Wurzelwerk, Wurzelwerk 33
Oktober
1984

Von Sekten und Druiden

Keltisches Bewußtsein

Vom 29.8. bis 2.9. 54 fand im und um das Zisterzienser-Stift Zwettl, einem geomantisch bedeutsamen Kraftzentrum, das groß angekündigte und vom ORF geförderte Seminar zum Thema »Keltisches Bewußtsein« statt. Als Veranstalter zeichneten einerseits der ehemals »linke« und immer noch führende »Alternativ«-Verlag Trikont-Dianus, andererseits die Thurn’sche »Initiative Stiftung Lichtenfels«. Beide zusammen sorgten für ein recht gemischtes Publikum — von links-alternativ/feministisch bis extrem elitär, mit zahlreichen »von«s, wissenschaftlich Interessierten und »Esoterikern«. Dazu kam noch eine Unzahl von (teilweise rechtsextremen) Sekten, die — uneingeladen — rund um den Kongreß ihr Unwesen trieben. Und so herrschte denn auch zeitweise eine recht gespannte Atmosphäre.

Die »positiven« Kräfte lagen, wie es schien, von Beginn an in den Händen von Frauen. Louisa Francia vor allem, und auch Heide Göttner-Abendroth, der wohl bedeutendsten Matriarchatsforscherin. Nicht zuletzt versuchte Freda Meissner-Blau, Obfrau des Österreichischen Informationsdienstes für Entwicklungshilfe (ÖlE), als Teilnehmerin und Moderatorin der Podiumsgespräche, das »keltische Schweben« etwas in Zaum zu halten. Leider fehlte krankheitshalber der politisch engagierte Jean Markale. Sein Buch »Die keltische Frau« war eines der Schlüsselwerke dieses Seminars.

Zu einem — allerdings eher negativen — Höhepunkt wurde der neokeltische »Sommernachts(alp)traum« auf der Ruine Lichtenfels, in dessen Rahmen zunächst ein magisch-mystisches Ritual zelebriert wurde, das in der Verbrennung einer benzinübergossenen weiblichen Strohpuppe gipfelte (eine recht problematische Symbolik), begleitet von Feuerwerks-Chemie-Gestank. Schließlich erschien auch der bekannte faschistoide »Druide« Urszovics (die Bezeichung »Druide« hat heutzutage nichts mehr mit alten keltischen Überlieferungen zu tun), um sich einer tanzenden Gruppe anzunehmen, die er u.a. mit den Worten: »Hört auf zu denken!« kommandierte. Was manche auch taten. Anderen jedoch war spätestens diese Äußerung Anlaß genug, gegen das manipulativ-schwarzmagische Treiben des »Druiden« einzuschreiten, woraufhin sich Urszovics — der schon zu Beginn das Seminar verflucht hatte — verzog.

Die solcherart weiter angeheizte Spannung entlud sich — beinah tumultartig — im abschließenden Podiumsgespräch, das als antifaschistischer Aufschrei dem Treiben von (Pseudo-)»Druiden« und ähnlicher Manipulatoren, die sich immer wieder an derartige Veranstaltungen anhängen (deren Sinn mir grundsätzlich überdenkenswert erscheint), einen schweren Schlag versetzte. In den einzelnen Stellungnahmen wurde vor allem an das ökologische, soziale und geistige Verantwortungsbewußtsein der Teilnehmer appeliert. Es bleibt zu hoffen, daß sich ein solcherart fundiertes, auf einer Harmonie mit der Natur und den Kräften der Schöpfung aufbauendes politisch-spirituelles Bewußtsein — ob wir es nun »(prä)keltisch« nennen oder »indianisch« oder wie Heide Göttner-Abendroth »matriarchal« — als eine wirkliche positive Kraft für das Leben und Überleben erweist.

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