schrif­ten von Räte- und Linkskom­munisten wie Paul Mattick und Willi Huhn oder an Theodor W. Adornos Aus­führungen zur Erkenntnis­theorie. Dennoch scheint der ML heute in der Linken allge­genwärtig zu sein, sei es in Form der barbarischen Parole vom Selbstbestimmungsrecht der Völker, mit der man sich besonders gerne mit den isla­mistischen Nazis von Hamas und Hisbollah verbrüdert; [1] sei es in einer Imperialismusvor­stellung, die von einer Globa­lisierung und Modifizierung der Wertverwertung kaum re­den möchte, aber anti­kommunistischen und antise­mitischen Massenmördern wie Saddam Hussein, mit denen im Vergleich Orwells Diktato­ren wie Humanisten erschei­nen, fest die Treue halten; sei es in Parteiaufbaukonzepten und Avantgardevorstellungen, deren Kritik man heute am liebsten Humoristen und Satirikern überlassen würde; oder sei es in erkenntnistheo­retischen Überlegungen zu ei­ner „Widerspiegelungstheo­rie“, die schon in ihrer Lenin­schen Fassung von der Marx­sehen Kritik der politischen Ökonomie gänzlich unberührt geblieben ist und in ihrer sta­linistischen, ebenso autoritären wie positivistischen Fassung zum Gegenentwurf zur mate­rialistischen Ideologiekritik, zur Kritik des real-abstrakten Fetischismus der kapitalen und staatlichen Vergesell­schaftungsweise geworden ist.

7.

Statt einer Aufnahme der Fe­tischkritik, die bei Marx zu­gleich eine Kritik der strukturellen Verfasstheit der Waren­gesellschaft und des Bewusst­seins der Individuen, die in dieser Gesellschaft leben, ist, und in der gezeigt wird, wie gesellschaftliches Bewusstsein und gesellschaftliches Sein miteinander korrespondieren, sich gegenseitig hervorbringen und bedingen, findet sich bei Lenin mit der Widerspiege­lungstheorie, die dann im ML zur kanonisierten Erkenntnis­theorie avancierte und neben der Lehre von der Naturdia­lektik zum zentralen Bestand­teil des auf Herrschaftslegiti­mation abzielenden Sowjet­marxismus wurde, ein theore­tischer Entwurf, der nicht nur hinter die Marxsche Fetisch­kritik, sondern noch hinter die Hegelsche Logik und Kant zurückfällt, und als vorkantische Ontologie hinreichend gekennzeichnet ist. Die ge­samte Ideologie-, Bewusst­seins- und Erkenntniskritik von Marx schrumpft bei ihm, wie später sowohl Georg Lukács und die Kritische Theorie als auch Gramsci kri­tisiert haben, auf eine der Op­tik entlehnte, mechanistische, eine starre Trennung voraus­setzende Metapher zusam­men. In Lenins Materialismus und Empiriokritizismus heißt es ebenso lapidar wie blöde: „Das gesellschaftliche Bewußtsein widerspiegelt das ge­sellschaftliche Sein — darin be­steht die Lehre von Marx.“ Während für die Widerspie­gelungstheorie das Bewusst­sein einfach nur, wie es bei Le­nin heißt, „das Abbild des Seins, bestenfalls sein annähernd getreues Abbild (ist)“, hat Marx in der Wert- und Fetischkritik sehr viel um­fassender versucht zu thema­tisieren, warum das Bewusst­sein der Subjekte in der wert­förmig konstituierten Waren­gesellschaft falsch ist, warum es notwendig falsch ist und warum es daher zugleich rich­tig ist, warum das Bewusstsein nicht einfach ein Abbild der Wirklichkeit, sondern immer ein verkehrtes und damit als Praxis auch verkehrendes Be­wusstsein ist, ein für die Wa­rensubjekte selbst richtiges Be­wusstsein von einer scheinbar natürlichen, naturgegebenen Gesellschaft, das vor dem Hintergrund der Wertformanalyse und dem Marxschen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ge­knechtetes, verlassenes We­sen ist, als falsches Bewusst­sein von einer falschen Ge­sellschaft dechiffriert werden kann.

Während in der Marx­schen Waren- und Wertform­analyse die Subjekte nur scheinbar abwesend sind, existiert bereits in Lenins Widerspiegelungs- oder Abbild­theorie eine Tendenz zum Objektivismus. Zum vollen­deten Dogma wird diese Ten­denz, Erkenntnis auf eine bloße Verdoppelung der Rea­lität im Bewusstsein herun­terzubringen, bei Stalin, bei dem das Subjekt aus der Theorie endgültig verschwin­det und Bewusstsein — egal ob in der fetischisierten kapi­talistischen Warenproduktion oder im Sozialismus — immer nur ein mehr oder weniger ge­lungenes Nachvollziehen des ohnehin vonstatten gehenden objektiven historisch-gesell­schaftlichen Prozesses ist. Ging es Marx noch darum, dass sich die Menschen von den in der kapitalistischen Gesellschaft als objektive und überhistorische Gegebenhei­ten erscheinenden (wenn auch in der Praxis real existieren­den) ökonomischen Zwängen befreien, postuliert Stalin die Gegebenheit der ökonomi­schen und gesellschaftlichen Gesetze in Parallelität zur Na­turwissenschaft als überge­sellschaftlich, unabhängig von allem menschlichem Handeln und Bewusstsein. Während man die Leninsche Theorie noch als verfälschende Ver­einfachung oder Verflachung der Marxschen Ideologie- und Erkenntniskritik bezeichnen könnte, mutiert die Wider­spiegelungstheorie bei Stalin zum genauen Gegenteil der Marxschen Fetischkritik und ist — um im Jargon der MLer zu bleiben — ein getreues Ab­bild, eine Widerspiegelung des stalinistischen Antihumanismus in der Theorie.

8.

Eine frühe Kritik an Lenins Materialismus und Empirio­kritizismus lieferte der Linkskommunist Anton Pannekoek. Dennoch wäre es falsch zu be­haupten, der westeuropäische Linksradikalismus, wie er von Pannekoek, Herman Gorter, der Gruppe Internationaler Kommunisten und anderen re­präsentiert wurde, hätte sich gerade bei der Rezeption der Marxschen Wert- und Fe­tischkritik vom Leninismus grundlegend unterschieden. Die Differenzen zwischen Linkskommunisten und Bolschewisten lagen vornehmlich auf einer anderen, vor allem praktisch-politischen Ebene. Ausnahmen stellten diesbe­züglich lediglich Karl Korsch oder auch Georg Lukács, der aber nur mit Einschränkun­gen in die linkskommunisti­sche Tradition eingereiht wer­den kann, dar. Auch Rosa Lu­xemburg stand zwar in zahl­reichen Fragen in Opposition zu Lenin und dem Leninis­mus, und ihre Krisentheorie gibt heute sehr viel mehr her als die Leninsche Imperialis­mustheorie, aber auch bei ihr findet sich nur eine sehr tra­ditionalistische Interpretation der Marxschen Wertkritik.

Bei Trotzki findet sich ebenso wie bei Lenin keine Fetischkritik. Anlässlich der Verurteilung der Kronstädter Revolte meinte Trotzki zwar, die Arbeiteropposition sei „mit gefährlichen Parolen her­vorgetreten. Sie hat aus den demokratischen Prinzipien ei­nen Fetisch gemacht.“ Drei Jahre später führte Stalin, nicht zuletzt gegen Trotzki und seine Anhänger gewen­det, aus, „daß die Opposition mit ihrer zügellosen Agitation für die Demokratie, die sie oft zu etwas Absolutem macht und zum Fetisch erhebt, die kleinbürgerliche Elementar­gewalt entfesselt.“ In beiden Fällen wird der Fetisch-Begriff natürlich nicht im Sinne der Marxschen Kritik der politi­schen Ökonomie, sondern im alltagssprachlichen Sinne von Überschätzung und Überbewertung gebraucht. Das gilt auch für Stalins famose Be­hauptung, nach der die Kom­munistische Partei der So­wjetunion frei sei „von einer fetischistischen Einstellung zu ihren Führern“. Sowohl Trotz­ki als auch Stalin ziehen den Fetischbegriff zur Legitimation der Parteidiktatur heran. Ge­rade in bezug auf Stalin kann man Ulrich Erckenbrecht zu­stimmen, der einmal meinte: „Zu dem Prinzip des Führer­fetischismus paßt, daß die Führer selbst wenig vom Fe­tischismus begreifen.“

Auch wenn von einer Fe­tischkritik im Marxschen Sin­ne bei Trotzki keine Rede sein kann, findet sich in Verratene Revolution eine kurze, durch­aus auf eine Rezeption der Marxschen Fetischkritik ver­weisende Notiz. Es handelt sich dabei aber nur um einen kurzen Ausflug in die Wert­kritik, der zudem ähnlich wie die meisten Äußerungen Le­nins zur Marxschen Feti­schismusanalyse recht ober­flächlich bleibt. Und so ist denn auch der Trotzkismus bis heute eine der am deut­lichsten auf den Klassen­kampf fixierten und eine Hul­digung der Arbeit postulie­renden Richtungen in der Ar­beiterbewegung geblieben.

Der Trotzkismus trifft sich darin mit der klassischen so­zialdemokratischen Theoriebildung etwa eines Franz Mehring, dem neben Karl Kautsky wohl wichtigsten Ver­treter der deutschen marxisti­schen Orthodoxie, der sich später den revolutionären Spartakisten annäherte. Seine Absage an alle „philosophi­schen Hirnwebereien“ gilt als symptomatisch für einen Mar­xismus, der die erkenntnis- und bewusstseinskritischen Implikationen der Marxschen Fetisch- und Wertkritik nie reflektiert hat und daher in den Bewusstseinsformen der Sub­jekte in der Warengesellschaft nur ein aus der ökonomischen Basis abgeleitetes Phänomen sah, das kaum einer eigenen Untersuchung wert sei.

Sowohl der Leninismus als auch die Sozialdemokratie wa­ren gezwungen, die Fetischis­muskritik und damit auch die Ideologiekritik im Marxschen Werk zu ignorieren. Dem Le­ninismus wäre die Legitima­tionsideologie für sein repres­sives, mit der Waren- und Geldlogik keineswegs konse­quent brechendes Herr­schaftssystem abhanden ge­kommen. Der Sozialdemo­kratie hätte bei einer ernst­haften Auseinandersetzung mit der Marxschen Wert- und Fetischkritik bewusst werden müssen, dass ihre Politik wie auch ihre Zielvorstellungen mit der Gesellschaftskritik von Marx, auf den man sich im sozialdemokratischen Mi­lieu damals noch beziehen musste, nicht viel gemein ha­ben. Statt Ideologiekritik zu praktizieren haben daher Leninisten wie Sozialdemokra­ten, der dogmatische Marxis­mus wie der Revisionismus, die Orthodoxie wie die ver­meintliche Häresie die eigene Theorie zur Ideologie erho­ben. Die ausschließlich nega­tive Konnotation des Ideolo­giebegriffs ist damit verloren­gegangen und viele Linke wollen noch heute im „ideo­logischen Kampf“ „ihre Ideo­logie“ gegen die bürgerliche durchsetzen. Die bürgerliche Ideologie wird dabei nicht mehr wie noch bei Marx in der Kritik der politischen Ökonomie als notwendig falsches Bewusstsein verstan­den, sondern nur mehr als Schein, als Betrug, als bewusst eingesetztes Herrschaftsmit­tel, als Manipulationsinstru­ment „der Herrschenden“ ge­gen „die Beherrschten“.

Marx hat mit seiner Wert­analyse, mit seiner Kritik des Fetischismus und der Verdinglichung eindrücklich nachgewiesen, dass die Inte­gration der Arbeit in das Kapitalverhältnis bereits im Be­griff des Kapitals angelegt ist. Zugleich hat er, wenn auch mit einigen Brüchen, an seiner schon vor der Kritik der poli­tischen Ökonomie entwickel­ten Theorie der proletarischen Revolution weitgehend fest­gehalten. Grundlage dieses festen Glaubens war unter an­derem eine wie auch immer widersprüchliche Konstrukti­on oder auch Übernahme ei­ner Ontologie der Arbeit. Gerade diese Arbeitsontologie, die bei Marx selbst noch durch eine Kritik der Arbeit und eine Kritik eines überhis­torischen Arbeitsbegriffs kon­terkariert wird, wurde vom traditionellen Marxismus, von Engels über Hilferding, von Lenin bis Mehring, von der Sozialdemokratie bis zum Sta­linismus übernommen, wo­hingegen die Wertformanalyse und die Fetischkritik weitge­hend ignoriert wurden. Diese Ignoranz, diese Depotenzierung der Marxschen Theorie, die Beraubung dieser Theorie um ihren kritischen Stachel, der sich nicht gegen die Kapi­talistenklasse, sondern gegen Klassen überhaupt, nicht ge­gen das Kapital im Namen der Arbeit, sondern gegen Kapi­tal und Arbeit als Ausdruck des Wertverhältnisses, nicht gegen bestimmte Erschei­nungsformen der kapitalisti­schen Konkurrenz wie die bei Lenin im Zentrum der Kritik stehenden Monopole, sondern gegen die warenförmige Grundstruktur der bürgerli­chen Gesellschaft richtete, die­ser historische Angriff auf die Marxsche Kritik des Kapitals ist selbst ein Hinweis auf die Richtigkeit der Marxschen Kritik. Soll die bürgerliche Ge­sellschaft aus dem Wert- und Kapitalbegriff heraus begrif­fen werden, so muss auch die Entwicklung der Kritik dieser Gesellschaft mit dem Wert- und Kapitalbegriff in Zusam­menhang gebracht werden. Es wäre eine materialistische Erklärung der Fehlentwicklun­gen des Materialismus not­wendig, die zeigen müsste, dass diese Fehlentwicklungen aus dem Gegenstand der Kri­tik des Materialismus selbst re­sultieren und daher auch keine Fehlentwicklungen im Sinne von relativ zufälligen Irrtü­mern sind. Das, was die Ar­beiterbewegung in den mei­sten ihrer Ausprägungen nach Marx zu bieten hatte, war kein einfaches Missverständnis der Marxschen Kritik, auch wenn dieses Missverständnis viel­leicht die Voraussetzung dafür war, sondern die Ratifizierung dessen, was im Begriff des Ka­pitals bereits angelegt war, von der arbeitsmetaphysischen Seele in Marx Brust, wie Ste­fan Breuer bemerkt, „jedoch stets wieder zugunsten einer Ontologie der Arbeit zurückgenommen wurde: daß der Kapitalismus zwar das Prole­tariat produzierte, aber eben auch sein Proletariat, das noch dort, wo es sich scheinbar ge­gen das Wertverhältnis wand­te, nur zu dessen Universalisierung beitrug.“

9.

Was bedeutet es heute, wenn die Deutschen von einer Emanzipation von Staat und Kapital nichts wissen wollen, aber Karl Marx laut ZDF-Umfrage für einen ihrer „Besten“ halten? Eine Kritik, die Marx ernst nimmt und also die Be­freiung vom Staat statt durch den Staat, die Abschaffung von Arbeit, Geld und Kapital, von Warentausch und repres­siver Gleichheit fordert und sich mit Marx gegen jede ressentimentgeladene Kritik rich­tet, die sich stets, wie es in den Theorien über den Mehrwert heißt, nur gegen das Kapital in „seiner wunderlichsten und zugleich der populärsten Vor­stellung nächsten Gestalt“ wendet, hat bei den Deut­schen keine Chance. Ein Mar­xismus aber, der mit den Parolen „Die Arbeit hoch!“, „Geld gerecht verteilen!“ und „Staat statt Markt!“ hinrei­chend charakterisiert ist, ver­schafft Marx einen Platz un­ter den deutschen Top Ten gleich neben Martin Luther und Konrad Adenauer. Während bei den deutschen Otto Normalvergasern solch ein sozialdemokratisch-christ­licher Reformmarxismus samt seiner antisemitischen und fa­schistischen Implikationen hoch im Kurs steht, setzt die Linke zunehmend wieder auf dessen radikalisierte Variante: den Leninismus samt eines als konsequente „Interessenpoli­tik“ ausgegebenen Klassen­kampfs. Damit wird man über einen staatsfetischistischen Ju­ristensozialismus ebensowenig hinauskommen wie über die diversen Ausprägungen eines wert-, geld- und preisidealisti­schen Mathematikersozialis­mus, der nie auf die Abschaf­fung einer Ökonomie zielt, die auf der Wertförmigkeit der Arbeitsprodukte beruht. Der Kommunismus wäre aber nicht eine revolutionierte Berechnungs- und Verteilungs­praxis, sondern der Bruch mit der Wertlogik. Es geht ihm nicht um eine Diktatur von Menschen über Menschen, sondern um eine Diktatur des Willens und der Wünsche der Menschen über die sachlich-materiellen Bedingungen ih­res Daseins. Materialistischer Kritik geht es darum, gesellschaftliche Zustände zu schaf­fen, die es den Menschen erst­mals ermöglichen, ihr Leben selbstbewusst, das heißt, jen­seits der Verwertungs- und Herrschaftsimperative von Staat und Kapital zu planen.

Es geht also um die Ab­schaffung der Warengesell­schaft. Wer aber von der Abschaffung der Warengesell­schaft redet, muss die Mög­lichkeit ihrer barbarischen Aufhebung thematisieren. Diesbezüglich kann es nicht mehr um eine Kritik des Stalinismus à la George Orwell gehen. Notwendig ist eine Kritik der heutigen Linken, die sich anschickt, in einem mal ideellen, mal aber auch ganz praktischen Bündnis mit Islamisten und mit den Re­gierungen der Old-Europe-Staaten unter Führung Deutschlands zur Vorhut eben solch einer barbarischen Aufhebung zu werden. [2] Kri­tik an Staat und Kapital hät­te sich heute nicht in erster Li­nie über die Gefahren auto­ritärer Führerpersönlichkei­ten bewusst zu sein (auch wenn man die diversen Möchtegernlenins, -trotzkis und -stalins nicht unterschätzen sollte), sondern über die Ge­fahr eines Antikapitalismus, der von Marx fast gar nichts, von der deutschen Ideologie aber fast alles sich zu eigen ge­macht hat. Der Stalinismus hat den Staatssozialismus für alle Zeiten diskreditiert, nicht aber eine Kritik an Staat und Kapital, die auf den Kommu­nismus im einzig emanzipativen Sinne zielt, also der Herstellung der Möglichkeit indi­viduellen Glücks als absolu­ter Gegensatz zum völkischen Identitätswahn. Schaut man sich die realexistierende Linke heute an, so hat man das Ge­fühl, dass sie von der Kritik der politischen Ökonomie gar nichts, vom Stalinismus und vom nationalen Sozialismus aber jede Menge gelernt hat. Und so übt sie auch keine Kritik, sondern hegt ihre Res­sentiments, die durch einen Film wie Animal Farm eher bedient als destruiert werden. Diese Ressentiments richten sich gegen alles, was auch die Antisemiten hassen, gegen Zi­vilisation und Individualität, gegen Intellektualität, Ab­straktheit, Künstlichkeit und Liberalität, gegen Ausschweifung und Freizügigkeit.

Kritik an Staat und Kapi­tal ist heute so notwendig wie eh und je. Nach den Erfahrungen der letzten hundert Jahre, und nach den Erfah­rungen mit der Linken nach dem antisemitischen Massa­ker vom 11. September erst recht, hat diese Kritik aber be­stimmten Mindestanforde­rungen zu genügen. Diese Mindestanforderungen hat Clemens Nachtmann in dem Sammelband Transformation des Postnazismus auf den Punkt gebracht: „Eine jede Staatskritik wird daran zu messen sein, ob sie mit dem Staat Israel, jener prekären Nothilfemaßnahme gegen die antisemitische Raserei, sich bedingungslos solidarisch er­klärt, was die Solidarität mit dessen bewaffneter Selbstver­teidigung selbstverständlich einschließt. Und jede Kritik am Kapital ist daran zu mes­sen, ob sie, als ihr theoreti­sches Zentrum, dessen nega­tive Selbstaufhebung in mani­fester Barbarei als eine wie­derholbare Konstellation auf den Begriff zu bringen vermag und zum Angelpunkt der Agi­tation macht.“

Literatur:

  • Heinz Ahosch: Trotzki-Chronik. München 1973
  • Theodor W. Adorno: Philosophische Terminologie. Bd. 2, Frank­furt a.M. 1992
  • Stefan Breuer: Die Krise der Revolutionstheorie. Frankfurt a. M. 1977
  • Jürgen Elsässer: Ehrbarer Antisemitismus? In: Wolfgang Schnei­der/Boris Gröndahl (Hg.): Was tun? Über Bedingungen und Möglichkeiten linker Politik und Gesellschaftskritik. Hamburg 1994
  • Ulrich Erckenbrecht: Das Geheimnis des Fetischismus. Frank­furt a. M. - Köln 1976
  • Bodo v. Greiff: Über materialistische Erkenntnistheorie und Emigration. In: Leviathan, Nr. 3, 1986
  • Stephan Grigat: „Bestien in Menschengestalt“. Antisemitismus und Antizionismus in der österreichischen Linken. In: Weg und Ziel, Nr. 2, 1998
  • Michail Heller/Alexander Nekrich: Geschichte der Sowjetuni­on. 2 Bd., Frankfurt a. M. 1985
  • Wladimir I. Lenin: Materialismus und Empiriokritizismus. Werke, Bd. 14, Berlin 1968
  • Marx-Engels-Werke, Berlin 1988ff.
  • Rosa Luxemburg: Gesammelte Werke. Berlin 1990
  • Franz Mehring: Geschichte der deutschen Sozialdemokratie. Berlin 1960
  • Clemens Nachtmann: Krisenbewältigung ohne Ende. In: Step­han Grigat (Hg.): Transformation des Postnazismus. Der deutsch-österreichische Weg zum demokratischen Faschis­mus. Freiburg 2003
  • Oskar Negt: Marxismus als Legitimationswissenschaft. In: Ab- ram Deborin/Nikolai Bucharin: Kontroversen über dialek­tischen und mechanistischen Materialismus. Frankfurt a. M. 1969
  • Anton Pannekoek u. a.: Marxistischer Antileninismus. Frei­burg 1991
  • Gerhard Scheit: Die Meister der Krise. Über den Zusammen­hang von Vernichtung und Volkswohlstand. Freiburg 2001
  • Gerhard Scheit: Suicide Bombing. Über die neuen Formen des Antisemitismus — und ihren Zusammenhang mit den alten. In: Context XXI, Nr. 8/2002-1/2003
  • Josef W. Stalin: Werke. Berlin 1952 ff.
  • Leo Trotzki: Verratene Revolution. Essen 1996
  • Laurence Zuckerman: How the Central Intelligence Agency Played Dirty Tricks With Our Culture. www.commondreams.org/headlines/031800-02.htm

[1Die Formulierung „islamistische Nazis“ führt immer wieder zu empörten Reaktionen und langwierigen Debatten, ähnlich wie die Hinweise auf die nationalsozialistischen Einflüsse auf den Baathismus und Formulierungen wie „Moslem-“ oder „Is­lamfaschisten“. Wie aber nennt man Gruppierungen, die vermeintliche und tatsächliche Abweichler, Kommunisten, eman­zipierte Frauen, Liberale, Homosexuelle und Juden bassen, die Israel zerstören und das Jüdische Prinzip“, alle Juden und ihre als „Gesinnungsjuden“ identifizierten vermeintlichen oder tatsächlichen Unterstützer vernichten wollen, die einem Kult des Todes huldigen, enge Kontakte und freundschaftliche Be­ziehungen zu Nazi-Deutschland unterhalten haben und zu den heutigen Rechtsradikalen unterhalten, „Mein Kampf und die „Protokolle der Weisen von Zion“ als Lektüre schätzen, Al­fred Rosenberg und Fichte verehren und gerne auch mal mit dem Hitlergruß aufmarschieren. Niemand leugnet die offen­kundigen Unterschiede zwischen dem deutschen Nationalso­zialismus an der Macht und der islamistischen sowie panara­bisch-nationalistischen Mobilmachung. Ansonsten würde man ja auch einfach von Nazis und von Faschismus, nicht von „islamistischen Nazis“ und „Faschismus unter trikontinentalen Be­dingungen“ sprechen. Einwände gegen diese Terminologie, die darauf hin weisen, dass doch weder die Taliban noch Hamas, Al Quaida oder Hizbollah über einen industrialisierten und hoch gerüsteten Nationalstaat verfügen, sprechen das Offensichtliche aus und verkennen doch zugleich die aktuellen Ge­fahren im sich globalisierenden Postnazismus, der eine Ver­allgemeinerung des deutschen Krisenlösungsmodells und der deutschen Ideologie impliziert, und in dem sich zum schlanken Staat der Elendsverwaltung die Selbstmordrackets mit ihrem Outsourcing der Vernichtung und der Individualisierung des Fa­schismus gesellen.

[2Ein aktuelles Beispiel für solche gar nicht merkwürdigen Al­lianzen war die Konferenz am Deutschen Orientinstitut in Beirut Mitte Februar, die gemeinsam von der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung und der libanesischen Hishollah-Vorfeldorganisation Consultative Center for Studies and Documentation mit Unterstützung der österreichi­schen Botschaft in Beirut organisiert wurde. Auf der Kon­ferenz sprach auch der Islamist Tariq Ramadan, der noch vor wenigen Monaten einer der Starredner heim Europäi­schen Sozialforum in Paris war.

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