Grundrisse, Nummer 37
März
2011

Lohn für Hausarbeit reloaded

Die Debatte um den Lohn für Hausarbeit und was daraus wurde

Die Verteilung von Haus- und Sorgearbeit ist ein mehr als leidiges Thema. Bis heute ist diese Arbeit zwischen den Geschlechtern nicht egalitär verteilt, vielmehr haben sich neue intrageschlechtliche Arbeitsteilungen nach Klasse und Ethnie gebildet. Schon in den 1970er Jahren stand die Forderung der neuen Frauenbewegung nach Lohn für Hausarbeit auf der Agenda. Anders als das Schlagwort vermuten ließe, war das zentrale Anliegen aber nicht eine Geldleistung für Hausfrauen, sondern vielmehr die Politisierung der Arbeitsteilung und der geschlechtsspezifischen Zuweisung der privaten, unbezahlten Sorgearbeit an Frauen – Stichwort „Das Private ist politisch“. Politisches Ziel der ursprünglich linken Forderung [1] war letztendlich, die Überwindung der Arbeitsteilung der Geschlechter durch die Vergesellschaftung der Haus- und Sorgearbeit zu erreichen. Allerdings war dieses Ziel durchaus umstritten. Es gab auch Strömungen, die die Aufwertung der Hausarbeit im Verhältnis zur Erwerbsarbeit durch die tatsächliche Bezahlung eines Lohnes forderten, während GegnerInnen das mit der Begründung der Gefahr der Zementierung der geschlechterhierarchischen Arbeitsteilung ablehnten. In den 1980er Jahren verlief sich die Forderung nach Anerkennung der Hausarbeit tendenziell. In das differenztheoretische Paradigma hatte sie noch eher gepasst, weniger jedoch in das dekonstruktivistische Gender-Konzept, das seit den 1990er Jahren hegemonial wurde. Die Frauenbewegung und -forschung wandte sich von ökonomischen Problemen ab und eher Identitätsfragen zu oder, wie Nancy Fraser den Wandel benannte, von der „Umverteilung zur Anerkennung“ (Fraser 2001). Brigitte Young kritisierte:

Bereits in den 80er Jahren wurde in der PROKLA 50 ‚Marx und der Marxismus‘ (März 1983) auch über ‚Hausarbeit‘ diskutiert, ein Konzept, das die Verengung des männlichen Arbeitsbegriffs auf lohnabhängige Erwerbsarbeit und seine Erweiterung auf die reproduktive Arbeit der Frauen in der Haushalt- und Subsistenzproduktion thematisierte. Diese durchaus fruchtbare Diskussion, die heute als ‚Hausarbeitsdebatte‘ in die Literatur eingegangen ist, wurde bald zum vergessenen Stiefkind beiderlei Geschlechts. Die männlichen Genossen waren keineswegs geneigt, in der Reproduktionsarbeit einen Gegenbegriff zur männlichen Lohnarbeit zu akzeptieren. Die neue feministische Generation wiederum hat sich dem Poststrukturalismus zugewandt und den Materialismus auf dem Altar der symbolischen und diskursiven Ordnung geopfert.

(Young 1998, 2)

Nichtsdestotrotz wurde im Laufe der 1990er Jahre die Frage der Bezahlung der Sorgearbeit unter anderen Prämissen wieder aktuell. Für die Bezahlung der Hausarbeit machten sich nun konservative und neoliberale Kräfte stark und verlangten Wahlfreiheit im Sinne von Privatisierungs- und Ökonomisierungsbestrebungen. Personen mit Sorgepflichten sollten frei entscheiden können, ob sie erwerbstätig sein oder sich der Haus- und Sorgearbeit widmen wollten. Diesem Paradigma entsprach auch die Tendenz zur Monetarisierung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen. Transferleistungen sollten dazu verhelfen, Sorgearbeit selbst erbringen zu können („zu Hause bleiben zu können“) oder aber entsprechende Dienste auf dem Markt zuzukaufen. Nicht zuletzt sollten so Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Auslagerung oder Vermarktlichung von haushaltsnahen Dienstleistungen und Sorgearbeit wurde einerseits als Vereinbarkeitsnotwendigkeit und Bedingung der Erwerbstätigkeit von Frauen thematisiert, zum anderen wurden beschäftigungspolitische Argumente für eine Vermarktlichung der Sorgearbeit ins Feld geführt. Haushaltsarbeit, insbesondere Pflege- und Betreuungsleistungen, sei ein expandierender Zukunftsarbeitsmarkt mit großem Beschäftigungspotential (Badelt 1997, 10f). Das Pflegegeld bewirkte einen Ausbau der mobilen Dienste und eine beachtliche Beschäftigungsexpansion, allerdings förderte es auch die irreguläre Pflege. Ingrid Mairhuber spricht von einer impliziten Institutionalisierung der Schwarzarbeit durch das Pflegegeld (Mairhuber 2000, 180).

Zugleich wurde seit den 1990er Jahren (Einführung des Pflegegeldes 1994) und noch verstärkt mit der rechtskonservativen Wende im Jahr 2000 die familiäre Erbringung von Sorgeleistungen angesichts der sich verknappenden Mittel des Sozialstaates sowie des abnehmenden Potentials an familiärer unbezahlter Arbeit gefördert. Zudem sollten Eigeninitiative und Unternehmertum im Haushalt Einzug halten. So sah das Regierungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Regierung vor, das „Unternehmen Haushalt“ zu fördern (Österreich neu regieren, Regierungsprogramm für die XXI. Gesetzgebungsperiode 2000, 33; vgl. Schlager 2000). Reguläre Arbeitsplätze wurden tatsächlich kaum geschaffen, realisiert wurden lediglich der Dienstleistungsscheck und die Liberalisierung der Au-Pair-Regelung. Das Pflegegeld beförderte nicht zuletzt die Herausbildung eines florierenden irregulären Pflegearbeitsmarktes. Angesichts steigender Arbeitslosigkeit und öffentlicher Budgetrestriktionen wurde der informelle (intermediäre) Sektor auch als Ort der Verwertung „überzähliger Arbeitskräfte“ (Castel 2000) politisiert. Neo-kommunitaristischen Ideen zufolge sollten freigesetzte Arbeitskräfte in ihrer nunmehr freien Zeit unbezahlte Freiwilligenarbeit (Ehrenamt) leisten (vgl. Bürgergesellschaft, Zivilgesellschaft) oder aber Sozialleistungen nur mehr im Austausch gegen Arbeit erhalten (Workfare, vgl. Jessop 1993). [2]

In vielen europäischen Wohlfahrtsstaaten wurden in den 1990er Jahren vermehrt Geldleistungen, die Haus- und Sorgearbeit entgelten sollen, eingeführt, insbesondere auch angesichts des demographischen Wandels im Bereich der Altenpflege. Gemessen am ursprünglichen Ziel der Überwindung der geschlechterhierarchischen Arbeitsteilung können diese Geldleistungen aber nicht als politischer Erfolg im Sinne der Frauenbewegung verbucht werden. Besonders in Österreich können die Transferleistungen im Vergleich zu Erwerbseinkommen höchstens als symbolische Anerkennung bezeichnet werden. Solange die Höhe staatlicher Transferzahlungen für Haus- und Sorgearbeit weit unter den auf dem Markt erzielbaren Einkommen liegt und die soziale Anerkennung nicht gleichwertig der Erwerbsarbeit auf dem Markt ist, wird, bewahrheitet sich letztlich die Kritik am Lohn-für-Hausarbeit-Modell, die geschlechterhierarchische Arbeitsteilung werde zementiert. Die gestiegene Erwerbstätigkeit von Frauen bewirkte keine Gleichverteilung der Hausarbeit zwischen den Geschlechtern. Haushalts- und Sorgearbeit verlagerte sich zum Teil in den Markt, und zwar weniger in den formellen, sondern primär in den informellen und irregulären Markt. Dem Vorschub leisteten gerade Tendenzen der Monetarisierung und Ökonomisierung von Sozialleistungen in europäischen Wohlfahrtsstaaten.

Die Bekämpfung irregulärer Beschäftigung im Privathaushalt sowie die Ermöglichung und Legalisierung von regulären Arbeitsverhältnissen fanden als beschäftigungs- und sozialpolitische Problemstellung der Schaffung von regulären Arbeitsplätzen im Privathaushalt in Österreich jedoch nur am Rande Beachtung. Das größte öffentliche Aufsehen erregte noch die Debatte um die so genannte 24-Stunden-Pflege. Es ging dabei um die „Legalisierung“ der privaten Beschäftigung von Pflege- und Betreuungskräften, vornehmlich aus Mittelosteuropa. Das politische Interesse richtet sich dabei primär auf die InanspruchnehmerInnen dieser Dienste. Sie sollten nicht „kriminalisiert“ werden und vor Anzeigen, Verwaltungsstrafen und Nachzahlungen an die Pflegekräfte, die ihnen aus einem regulären Arbeitsverhältnis erwachsen wären, geschützt werden. Durch die „Legalisierung“ wurde die Beschäftigung von 24-Stunden-Betreuungskräften als Gewerbetreibende rechtlich ermöglicht, was bedingte, dass zum einen arbeitsrechtliche Bestimmungen nicht eingehalten werden müssen, zum anderen die gängige Bezahlung eines Tagelohns von durchschnittlich 50 Euro legal wurde. Damit wurde also ein besonderes Segment für ausländische Arbeitskräfte geschaffen.

Migration und Hausarbeit

Wenngleich die Arbeitsmigration von Frauen in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark zunahm, ist sie keineswegs ein so neues Phänomen. [3] Vielmehr blieb sie bislang eher ein blinder Fleck in der Migrationsforschung und der politischen Gestaltung. Der Blick sowohl der Forschung als auch der Migrations- und Einwanderungspolitiken ist bis heute ein androzentrischer. In den aktuellen politischen Debatten um einen notwendigen Zuzug von Arbeitskräften und die Regulierung des Arbeitsmarktzuganges geht es vor allem um hoch qualifizierte Arbeitskräfte (vgl. EU-Debatte um die Blue Card 2008; Cerna 2008). Dabei stellte selbst der letzte OECD International Migration Outlook fest, dass der Bedarf an niedrig qualifizierten Arbeitskräften in den Ländern der OECD aufgrund der Alterung steige (OECD 2008). Saskia Sassen verweist auf die Angewiesenheit der Global Cities – der Zentren der Organisation und Steuerung der globalen Ökonomie – auf gering qualifizierte Arbeit, die zu einem großen Teil zugewanderte Arbeitskräfte aus den Ländern der Peripherien leisten. Das dominante Narrativ der Globalisierung stellt Mobilität, die Überwindung von Distanzen und der Ortsgebundenheit des Kapitals sowie der Arbeitskräfte in den Vordergrund und lässt die örtlich gebundene, lokale Ökonomie aus dem Blick geraten, die aber als Grundlage der globalen Ökonomie unverzichtbar ist. [4] In den Gobal Cities arbeiten nicht nur hoch qualifizierte und hoch bezahlte ManagerInnen und Fachkräfte, sondern auch eine stetig wachsende Zahl von ArbeiterInnen und DienstleisterInnen, die die Grundlagen und Infrastrukturen der Global Cities und damit der globalen Ökonomie produzieren und aufrechterhalten. Die Attraktivität der Global Cities zieht immer mehr Menschen an, sodass die lokale Ökonomie ständig wächst und einen steigenden Bedarf an billigen, gering qualifizierten Arbeitskräften produziert. Um die Löhne niedrig zu halten, werden die Tätigkeiten und Berufe in den Zentren zunehmend informalisiert und entprofessionalisiert (Sassen 2002, 254f). In den urbanen Wohngebieten der Eliten etablieren sich „professional households without wifes“, Haushalte ohne Hausfrauen, die hohe Ansprüche stellen und auch auf ein Familienleben nicht verzichten wollen: „Urban professionals want it all, including dogs and children, whether or not they have the time to care for them.“ (Sassen 2002, 258) Der steigende Bedarf an Haushaltsdienstleistungen und Sorgearbeit wird vor allem von informell beschäftigten MigrantInnen gedeckt (vgl. OECD 2008; Caixeta et al. 2004, 22f).

Die bezahlte Haushaltsarbeit spielt nicht nur für die wirtschaftliche Entwicklung der Global Cities – der reichen Zentren – und damit für die gesamte Wirtschaftsentwicklung eine wesentliche Rolle, sondern auch für die Integration von Frauen in den formellen und informellen Arbeitsmarkt. Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Lohndifferenz zwischen BeschäftigerIn und HaushaltsarbeiterIn. [5] Wie die niedrig qualifizierte, ortsgebundene Arbeit im Vergleich zur hoch spezialisierten, flexiblen Arbeit durch die Ausblendung zusätzlich abgewertet wird, verstärkt sich die Abwertung auch auf der Ebene der privaten Arbeit des Haushaltes und schafft eine neue intrageschlechtliche, hierarchische Arbeitsteilung. Young spricht von der Schaffung von zwei „Kategorien von Frauen“: „Auf der einen Seite steht die ‚Herrin‘ und auf der anderen Seite die ‚Magd‘, getrennt durch unterschiedliche Ethnie, Klasse und nationale Zugehörigkeit.“ (Young 1999, 2) Während die berufliche Integration von Mittelklasse-Frauen in den Arbeitsmarkt zu mehr Gleichstellung in der Geschlechterhierarchie beitrage, führe die bezahlte Reproduktionsarbeit im Haushalt zu sozialer Differenzierung, so Young (1999, 3f). Doch eine Viktimisierung der HaushaltsarbeiterInnen erscheint zu einseitig. Zwar spalten Deregulierungs- und Informalisierungstendenzen die Arbeitsmärkte, prekäre Arbeitsmarktsegmente entstehen durch die Auslagerung der Hausarbeit, zugleich bedeuten diese Entwicklungen jedoch Chancen und neue Möglichkeiten für Menschen, die bislang nicht am Erwerbsarbeitsmarkt partizipieren konnten. Die Transformation von unbezahlter in bezahlte Arbeit ermöglicht es nicht nur Frauen, am Erwerbsleben teilzuhaben, indem sie nunmehr auf informelle und daher kostengünstige Strukturen zurückgreifen können, die sie von der Reproduktionsarbeit befreien, sie bietet auch den Care-ArbeiterInnen immerhin die Möglichkeit, einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Für niedrig Qualifizierte eröffnen sich neue Jobchancen. Sassen weist auch auf das Potential dieser Entwicklung hin, das hierarchische Geschlechterverhältnis aufzubrechen und – insbesondere für MigrantInnen, die aus patriarchalen Gesellschaftsstrukturen kommen – ein höheres Maß an Autonomie zu erlangen (Empowerment). Mit wachsender Zahl der MigrantInnen steige zudem ihre öffentliche Partizipation, sie übernähmen eine aktive soziale Rolle. Gerade Frauen hätten ein Interesse an öffentlichen und sozialen Diensten (z.B. Kinderbetreuung, Schulen), das sie im Namen ihrer Familien artikulieren. Sie könnten zu kraftvollen und sichtbaren AkteurInnen auf dem Arbeitsmarkt und in der Öffentlichkeit werden (Sassen 2002, 259f).

Die Herstellung von Ausgeschlossenen und Überflüssigen

Im Einwanderungsdiskurs Europas wird Migration seit den 1990er Jahren vor allem als Bedrohung abgehandelt (vgl. Sassen 2000, 13). Das Heraufbeschwören einer Bedrohung und die Abschottung der Arbeitsmärkte sind dabei durchaus funktional im Sinne der Aufrechterhaltung eines Regimes der Illegalisierung von Arbeitskräften und ihrer Exklusion von regulären Arbeitsmärkten sowie der Schaffung eines billigen Arbeitskräftereservoirs, das als Druck auf regulär Beschäftigte wirkt (vgl. Schierup et al. 2006, 41f, 104). Die Ausblendung der gering qualifizierten Arbeit folgt einem ähnlichen Muster wie jene der Frauenmigration und Frauenarbeit. Die Negation oder Unsichtbarmachung des Bedarfs an niedrig qualifizierter Arbeit hat den Effekt einer zusätzlichen Abwertung der Arbeit. Robert Castel zeigt, dass Unternehmen aufgrund des Anpassungsdruckes an den technologischen Fortschritt dazu tendieren, überqualifizierte Arbeitskräfte einzusetzen (z.B. auf Praktikumsplätzen). Damit besetzen die Überqualifizierten jene Arbeitsplätze, für die auch ein niedrigeres Qualifikationsniveau ausreichend wäre, was zu Arbeitslosigkeit und Entwertung der Qualifikation der Geringerqualifizierten führt. Reagiert wird darauf mit ständiger Höher- und Weiterqualifizierung, was zwar demokratiepolitisch begrüßenswert sei, allerdings auch problematisch, weil jene, die nicht qualifizierbar sind, die eine mangelnde Beschäftigungsfähigkeit aufweisen, auf der Strecke bleiben und zu „Überflüssigen“ oder „Überzähligen“ werden (Castel 2000, 348f). Betrachtet man nun die migrantischen HaushaltsarbeiterInnen, die zum Teil weit überqualifiziert, z.B. als ÄrztInnen oder akademische Pflegekräfte, Arbeiten auf sehr niedrigem Qualifikationsniveau verrichten, so spiegelt sich die Logik, die Castel aufzeigt, im internationalen Maßstab und in Bereichen, in denen unbezahlte Arbeit zu bezahlter Arbeit wird, wider. Die Behauptung, MigrantInnen seien entweder überflüssig – die niedrig Qualifizierten – oder eine Bedrohung für inländische ArbeitnehmerInnen – die Qualifizierten –, legitimiert Illegalisierungspolitiken, produziert ein billiges, rechtloses Arbeitskräftepotential, vergrößert aber zugleich das Heer der Überzähligen. Die hoch Qualifizierten, „die immer schneller sind“, besetzen auch im internationalen Migrationsraum jene Arbeitsplätze, für die die inländischen Arbeitskräfte gerade noch ausreichend qualifiziert wären. „Die Geringerqualifizierten treffen stets zu spät am Kriegsschauplatz ein, wenn sich zwischenzeitlich das allgemeine Bildungsniveau gehoben hat.“ (Castel 2000, 353) Die Qualifizierung der inländischen Arbeitskräfte verteuert diese zudem auch noch und macht ihren Einsatz unflexibel und bürokratisch, sie haben also einen doppelten Wettbewerbsnachteil.

Wandel von Arbeit und Arbeitsverhältnissen und das besondere Arbeitsvermögen der Frauen

Der Postindustrialismus (Postfordismus) ist auch gekennzeichnet von einem Wandel der Arbeitsorganisation. Arbeit wird in zeitlicher und örtlicher Hinsicht flexibilisiert, subjektiviert und vorgeblich enthierarchisiert. Die Anforderungen an ArbeitnehmerInnen verändern sich: soziale Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit, Empathie etc., also Fähigkeiten (soft skills), die bislang vor allem Frauen als weibliches Arbeitsvermögen zugeschrieben wurden, sind nicht mehr nur im Dienstleistungssektor gefordert, sondern gelten in den netzwerkartig organisierten Arbeitswelten als maßgeblich (vgl. Hochschild 1990; Rose 2000; Hardt/Negri 2003). Zum einen ist daher von der Feminisierung der Arbeit die Rede, zum anderen wird die Neuorganisation der Arbeit mit Demokratisierung und Enthierarchisierung der Arbeitswelt in Zusammenhang gebracht. Der Arbeitsplatz sei nicht mehr ausschließlich der Ort, an dem Entbehrungen in Kauf genommen werden, um einen Lohn zu erhalten, sondern wird zum Ort der Selbstverwirklichung (Rose 2000, 18). Mehr Autonomie und Subjektivierung (Einsatz der ganzen Person) bedarf aber auch mehr an Selbstdisziplinierung, Selbstregierung und Selbstoptimierung in zunehmend informalisierten und entgrenzten Arbeitswelten (vgl. „das unternehmerische Selbst“, Rose 2000). ArbeitnehmerInnen werden zu UnternehmerInnen ihrer selbst, zu ArbeitskraftunternehmerInnen (Pongratz/Voß 2001). Hardt/Negri bezeichnen die ökonomische Postmodernisierung als Informatisierung der Produktion. Die immaterielle Arbeit werde hegemonial. Während im Fordismus die materielle Arbeit als industrielle Fabrikarbeit im Zentrum stand, seien es nun die Produkte oder Waren der immateriellen Arbeit: Wissen, Kommunikation, Gefühle und Beziehungen (affektive Arbeit). Die materielle Arbeit sei nicht mehr deutlich von der immateriellen zu unterscheiden, ebenso wenig die produktive von der reproduktiven (Hardt/Negri 2003, 295f). Auch Hardt/Negri betonen den Aspekt der „Selbstverwertung“: Interaktion und Kooperation werden nicht mehr von außen aufgezwungen, sondern sind der Arbeit vollkommen immanent. Darin liege das Potential für „eine Art spontanen und elementaren Kommunismus“, denn die ProduzentInnen seien nicht mehr notwendigerweise auf das Kapital angewiesen. „Heute haben Produktivität, Reichtum und das Schaffen eines gesellschaftlichen Surplus die Form der kooperativen Interaktion angenommen, die sich sprachlicher, kommunikativer und affektiver Netzwerke bedient.“ (Hardt/Negri 2003, 305) Die affektive Arbeit nehme, wenngleich sie nie völlig außerhalb des kapitalistischen Verwertungsprozesses gestanden habe, nun eine vorrangige Rolle ein: „Die affektive Arbeit ist heute nicht nur direkt produktiv für das Kapital, mehr noch, sie bildet die Spitze in der Hierarchie der Arbeitsformen.“ (Hardt 2002) Robert Foltin verdeutlicht die Verschiebung der unbezahlten Arbeit bzw. der affektiven Arbeit ins Kapitalverhältnis:

Es ist klar, dass es diese affektive Arbeit immer gegeben hat, aber außerhalb des Ausbeutungsverhältnisses durch das Kapital und daher ‚wertlos‘. Der Kapitalismus profitierte vorher nur indirekt davon, als diese Bedürfnisse in Institutionen wie in den Familien oder im Kunstbetrieb befriedigt wurden. Jetzt ist die Produktion von Affekten direkt zum Produkt, zur Ware geworden. Das wäre tatsächlich in dem Sinn zu interpretieren, dass das Patriarchat zu Ende ist, insofern als der Kapitalismus jetzt identisch mit dem Patriarchat ist. Natürlich ist klar, dass der Zerfall der Familie die geschlechtliche Ungleichverteilung der Arbeit, der Einkommen etc. nicht beendet hat, sondern sie nur ins Kapital verschoben wurde. Eine Revolution bleibt notwendig und sie kann nur von der affektiven Arbeit her gedacht werden, sie muss feministisch sein.

(Foltin 2002)

Reproduktive Arbeit als immaterielle, affektive Arbeit, als Produktion von Affekten, Subjektivität, Gesellschaft und letztlich als biopolitische Produktion von Leben und Bevölkerung steht an der Spitze des Produktionsprozesses, die Unterscheidung zwischen Produktion und Reproduktion wird hinfällig. [6] Obwohl Hardt/Negri explizit auf die reproduktive Arbeit eingehen und ihr eine so hervorragende Stellung in der informationellen Ökonomie einräumen, fand das Konzept in der feministischen Forschung relativ wenig Resonanz. Möglicherweise haben die optimistischen Visionen von Hardt und Negri wenig mit den Realitäten der ProduzentInnen der affektiven Arbeit – wie den HaushaltsarbeiterInnen – zu tun. Auch wird in den Texten vor allem auf die mütterliche Arbeit – als biopolitische Produktion, die Leben erschafft und Gesellschaft reproduziert – rekurriert (Hardt 2002). So fruchtbar das Konzept der immateriellen Arbeit sein könnte, lässt es jedenfalls die Unterbewertung der feminisierten Arbeit und insbesondere der Haus- und Sorgearbeit völlig außer Acht. Diese besteht weiter, selbst wenn die Unterscheidung zwischen produktiver und reproduktiver Arbeit obsolet geworden sein soll und die immaterielle, affektive Arbeit im kapitalistischen Produktionsprozess verwertet wird. Zum anderen ist es fraglich, welche Form das Lohnarbeitsverhältnis bzw. der Verwertungsprozess annimmt. Außerdem stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung überhaupt eintritt oder ob andere nichtkapitalistische Formen der Arbeit in bestimmten Bereichen – beispielsweise der Privatsphäre – entstehen bzw. weiter existieren und inwieweit diese als emanzipative Projekte verfolgt werden sollen (vgl. Erdem 2003). Ein Bestimmungsfaktor für diese normative Frage könnte der Grad der sozialen Rechte, die mit bezahlter Hausarbeit einhergehen, sein.

Haus- und Sorgearbeit als Normalarbeitsverhältnis?

Die Hauptproblematik der Regulierung und Legalisierung von Haus- und Sorgearbeit ist, dass die Zahlungsbereitschaft bei haushaltsnahen Dienstleistungen gering ist und der größte Teil der bezahlten Caring Labour durch illegalisierte MigrantInnen geleistet wird. Die Regulierung im Sinne einer Formalisierung nach dem Vorbild des Normalarbeitsverhältnisses stößt auf zeitliche, räumliche und subjektive Grenzen. Hausarbeit ist ihrem Wesen nach zeitlich entgrenzt, im Privatraum verortet und erfordert „Gefühlsarbeit“. Abgesehen von der Frage der Formalisierbarkeit von Hausarbeit gehen Legalisierungsmaßnahmen, die sich nur an InländerInnen bzw. an Personen mit Arbeitsbewilligung richten, am größten Teil der migrantischen HaushaltsarbeiterInnen vorbei, weil sie vom regulären Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, was gerade bedingt, dass sie zu einer billigen und rechtlosen Arbeitskraftressource werden.

Darüber hinaus bleiben über solchen Details um die Beschäftigung im Privathaushalt – wie Klenner/Stolz-Willig kritisieren – grundsätzliche Fragen völlig ausgeblendet. Die Debatte verrate jedoch einiges über die gesellschaftspolitischen Leitbilder der politischen AkteurInnen: Nicht mehr die Emanzipation von der Haushaltsarbeit [7] und eine geschlechtergerechte Umverteilung und Umgestaltung der Haus- und Erwerbsarbeit würden angestrebt, sondern es finde eine Differenzierung der Emanzipationsansprüche für Frauen statt – ein Teil der Frauen emanzipiert sich von der Hausarbeit, ein anderer durch die Hausarbeit (Klenner/Stolz-Willig 1997, 155f). Hier setzen zugleich beschäftigungspolitische Argumente im Bereich der Haushaltsdienstleistungen an: Während es Frauen gibt, die für den ersten Arbeitsmarkt qualifiziert sind, aber keine Zeit für die Haus- und Sorgearbeit haben, gibt es Frauen, die für den ersten Arbeitsmarkt nicht mehr qualifizierbar und daher geeignet sind, bezahlte Arbeit im Haushalt zu leisten, für die ohnehin keine berufliche Qualifikation, sondern lediglich eine qua Geschlecht erforderlich ist (vgl. Odierna 2000, 71f).

Die Entwicklung der Beschäftigung im Bereich der haushaltsnahen und personenbezogenen Dienstleistungen ist – insbesondere wenn sie rein marktlich (regulär, aber auch irregulär) organisiert ist – in hohem Maße von der Stratifizierung der Einkommen abhängig, d.h., es muss eine gewisse Einkommensdifferenz zwischen ArbeitgeberIn und Beschäftigter gegeben sein. Angesichts der Zunahme bezahlter Haushaltsdienste, die mehrheitlich von MigrantInnen in prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen geleistet werden, ist in den letzten Jahren die Rede von einer neuen DienstbotInnen-Gesellschaft (vgl. Odierna 2000). Eine kritische, öffentliche Debatte blieb bislang aber aus oder beschränkt sich bestenfalls auf akademische Kreise. Die Nicht-Thematisierung ist wohl nicht zuletzt auf Interessen an der Aufrechterhaltung dieser Form einer intrageschlechtlichen, geschlechtlichen und nunmehr ethnisierten Arbeitsteilung zurückzuführen. Zum einen können Konflikte um eine Umverteilung der Arbeit zwischen den Geschlechtern im Privaten vermieden werden, zum anderen dient diese Nicht-Thematisierung der Etablierung eines sozialstaatlichen Regimes zur Herstellung eines billigen Arbeitskräftepotentials. Dies nicht zuletzt, um die öffentliche Vergesellschaftung der Sorgearbeit aus Kostengründen und aufgrund maskulinistischer Interessen an der Aufrechterhaltung einer geschlechterhierarchischen Arbeitsteilung, wenn auch in neuer Form, hintanzuhalten.

Der Text basiert auf der Dissertation Der irreguläre Pflegearbeitsmarkt. Zum Transformationsprozess von unbezahlter in bezahlte Arbeit durch die 24-Stunden-Pflege. (2009). Mit Unterstützung der Bundesarbeiterkammer, Sieglinde Rosenberger und Ingrid Moritz, http://inex.univie.ac.at/uploads/media/DISSERTATION_almut_bachinger.pdf

Literaturangaben

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  • Bachinger, Almut (2007): Beschäftigung in der Altenpflege. Österreichische Pflegevorsorge und europäische Langzeitpflege im Vergleich, unveröffentlichte Studie für die Arbeiterkammer Wien
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[1Die Forderung nach Lohn für Hausarbeit geht auf die italienische Operaistin Dalla Costa zurück. Dalla Costa kritisierte die marxsche Theoretisierung der Reproduktionsarbeit als nicht produktive Arbeit. Marx zufolge ist reproduktive Arbeit keine kapitalistische Arbeit, da sie keinen Mehrwert erwirtschaftet, sondern lediglich Gebrauchswerte.

[2In den 1980er und 1990er Jahren wurde in Europa vermehrt versucht, kommunitaristische Konzepte aus den USA auf Europa zu übertragen (vgl. z.B. Andreas Khols Bürgergesellschaft). Gerade im Zusammenhang mit sozialen Diensten, die in Österreich wie auch in Deutschland über die freien Wohlfahrtsträger organisiert sind, bieten sich kommunitaristische und Workfare-Konzepte an. In Deutschland gibt es bereits so genannte Ein-Euro-Jobs im Rahmen der sozialen Dienste, die von ArbeitslosengeldempfängerInnen angenommen werden müssen, in Belgien existieren ähnliche Projekte (Bachinger 2007, 84; Gottschall/Pfau-Effinger 2002, 8). In Deutschland wurden mit den so genannten Hartz IV Reformen durchaus Workfare-Elemente in der Sozialpolitik eingeführt. In Österreich ist das weniger der Fall, es wird eher auf Freiwilligenarbeit oder die Bürgergesellschaft rekurriert. Allerdings gibt es doch auch Umschulungsmaßnahmen von Arbeitslosen, die mit mehr oder minder großem Druck erfolgen.

[3Frauen migrieren zunehmend selbständig, unabhängig von Familienzusammenführung. In der Europäischen Union hat die Mobilität aufgrund der Freizügigkeit (46%) den Familiennachzug (40%) als ersten Migrationszweck bereits abgelöst (OECD 2008). Doch auch schon die infolge des Familiennachzuges der Gastarbeitermigration der 1960er und 1970er Jahre zugewanderten Frauen hatten einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Sie konkurrierten mit ihren Landsmännern im verarbeitenden Gewerbe, was letztlich auch die Mobilität der inländischen Frauen in den Dienstleistungssektor begünstigte (Castro Varela 2003, 16f).

[4Auch Hardt/Negri beschreiben zwar die Dezentralisierung und Deterritorialisierung der industriellen Produktion und der Dienstleistungen, nicht aber der affektiven Arbeit, die einfach unerwähnt bleibt (Hardt/Negri 2003, 306f).

[5Die Lohndifferenz bzw. Rentabilität der HaushaltsarbeiterIn ist nicht unbedingt Voraussetzung für ihre Beschäftigung. Neben dem rein ökonomischen Nutzenkalkül (Opportunitätskosten) können auch andere nichtmaterielle Gründe für eine Beschäftigung einer Care-ArbeiterIn sprechen: z.B. die Mühsal oder hohe Belastung der Putzarbeit oder auch der Sorgearbeit, insbesondere in der Pflege, oder aber Prestige, Selbstverwirklichung in der Erwerbsarbeit etc.

[6„Diese [biopolitische] Produktion beruht demnach in erster Linie auf der Arbeit, die mit der Herstellung des Lebens beschäftigt ist, was sich nicht auf die Aktivitäten zur Erzeugung von Leben bezieht, sondern gerade auf die Produktion und Reproduktion von Affekten. In dieser Hinsicht wird offensichtlich, dass die Unterscheidung zwischen Produktion und Reproduktion ebenso hinfällig geworden ist wie die zwischen Ökonomie und Kultur. Arbeit wirkt sich direkt auf die Affekte aus; sie erzeugt Subjektivität, stellt Gesellschaft her, produziert Leben. Affektive Arbeit ist in diesem Sinn ontologisch: Sie erheischt lebendige Arbeit, um eine Form des Lebens und eine Lebensform zu konstituieren, und weist damit erneut das Potenzial der biopolitischen Produktion aus.“ (Hardt 2002)

[7Dem sozialistischen Ideal zufolge sollte die Hausarbeit der Hausfrau durch Rationalisierung und Vergesellschaftung abgeschafft werden.

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