ZOOM 4+5/1996
Oktober
1996

Nazi-Schergen im Sold der USA

Hochrangige österreichische Nazionalsozialisten wurden nach dem Krieg vom amerikanischen Geheimdienst CIC angeworben.

Peitschen klatschen auf das Pflaster:
Die SS macht es für Zaster
Aber Freiheit braucht auch sie,
Freiheit und Democracy.
Bertold Brecht: Der anachronistische Zug

Das Geheimpapier liest sich wie das Drehbuch für einen James-Bond-Film: „Propaganda, Wirtschaftskrieg, direkte Präventivaktionen einschließlich Sabotage, Gegensabotage, Zerstörung und Evakuierungsmaßnahmen“ sind darin angeführt. Außerdem geht es um „Subversion gegen feindliche Staaten, einschließlich der Unterstützung von Untergrund-Widerstandsbewegungen, Guerillas und Fluchthilfeorganisationen sowie Förderung einheimischer antikommunistischer Elemente in bedrohten Ländern der freien Welt.“

Direktive NSC 10/2

All diese Aufgaben kommen in dem streng geheimen Dokument NSC 10/2 des Nationalen Sicherheitsrats vom 18. Juni 1948 vor, das erstmals die „special projects“ US-amerikanischer Geheimagenten definierte. [1] Die italienische Geheimtruppe Gladio war nur eines dieser „Spezialprojekte“, konzipiert für sogenannte „verdeckte Operationen“.

In der Fachsprache der Geheimdienste werden solche Kräfte „stay behind forces“ genannt. Diese paramilitärisch organisierten Truppen sollten für den Fall, daß die Sowjetunion Westeuropa angreift oder kommunistische Regierungen an die Macht zu kommen drohen, Aufklärungs- und Sabotageaktionen durchführen.

Derartige Projekte gehören seit den Anfängen der CIA zum heikelsten, was die Strategen und Geheimniskrämer des kalten Kriegs zu bieten hatten. Denn „verdeckte Operationen“ sind nach Definition der Direktive NSC 10/2 nur solche Einsätze, die von der US-amerikanischen Regierung „gegen feindliche fremde Staaten oder Gruppen durchgeführt oder finanziert werden“. Sie sollten „jedoch derart geplant und ausgeführt werden, daß keine Verantwortlichkeit der US-Regierung erkennbar wird und im Fall der Aufdeckung die US-Regierung plausibel jedwede Verantwortlichkeit bestreiten kann“. Kaum verwunderlich – die Palette der Methoden des Untergrundkriegs, derer sich die Amerikaner bedienen wollten, schloß unter anderem eindeutige Kriegsverbrechen ein. So wird in einem Dokument des US-Generalstabes das „Vergiften von Wasserversorgungslinien“ als „nützliche Aufgabe für Guerillas“ bezeichnet. Die US-Regierung hatte aber noch andere Gründe, sich den Mantel des Schweigens umzuhängen.

Österreichische Stay behinds

Grundlage all dieser Aktivitäten waren geheime Verträge zwischen den Geheimdiensten der beteiligten Länder sowie ein geheimer und verbindlicher Zusatz zum NATO-Vertrag. Laut Oberst Oswald Le Winter, CIA-Verbindungsoffizier zur Gladio, enthalten diese Verträge die Zustimmung aller Regierungen, daß weder Anhänger des rechtes Flügels, Rechtsextreme noch aktive Antikommunisten in ihrem eigenen Land strafrechtlich verfolgt werden dürfen.

Die ersten Stay behinds wurden unter Nazis und deren Verbündeten rekrutiert. Nach dem Rückzug der deutschen Truppen aus den ehemals besetzten Ländern gegen Ende des Zweiten Weltkriegs blieben überall Nazi-Schergen zurück, die sich für künftige Aufträge und Operationen in Bereitschaft hielten. Diese Strategie war den Alliierten nicht unbekannt. Und so befanden sich in vorderster Linie ihrer Truppen Spezialkommandos, die den Auftrag hatten, diese Agenten ausfindig zu machen und anzuwerben. Vor allem ehemalige Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes (SD), dem Geheimdienst der SS, wurden vom CIA-Vorläufer „Counter Intelligence Corps“ (CIC, Geheimdienst des US-Heeres für militärische Abwehrfragen in den besetzten Gebieten) angeheuert. Sie standen danach für einen neuen Krieg bereit, der nun begann: der kalte Krieg.

Ab 1944/45 wurde unter der Leitung von Wilhelm Höttl, einem ehemaligen SS-Obersturmbannführer, der seit 1934 als illegaler Nazi beim SD in Österreich tätig war, ein Stay-behind-Netzwerk in Oberösterreich und Salzburg aufgebaut. Nach der militärischen Niederlage des Nationalsozialismus wurde Höttl gefangengenommen und trat beim Hauptkriegsverbrecherprozeß in Nürnberg als Kronzeuge der Anklage auf. Wieder in Freiheit, wurde der geheimdiensterfahrene Höttl 1947 vom CIC angeworben und reaktivierte seine Stay behinds. Es entstand die geradezu absurde Situation, daß der ehemalige Mitarbeiter Eichmanns zeitweise bei demselben US-amerikanischen Geheimdienst als Mitarbeiter geführt wurde wie der ehemalige KZ-Häftling Simon Wiesenthal, als dieser seine lebenslange Jagd auf untergetauchte Nazis begann. In Österreich, wo es keinen ernsthaften Versuch einer wirklichen Entnazifizierung gegeben hat, war es innerhalb kürzester Zeit wieder respektabler, eine „anständige“ Nazi-Karriere vorweisen zu können als beispielsweise dem antifaschistischen (und damit kommunistisch geprägten) Widerstand angehört zu haben.

Von Gmunden in Oberösterreich aus zog Höttl mit seinen ehemaligen Spießgesellen vom SD und anderen Nazis, wie zum Beispiel Erich Kernmayr, ein Nachrichtennetz auf, das im Falle einer sowjetischen Invasion mit anderen Guerilla-Einheiten und der Zentrale in den USA Kontakt halten sollte.

Die Organisation Gehlen

Für den militärischen Einsatz dieser Stay behinds, die fast ausschließlich aus ehemaligen Mitgliedern der Waffen-SS bestanden, stand unter anderen Karl Ney, ein ehemals führender ungarischer SS-Mann, auf der Lohnlist des CIC. Im Toten Gebirge wurden mit aktiver Unterstützung der USA militärische Übungen durchgeführt. Ney fand später Arbeit im westdeutschen Bundesnachrichtendienst (BND), dessen Geschichte als Nachfolgeorganisation der „Organisation Gehlen“ die braune Kontinuität der BRD dokumentiert.

Als Chef der deutschen Ostspionage hatte Reinhard Gehlen während des Kriegs durch Erpressung und Folterung sowjetischer Kriegsgefangener Erkenntnisse gesammelt. Im März 1945 nahmen Gehlen und seine Leute ihr umfangreiches Spionagematerial über die Sowjetunion auf Mikrofilm auf und vergruben alles auf einsamen Almwiesen in den österreichischen Alpen. Mit seinen engsten Mitarbeitern ergab sich Gehlen am 22. Mai 1945 der US-Armee und stand bald darauf im Dienst der US-Spionage. 1956 wurde die Organisation Gehlen als Bundesnachrichtendienst in deutsche Dienste zurückgeführt. Auf diesem Weg gelangten Hunderte von NS-Verbrechern in den BND. Einer von ihnen war Otto Skorzeny, der nicht nur an Mussolinis Befreiung aus seinem Gefängnis auf dem Gran Sasso im Auftrag der Nazis beteiligt war, sondern auch Kriegsverbrechen beging, als er bei der Ardennen-Offensive eine Gruppe von Saboteuren in US-Uniform hinter die feindlichen Linien führte. Er war nach dem Krieg das Bindeglied zwischen Gehlen und den NS-Verbrecher-Fluchthilfeorganisationen „Odessa“ und „Die Spinne“. Skorzenys engster Partner in Sachen Fluchthilfe war wiederum der Höttl-Gefährte Erich Kernmayr, der als ehemaliger NSDAP-Gaupropagandaleiter des Saarlandes und SS-Sturmbannführer über weitreichende Kontakte verfügte.

US-Agenten und FPÖ-Gründungsmitglieder

Kernmayr und sein SS-Kamerad Karl Kowarik spielten im Nachkriegsösterreich eine wichtige Rolle für die USA. Sie sollten gemeinsam mit Franz Olah, Ex-ÖGB-Chef, ehemaliger SPÖ-Innenminister und Gründungsfinanzier der „Neuen Kronen-Zeitung“, den Guerillakampf im Auftrag der USA führen. Kernmayr und Kowarik sollten ehemalige Wehrmachtssoldaten und SSler in Olahs Geheimarmee eingliedern. Diese Zusammenarbeit stellte ideologisch keine Schwierigkeit da, waren doch alle Beteiligten stramme Antikommunisten.

Seinen Antikommunismus hatte Kowarik schon in den Jahren zuvor ausreichend bewiesen. Sein Vater war Mitkämpfer in Ritter Georg von Schönerers Großdeutscher Partei gewesen und hatte den Sohn bald mit politischen Belangen vertraut gemacht. Nach seiner Betätigung im „Deutschen Turnerbund“ (Vorläuferorganisation des rechtsextremen Österreichischen Turnerbundes – ÖTB) engagierte sich Kowarik in der „Deutschen Studentenschaft“. 1927 beteiligte er sich als Mitglied eines Studentenkorps an „der Niederschlagung marxistischer Unruhen in Wien, Bruck an der Mur, Donawitz (...) ebenso an der Organisation der Hochschulunruhen gegen die Überfremdung der österreichischen Hochschulen durch die Ostjuden“, wie er stolz in seiner späteren Bewerbung für die SS festhält.

1930 trat Kowarik der NSDAP bei und stieg bis 1934 zum Führer der gesamtösterreichischen Hitlerjugend auf. Wie viele andere Illegale wurde er im selben Jahr nach dem Naziputschversuch im Juli kurzzeitig inhaftiert und floh nach seiner Entlassung nach Nazi-Deutschland. Von da an pendelte er zwischen Deutschland und Österreich und baute die illegale Hitlerjugend auf.

Nach dem sogenannten „Anschluß“ war Karl Kowarik in Wien sofort zur Stelle und ließ sich von der Hitlerjugend im Rang eines Hauptsturmführers der SS überschreiben und verbreitete im November 1938 als einer der anführenden Pogromisten der sogenannten „Reichskristallnacht“ Angst und Schrecken. Während des Zweiten Weltkrieges mordete er als Angehöriger der verbrecherischen Waffen-SS.

In den frühen fünfziger Jahren setzte Kowarik auch seine politische Karriere fort. Als Mitbegründer des VdU (Verband der Unabhängigen, Vorläufer der FPÖ) und späterer FPÖ-Funktionär hatte er den Übergang in die Nachkriegszeit problemlos geschafft. Karl Kowariks Sohn Helmut sitzt heute als Abgeordneter der FPÖ im Wiener Gemeinderat. Von der Wiener Stadtzeitung „Falter“ über die Nachkriegsaktivitäten seines 1987 verstorbenen Vaters angesprochen, wollte er von nichts wissen. Er konnte sich aber vorstellen, daß sein Vater sich gedacht habe, „nach dem Krieg müssen wir was gegen den Kommunismus tun“.

World Anti-Communist League

Und so war Karl Kowarik immer zur Stelle, wenn es galt, im kalten Krieg mitzumischen. Er reiste als „Staatsgast nach Südkorea“ und versuchte 1975 eine „Österreichisch-Rhodesische-Gesellschaft“ zu gründen. Der damalige Innenminister Otto Rösch untersagte dies. Seine Begründung: „Staatsgefährliche Zwecke“. Zusätzlich engagierte sich Kowarik sen. als Mitglied der „World Anti-Communist League“ (WACL), ein Produkt des kalten Kriegs, in deren Reihen sich westliche Geheimdienstler und sattsam bekannte Rechtsextremisten tummel(te)n. Die europäische Abteilung (EUROWACL) wurde von einem Österreicher geleitetet: Wilhelm Landig, der eine ähnliche Vita wie Karl Kowarik aufweisen kann. Er wurde 1909 in Wien geboren und zählte zu den ersten Anhängern Hitlers in Österreich. Wegen seiner Beteiligung am gescheiterten nationalsozialistischen Putschversuch im Juli 1934 mußte er nach Deutschland fliehen, wo er dem SD und der Waffen-SS beitrat. Unmittelbar nach dem „Anschluß“ kehrte Landig nach Wien zurück und werkte als Sachbearbeiter des SD für geheime Reichssachen und als Kreishauptstellenleiter der NSDAP.

Nach 1945 war er einer der zentralen Figuren des österreichischen Nachkriegsfaschismus. Landig fand 1948 zunächst Unterschlupf bei der FPÖ-Vorläufertruppe VdU, um später Geschäftsführer der „Österreichischen Sozialen Bewegung“ (ÖSB) – nach 1945 eines der österreichischen Zentren der Vernetzung der europäischen Rechten – zu werden. Nebenbei verdingte sich Landig als „Hersteller und Schriftleiter“ der sogenannten „Europakorrespondenz“, in der ohne Unterlaß die industrielle Vernichtung von Millionen Juden und Jüdinnen geleugnet wurde. 1951 engagierte er sich mit seiner ÖSB beim sogenannten „Europakongreß“, einer von ehemaligen SS-Männern aus ganz Europa gegründeten faschistischen Internationale. Im Führungsstab dieser rechtsextremen Elite damals: Pier Engdahl. Der bekannte schwedische Faschist gründete nach dem Zweiten Weltkrieg die „Neuschwedische Bewegung“, deren Aktivitäten hauptsächlich darin bestanden, dänische und norwegische Nazi-Kollaborateure zu Arbeitsplätzen in Schweden zu verhelfen. Weiters war Engdahl gemeinsam mit dem britischen Faschistenführer Oswald Mosley einer der Mitbegründer der heute einflußreichsten Zeitschrift des europäischen Rechtsextremismus, der „Nation Europa“.

Ende 1994 sorgte der heute in der Nähe von Wien lebende Wilhelm Landig erneut für Schlagzeilen. Die Wiener Stadtzeitung „Falter“ deckte auf, daß der FPÖ-Politiker Helmut Kowarik den von Wilhelm Landig gegründeten „Volkstumsverlag“ übernommen hat und deftig antisemitische Hetzschriften aus der Feder deklarierter Faschisten wie etwa Pier Engdahl verlegt.

Quellen:
Christopher Simpson: Der amerikanische Bumerang – NS-Kriegsverbrecher im Sold der USA, Ueberreuter, Wien 1988;
F. Paul Heller und Anton Maegerle: Thule – Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. S. 96f, Stuttgart 1995;
Operation Gladio, Abschrift:, VOX, August 1994 (BBC, Juni 1992);
Geheime Allianz, Abschrift, ORF, 22.1.1996;
Otto Köhler in Konkret 11/93;
Falter 51/52/1994 und 5/96;
Salzburger Nachrichten, 24.1.1996.

Wilhelm Höttl – Der SS-Mann in US-Diensten

Seine Agentenkarriere startete Wilhelm Höttl (geb. 19.3.1915) 1934 als Leiter des Nachrichtendienstes der SS in Wien. Nach dem sogenannten „Anschluß“ widmete er sein Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung von „Kirche, Juden und Freimaurern“. Aufgrund höchst dubioser Kontakte und unüberprüfbarer und eigenwilliger Tätigkeiten wurde er vom SD-Dienst suspendiert und ein Verfahren gegen ihn eingeleitet. 1942 trat er der Waffen-SS bei und verfaßte als Kriegsberichterstatter „Jubelberichte“ über den Vernichtungskrieg der Wehrmacht und SS im besetzten Jugoslawien. Nach der Liquidierung des berüchtigten Gestapo- und Sicherheitschefs Reinhard Heydrich durch tschechische Antifaschisten wurde Höttls „enger persönlicher Freund“ Ernst Kaltenbrunner Chef des allmächtigen Reichssicherheitshauptamtes (RSHA). Dieser machte Höttl zum „Spionage- und Abwehrchef für den Südosten“. In Windeseile verbesserte dieser das SS-Spionage-Netz im gesamten Balkanraum, bereitete 1944 persönlich den Sturz des abtrünnigen ungarischen Diktators Horthy vor, half dem „Kollegen“ Kappler, dem „Schlächter von Rom“, beim Aufbau des italienischen SD-Netzes und fand noch Zeit, sich um finanzielle Angelegenheiten der SS zu kümmern. So „half“ er beim „Transfer“ beträchtlicher Gold- und Devisenmengen aus Ungarn und den Balkanländern, verwaltete Geheimkonten in der Schweiz und brachte gefälschte Pfundnoten in Umlauf.

Kurz vor Kriegsende hatte Höttl in Absprache mit Kaltenbrunner Kontakte mit den US-Amerikanern aufgenommen. Er bot Informationen über die völlig fiktive „Alpenfestung“ an. Als Gegenleistung sollten die USA bei der Bildung einer österreichischen Regierung aus abgesprungenen Nazis behilflich sein. Die Amerikaner verweigerten dies, verhafteten ihn nach Kriegsende und überstellten Höttl nach Nürnberg, wo er bis Oktober 1947 in Haft blieb. Während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse trat er als Kronzeuge der Anklage auf. Er sagte aus, daß Eichmann ihm im August 1944 erzählt habe, „daß er (Eichmann) für Himmler einen Bericht über die Zahl der getöteten Juden machen mußte, worin er die Gesamtzahl der getöteten Juden auf 6 Millionen schätzte, davon seien 4 Millionen in den Vernichtungsanstalten im Osten getötet worden, während weitere 2 Millionen durch Erschießungen, und zwar in erster Linie durch die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD während des Ostfeldzuges, umkamen.“ Für sein Buch „Freispruch für Hitler“ wollte der nach Spanien geflüchtete Neonazi Gerd Honsik Höttl 1988 zum Widerruf dieser Aussage bewegen.

Der US-Geheimdienst CIC, in dessen Auftrag Höttl arbeitete, ließ ihn (offiziell) 1950 fallen. Die CIC-Offiziere mußten feststellen, einem Aufschneider aufgesessen zu sein: „Höttl ist ein notorischer Hausierer mit gefälschten Geheimdienstinformationen.“ 1952 gründete Höttl ein Privatgymnasium und eine Maturaschule in Bad Aussee. Höttl schlitterte mit der Schule 1980 in den Konkurs. Sie wurde vom Land Steiermark übernommen. Im Sommer 1995 wurde Höttl von Landeshauptmann Josef Krainer (ÖVP) mit dem Goldenen Verdienstkreuz des Landes Steiermark geehrt.

„Großmacht-Groupie“ Waldheim?

Bis heute wird ein Großteil der in den US-amerikanischen Archiven lagernden Akten über hochrangige Nationalsozialisten im Dienst amerikanischer Geheimdienste unter Verschluß gehalten – trotz der weltweit wohl einzigartigen Möglichkeit, mit Hilfe von Anfragen nach dem „Freedom of information act“ Einsicht in Akten zu erhalten. Das mittlerweile bekannte „File Höttl“ ist eher die Ausnahme, nicht die Regel. Werden Papiere freigegeben, sind die wesentlichen Stellen zudem oftmals geschwärzt.

In den USA interessiert man sich vor allem für die mutmaßliche Agententätigkeit eines Wehrmachtsoffiziers, der sich auf der Londoner „A-Liste“ mutmaßlicher Kriegsverbrecher von 1948 findet: Kurt Waldheim. Der Verdacht gründet sich auf die große Loyalität der USA gegenüber dem UN-Generalsekretär und Berichten der Wiener US-Botschaft aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, in denen regelmäßig die außerordentliche Unterstützung Waldheims für die amerikanische Außenpolitik gelobt wurde. A. M. Rosenthal stellte unlängst in der „International Herald Tribune“ die Frage, ob Waldheim gleichzeitig auch den Russen und Briten gedient habe: „Oder war er ein Großmacht-Groupie, das allen diente?“ Nach Bekanntwerden der erwähnten Berichte vor zwei Jahren brachten die Demokraten im Kongreß einen Antrag ein, die Akten über die NS-Connections der US-Geheimdienste offenzulegen. Bereits einmal gescheitert, steht der „War Crimes Disclosure Act, H.R. 1281“ demnächst neuerlich zur Abstimmung an.

(mk)
Quelle:
International Herald Tribune, 26.6.1996.

[1Das Dokument NSC 10/2 stellte, so der Historiker Christopher Simpson, ’einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte des US-Geheimdienstes im kalten Krieg und eigentlich in der gesamten amerikanisch-sowjetischen Beziehung dar. (...) Die CIA und andere Spionageorganisationen sollten sich nicht länger darauf beschränken, in erster Linie Informationen über auswärtige Feinde zu beschaffen und auszuwerten. Die administrativen Fesseln, die die geheimen Aktivitäten der USA seit Ende des Zweiten Weltkriegs behindert hatten, sollten endlich verschwinden.’ Siehe Simpson: Der amerikanische Bumerang, S. 131.

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