Internationale Situationniste, Numéro 7
 
1976

Situationistische Nachrichten

Der Zentralrat der S.I. ist am 10. und 11. Februar in Paris zusammengekommen. Gemeinsam mit den 6 Delegierten des Zentralrats (Ansgar-Elde war entschuldigt abwesend) nahmen acht andere in Paris anwesende Situationisten an der Diskussion teil. In Anbetracht der Opposition gewisser Elemente der deutschen Sektion gegen die S.I. seit der Göteborger Konferenz und vor allem des Inhalts der Nummer 7 der Zeitschrift Spur, des Misstrauens bzw. der Feindseligkeit dieser Gruppe gegenüber Genossen, die den Anweisungen der S.I. in Deutschland und außerhalb Deutschlands folgen, sowie ihrer jetzt unbestreitbarer Kollusion mit einigen herrschenden Kreisen der europäischen Kultur, forderte ein von Debord, Kotányi, Lausen und Vaneigem gestellter Antrag den Ausschluss Kunzelmanns, eines der beiden deutschen Delegierten im Zentralrat, sowie den von Prem, Sturm und Zimmer. Nash hat das Vorgehen der Spur-Verantwortlichen getadelt und war für die Veröffentlichung einer Gegenerklärung, ohne aber bis zum Ausschluss gehen zu wollen. Nach der Debatte über diesen Punkt schloss sich Nash dem Ausschlussantrag an, der also mit fünf Stimmen gegen eine gebilligt wurde. Kunzelmann selbst war mit der gesamten Kritik des Zentralrates einverstanden und behauptete, er persönlich sei für keine der beschuldigten Tatsachen verantwortlich. Nachdem es ihm aber dann freigestellt wurde, sich effektiv von den anderen loszusagen, konnte er sich nicht dazu entscheiden und musste also unter den Ausgeschlossenen bleiben. Dieser Ausschluss wurde sofort durch das Flugblatt Nicht hinauslehnen! bekannt gemacht. Der einzige unter den nicht beschuldigten Anwesenden, der bekannt gab, dass er mit der Stellungnahme der Ausgeschlossenen einverstanden war, Lothar Fischer, soll ebenso zu diesen gerechnet werden.

Nach Erledigung dieser Affäre diskutierte der Zentralrat über eine genaue Definition der Kultur und des alltäglichen Lebens, sowie über die Dialektik des Spektakels und die Interventionskräfte, die wir hier zusammenbringen können. Eine theoretische Diskussion wurde eröffnet, die noch dieses Jahr zu einer kohärenten Darstellung in Form eines Taschenwörterbuchs der situationistischen Begriffe führen soll. Es wurde beschlossen, eine dänische „Volksuniversität“ kreativ zweckzuentfremden (vgl. Frau E. Simons Abhandlung Nationales Erwachen und Volkskultur in Skandinavien, P.U.F.-Verlag, Paris). Uwe Lausen wurde die Leitung des Deutschen Gedankens, der neuen Zeitschrift der S.I. in Deutschland, vom Zentralrat anvertraut.

Was die Ausschlüsse betrifft, einigte sich der Zentralrat, dass es ratsam wäre, ihre Zahl zu beschränken, indem man den allzu leichten Beitritt in die S.I. strenger kontrolliert, damit die ganz zuverlässigen Elemente auserlesen werden. Anscheinend glauben verschiedene Sympathisanten, dass sie etwas zu gewinnen haben, indem sie so tun, als ob sie überzeugt wären — bekanntlich konnte man z.B. bisher der skandinavischen Sektion genauso leicht beitreten wie der französischen Schule des „Neuen Romans“. Sollte diese Kontrolle durchgeführt werden, dann könnte die S.I. hoffen, ihre Aufgabe mit nur noch einigen Dutzend Ausschlüssen, d.h. mit geringsten Kosten, zu erfüllen.

Die zweite Nummer der Internationale Situationniste wird z.Zt. nachgedruckt. Sie wird an diejenigen geschickt, die sie zur Vervollständigung ihrer Sammlung bestellt haben.

André Frankin, den ernste Meinungsverschiedenheiten über die anstehende politische Aktion nach dem großen Streik in Belgien von unseren belgischen S.I.-Genossen — und folglich von allen anderen Situationisten — im März 1961 getrennt hatten, hat uns in einem Brief vom 13. September mitgeteilt, dass er die Ideen der S.I. für manipulierte Albernheiten von im Trüben fischenden Leuten hielt — jedoch mit der Ausnahme von einigen, die in seinen eigenen Texten (der Nummern 3, 4 und 5 dieser Zeitschrift) einfach abgeschrieben worden sind. Zumindest muss man also feststellen, dass wir von nun an genauso wenig für ihn einstehen können, wie er für uns.

In einem Rundschreiben vom 27. Oktober 1961 gaben endlich Maurice Lemaitre und zwei andere Überbleibsel der schönen alten Zeit der lettristischen Avantgarde zu, dass es keine lettristische Gruppe mehr gibt. Sie schlugen aber weiterhin vor, dass „zu einer Zeit, in der der Lettrismus anfängt, den ihm angemessenen Platz einzunehmen“ in der kleinen Geschichte und den großen Ausstellungen, eine Art Genossenschaft zur gegenseitigen Hilfe gebildet wird, deren Mitglieder „bei jeder Unterschrift die Formel: ‚von der lettristischen Bewegung‘ ihrem Namen hinzufügen dürfen“. Da sie sich schon des Beitritts dreier anderer, gut erhaltener Mammute sicher waren, wandten sich die Unterzeichner an vier Personen, die von verschiedenen Seiten aus an den Konflikten dieser Avantgarde zur Zeit ihres Auseinandergehens teilgenommen hatten. Debord, einer der ersuchten Personen, antwortete selbstverständlich nicht. Mit ihrem Brief vom 4. November ließen dieselben dann nicht locker und folgerten, dass dieses verlängerte Stillschweigen sie ermächtigte, bei der unmittelbar bevorstehenden Veröffentlichung ihrer Plattheiten eine Billigung zu erwähnen. Dann schickte ihnen Debord folgendes Telegramm: „Euch dreckigen Typen bleibt es verboten, meinen Namen — zu welchem Zweck auch immer — zu benutzen. Hütet Euch davor!“ Sie waren klug genug, es dabei bewenden zu lassen. Immerhin ist eine solche Geste seltsam, da man keinem dieser Leute die geringste Gelegenheit gegeben hatte, je an einen Situationisten heranzutreten.

Diese Akademiker besonderer Art wissen doch wohl, dass die Positionen der S.I. ihnen ganz und gar feindlich gegenüberstehen. Sie wissen das um so mehr, als sie sich in einer nicht enden wollenden Nummer der Zeitschrift Poesie Nouvelle (No. 13, Oktober 1960) mit einer an Wahnsinn grenzenden Kritik mit unseren Positionen beschäftigt haben, während wir selbst (in Situationistische Internationale No. 4 und 5) sagten, wie gering wir ihre Theorie schätzen, um über die Lebensweise einiger von ihnen gar nicht erst zu sprechen. Aus diesem Zwischenfall ist das Ausmaß ihrer Verachtung jeden Gedankens — einschließlich des eigenen — deutlich herauszulesen. Man sollte aber noch die Mittel zum eigenen Opportunismus besitzen; während ihre schlaue Art der Anwerbung genügt, um ihre Berufung auf wiederholte Anwerbung in die unglückliche Legion der Streber zu beweisen, die nicht einmal Erfolg haben. Hier habt Ihr etwas Blutwurst!

Wir haben in unserer vorigen Nummer die Drohung mit einer Beschlagnahme erwähnt, die im Juni 1961 die Herausgabe der 5. Nummer von Spur in München verzögert hat, in der eine Auswahl von Texten über den unitären Urbanismus veröffentlicht wurde. Nach dem Erscheinen der 6. Nummer gelang es am 9. November der Polizei durch eine Reihe von Hausdurchsuchungen, alle gefundenen Exemplare der gesamten Nummern der Zeitschrift der deutschen Situationisten zu beschlagnahmen. Sie selbst wurden alle lange verhört und vier von ihnen angeklagt. In einem am folgenden Tag verteilten Flugblatt (das von 31, fast ausschließlich zur S.I. gehörenden Personen unterzeichnet wurde, die sich damit mit den Beschuldigten solidarisch erklärten) betonte die deutsche Sektion, dass „zum ersten Mal seit 1945 Hausdurchsuchungen bei Künstlern vorgenommen worden sind“. Indem das Flugblatt den groben Einschüchterungsversuch durch die Drohungen mit Veröffentlichungsverbot, Prozess und sogar Verhaftung denunzierte (die bewiesene Subversion scheint vor allem die antireligiöse gewesen zu sein) und es sich an die Solidarität der Intellektuellen und Künstler wandte, hat es zunächst neue Anklagen wegen Justizbeleidigung zur Folge gehabt. Da die Solidarität aber praktisch sowohl in Deutschland als auch im Ausland sehr schnell zum Ausdruck kam, mussten die Behörden sogar bis zur Rückerstattung der beschlagnahmten Zeitschriften zurückstecken. Das ausstehende Gerichtsverfahren blieb beim toten Punkt stehen.

Nachdem die deutsche Zeitschrift Vernissage in ihrer Nummer vom Februar 1962 anzudeuten versucht hatte, der drei Monate nachher eingetretene Ausschluss mehrerer deutscher Situationisten sei womöglich damit verbunden, dass sie mit der Sittenpolizei zu tun gehabt hätten, bzw. dass sie Säufer seien, versicherte am 15. März ein Brief der heutigen deutschen Sektion, der von der übrigen S.I. später gebilligt wurde, an diese Confidental der modernen Kunst, dass alle Situationisten sich in dieser Affäre mit den Verantwortlichen ganz solidarisch erklärten und es auch weiterhin seien. Im Brief wurde weiterhin genauer gesagt: „Gerade ihre Weigerung, der S.I. in allen extremen Folgerungen zuzustimmen, ist der Grund ihres Ausschlusses. In keinem Fall können wir also diesen Genossen ihre antikonformistische Lebensweise bzw. Kunst vorgeworfen haben. Wir bestehen sogar darauf, bekannt zu geben, dass wir vom Standpunkt der Vernissage-Redaktion aus — d.h. von Ihrem Standpunkt als arme Krämer, Diener und Nutten aus — noch schlimmer sind. ...“

Eine Form der permanenten S.I.-Solidarität bestand außerdem darin, die beiden deutschen Künstler in ihre schwarzen Listen einzutragen, die bei dieser Gelegenheit beteuert hatten, dass sie nicht unter die mit der Zeitschrift Spur solidarischen Leute gezählt werden wollten und damit zu erkennen gaben, dass sie sich auf der Seite der Polizei wohler fühlen.

Bei dem in Kindu im November 1961 gelegten Hinterhalt gegen die italienischen Flieger der UNO-Besatzungstruppen im Kongo, sowie bei der Hinrichtung von 19 Priestern in Kongolo im Januar ist die Spur des Oberst Pakassa und seiner aus der Armee der Östlichen Provinz stammenden Soldaten wiederzuerkennen. Unglücklicherweise wurde der Oberst Pakassa kurz danach festgenommen — zu gleicher Zeit, als die Regierung in Léopoldville den gemäßigten Gizenga verhaftete (wobei diese Verhaftung als Anfang desselben Liquidierungsverfahrens gelten sollte, das auch gegen Lumumba angewandt wurde) und als General Lundula die Lumumba-freundliche Meuterei der Truppen in Stanleyville niederwarf, indem er mehrere Einheiten auflöste und zahlreiche Soldaten erschießen ließ.

Entweder haben die Journalisten, die Jean-Louis Bédouins Buch Zwanzig Jahre Surrealismus Beifall gespendet haben, es nicht gelesen, oder aber sie wussten nicht, dass der Surrealismus während der zwanzig Jahre nach dem Buch von Maurice Nadeau tatsächlich weiter fortbestanden hatte. Sonst wäre eine so glückliche Überraschung bei einem Buch schwer zu verstehen, das eine so leere Periode so fade schildert. Die Geschichte dieser zwanzig Jahre Surrealismus vernachlässigt zwanzig Jahre moderner Kunst. Sogar in dem engen Gebiet, auf das Bédouin sich beschränkt, gehen seine Informationen nicht sehr weit. Warum z.B. von dem sprechen (siehe S.105), was Asger Jorn der Collage-Technik von Max Ernst verdankt, während Jorn selbst nie verheimlicht hat, er sei durch das gesamte Werk von Max Ernst äußerst stark beeinflusst worden? Warum die verschiedenen surrealistischen Gruppen, die es in drei Erdteilen gegeben hat, als bloße Zweigstellen eines fernen Pariser Vorortes betrachten, in dem überhaupt nichts mehr passierte? Warum das 1954 verfasste, „von den Lettristen“ mitunterzeichnete Flugblatt „Es fängt gut an“ über Rimbauds Hundertjahrfeier zitieren (S. 278), um dann die unter den Unterzeichnern sofort danach entfachte Polemik zu verschweigen? Sie ist unbestreitbar als ein Grenzfall der Schäden interessant, die durch den Stalinismus sogar bei seinen Feinden angerichtet werden konnten. Da sie vom Klassenkampf gesprochen hatten, wurden die Mitglieder dieser lettristischen Fraktion, von denen einige später zur Bildung der Situationistischen Internationale beitragen sollten, NKWD-Schergen geschimpft. Ein „Mit dem Großtürken vertraut“ betiteltes Flugblatt prophezeite ihnen eine schöne Laufbahn als bezahlte, falsche Zeugen bei den zukünftigen Moskauer Prozessen. Schade, dass die Surrealisten sich nicht auf die Ausübung des automatischen Schreibens beschränkt haben, wodurch sie bekanntlich vorhersagen konnten, dass dieses oder jenes Kaufhaus brennen bzw. das Jahr 1939 sie mit etwas Besonderem bedenken würde, da es jetzt bewiesen ist, dass sie unter Anwendung des rationalen Denkens von bestimmten Leuten vorhersagen konnten, sie würden zum NKWD überlaufen — die es doch nicht getan haben — während sie die Zukunft — und nicht einmal die Gegenwart — ihrer schönen Freunde im obengenannten Jahr — Hantai und Pauwels — nicht gesehen haben.

Fast auf jeder Seite seiner Prosa erscheint Bédouins Leitmotiv erneut — und zwar die überzeugte „Jugend“, massiv beitretende „junge Leute“ und surrealistische Generationen, die sich ununterbrochen abwechseln. Schön und gut. Jedes Jahr sind neue junge Leute für das surrealistische Projekt eingetreten, das ist sicherlich ein gutes Zeichen. Was haben sie dann gemacht? Dieser entscheidende Punkt bleibt in Bédouins Buch unklar.

In einer Editorischen Notiz der Situationistischen InternationaleDer Sinn des Absterbens der Kunst — wurde im Dezember 1959 darauf hingewiesen, dass Lucien Goldmann in seinen Dialektischen Forschungen zwar eingesehen und akzeptiert hatte, dass „die Kunst als autonome, von den anderen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens getrennte Erscheinung“ in einer Zukunft zum Verschwinden verurteilt werden könnte, in der man eine nicht mehr „vom Leben getrennte“ Kunst entwerfen sollte, dass er das aber aus allzu weiter Entfernung betrachtete, ohne die Bestätigung dessen im Ausdruck seiner Zeit zu erkennen. Immer noch urteilte er nach dem schon bei Marx so unglücklichen Gegensatz zwischen Klassik und Romantik. Beachtenswert sind allerdings seine neuesten Fortschritte: in der Nummer 2 der Zeitschrift Médiations (2. Trimester 1961) fasste er jetzt die Idee „allen Ernstes nur als Hypothese auf“ (von ihm unterstrichen), das man „in einer Welt, in der die Unechtheit der Dinge und der Personen in verschiedenem Grad allgemein ist, die radikale Unechtheit nicht existieren kann“, darauf rechnen muss, „mindestens zwei Stufen in der Struktur der kulturellen Schöpfung“ zu entdecken — „und zwar: den thematischen Ausdruck der Abwesenheit und in einem weiter fortgeschrittenen Grad das Projekt der radikalen Zerstörung des Gegenstandes.“ Immerhin noch sehr zaghaft schreibt er weiter: „Es erübrigt sich zu sagen, dass die erstere Stufe einen ganzen Teil der modernen Literatur von Kafka bis Robbe-Grillet kennzeichnet und vielleicht schon einen bedeutenden Platz in solchen Werken wie denen Mallarmés oder Valérys einnahm, während die zweite Stufe der ungegenständlichen Malerei und einigen wichtigen Strömungen der modernen Poesie zugrundeliegt.“

Weiterhin entdeckt Lucien Goldmann auch dieses Wunder, dass die Leute sich der Verdinglichung widersetzen! So S. 153: „Heute formulieren wir die erst provisorisch gültige Hypothese, dass die Verdinglichung, die dahin tendiert, die verschiedenen Gruppen aufzulösen und in die globale Gesellschaft einzuverleiben, … usw. … so stark der sowohl biologischen als auch … Wirklichkeit widerspricht, dass sie bei allen Individuen Reaktionen des Widerstandes in mehr oder weniger starkem Maße hervorruft … — eines mehr oder weniger allgemeinen und kollektiven Widerstandes, der den Hintergrund der Schöpfung bildet“.

Also im Jahre 1961 angelangt, sehen wir auf einmal, wie die Welt, so wie sie ist, „die Literatur der Abwesenheit und die Kunst der Zerstörung des Gegenstandes“ erzeugt. Goldmann wusste das vorher nicht, das ist wahr. Denn er ist durch diese Entdeckung dermaßen verwundert, dass er noch nicht daran gedacht hat, dass die verlassene Insel, auf die er durch seinen unerwarteten geistigen Sturm geworfen wurde, genauso stark bevölkert sein könnte wie die Konzentrationslager in Frankreich. Die Spuren des Freitags, die dort auf ihn warten, sind die der gesamten Kulturrevolution seit 100 Jahren.

Deshalb finden wir es besonders reizvoll, in der Zeitschrift der S.I. den Absatz weiter zu zitieren, mit dem Goldmann den vorsichtigen Schluss zieht: „Diese Bemerkungen sollen nur als Hypothesen gelten, sie sollen natürlich durch eine lange Arbeit der kollektiven Forschung näher bestimmt und bestätigt werden, die mehrere Jahre dauern wird. So wie sie heute sind, scheinen sie uns trotzdem anregend genug zu sein, dass es im Interesse dieser Arbeit selbst nützlich war, sie zum Ausdruck zu bringen und zur Diskussion zu stellen.“

Der in unserer vorigen Nummer mit ins Spiel gezogene Kunsthändler Otto Van de Loo hat am 30. August eine lange Offene Erklärung zu einem Artikel der Situationistischen Internationale veröffentlicht, in der er schließlich unsere gesamte Version der betreffenden Affäre im einzelnen, wenn auch in einer gewundenen und verlegenen Form, bestätigt; jedoch mit der einzigen folgenden Ausnahme: niemand könne, so behauptet er, daran zweifeln, dass sein telegraphisches Angebot eines Vertrages von 1.000 DM im Monat, um mit einigen Künstlern wieder in Verbindung zu treten, gegen die er vorher mit edleren und gefühlsmäßigeren Mitteln Druck ausgeübt hatte, nur ein Scherz gewesen sei. Alle, die die Kunstwirtschaft kennen, sollten darüber urteilen, ob es töricht sei, sich die Produktion eines Künstlers für 1.200 neue Francs pro Monat zu sichern — vor allem in einem solchen Fall, in dem diese im August 1961 „unvorstellbare“ — weil zu hohe Summe acht Monate später tatsächlich unvorstellbar — weil deutlich zu niedrig — geworden ist. Um seine Leugnung weiter zu stützen, fügt er hinzu, dass die Produktion dieser Leute nichts wert war und keinen Menschen interessierte. Obwohl er sich in diesem Punkt seinen eigenen Kriterien gemäß täuscht oder lügt, gesteht er mit dieser Behauptung, dass er sich für diese als Mitglieder der S.I. interessierte, mit dem Zweck, einen bestimmten Einfluss auf die situationistischen Beschlüsse durch ihre Vermittlung ausüben zu können. Er prahlt damit, teilweise Erfolg damit gehabt zu haben und sogar weitermachen zu können, indem er in derselben Erklärung großzügig die herzlichen persönlichen Beziehungen erwähnt, die er zur Zeit mit einigen Situationisten gepflegt habe. Was er als Argument gebraucht, um die Ernsthaftigkeit der Informationen der S.I.-Zeitschrift zu bezweifeln. Wir bleiben also bei allen unseren früheren Bemerkungen (in der Nummer 6), wobei zu betonen ist, dass es uns nicht darauf ankommt, uns gegen einen bestimmten Kunsthändler solidarisch zu erklären — was voraussetzen würde, wir könnten uns um Verbindungen mit anderen bemühen — sondern dass wir die S.I. gegen jeden äußeren Druck mit den unerschütterlichsten Mitteln schützen wollen. Als Beweis dafür und um diesem Zwischenfall einen Schlusspunkt zu setzen, weisen wir darauf hin, dass alle, die diese Sammlerpartei bilden konnten, deren Herzlichkeit und Postkarten von Van de Loo am 30. August geprüft wurden, seither gezwungen worden sind, aus der S.I. auszutreten.

Am 15. März haben plötzlich Jörgen Nash und Ansgar-Elde gegen die S.I. Stellung bezogen und damit begonnen, die skandinavische Sektion in ein „Bauhaus“ — noch eins! — zu verwandeln, das dazu bestimmt sein soll, einige einträgliche, womöglich mit dem „situationistischen“ Stempel versehene Kunstwaren schnell zu verbreiten. Der Ablauf dieser Verschwörung wurde vermutlich durch die letztlich durchgeführte Beseitigung des rechten S.I.-Flügels, auf den die Nash-Anhänger sich stützen wollten, beschleunigt. (Um die Gruppe Spur herum war der Plan einer Art „Nationalsituationismus“ an die Oberfläche gekommen, der sich als autonome Kraft organisierte, sich auf die Schweiz und Österreich erstrecken wollte und in Nord-Europa bereits Unterstützung gefunden hatte). In ihrer Erklärung haben sich die Nashisten nicht davor gescheut, sich mit den bestürzendsten Lügen zu behelfen; sie haben sogar zu verstehen gegeben, dass man am 10. Februar während der letzten Sitzung des S.I.-Zentralrates — der sozusagen unter dem Druck der Straße getagt hätte! — die seit zwei Tagen in Paris herrschende Bürgerkriegsstimmung (leider! stimmt das nicht) benutzt habe, um die Minderheit einzuschüchtern. Sie haben sogar gemeint, diese erbärmliche Minderheit zu vergrößern, indem man ihrem Unternehmen eine andere Person hinzufügte, von der im Nachhinein behauptet wird, sie sei ein Zentralratsmitglied, während die ganze S.I. natürlich weiß, dass das nicht stimmt. Die nashistischen Gangster können mit keiner Versöhnung von unserer Seite rechnen.

Am 23. März hat der Zentralrat der S.I. dem dänischen Situationisten J.V. Martin Vollmachten übertragen, um die S.I. in dem Gebiet zu vertreten, das bis zur Antwerpener Konferenz durch die skandinavische Sektion umfasst wurde (Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden), um dort alle authentischen Situationisten sofort zusammenzurufen und alle zum Kampf gegen Nash notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

J.V. Martin, après le putsch de Nash, organise la résistance des éléments fidèles.
Traduction : « Sabotage ! Prenez contact avec le quartier général par radio spatiale. »
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