MOZ, Nummer 56
Oktober
1990
Autonomes Frauenzentrum Linz

Zehn Frauenjahre

In den letzten Jahren haben sich in allen größeren Städten unabhängige Frauenzentren gebildet. So auch in Linz, wo das „Autonome Frauenzentrum“ seit nunmehr zehn Jahren besteht.

1990 gibt es in Linz einiges zu feiern: neben dem 500-Jahr-Jubiläum der Stadt Linz begeht das Autonome Frauenzentrum Linz seinen (ihren) zehnten Geburtstag.

Trotz des vielfältigen Angebotes und der erfolgreichen Arbeit des Frauenzentrums gibt es über die Legitimation dieser Einrichtung immer noch geteilte Meinungen. Besonders deutlich wird diese Tatsache, wenn es um Subventionen geht, ohne die ein Treffpunkt mit Beratung nie auskommen kann. Genauso passiert es immer noch, daß bei der Diskussion eines Entwurfes des Sozialprogramms für die Stadt Linz — „Linz eine Stadt für alle“ — kein Konsens darüber besteht, daß Frauen ein Thema für sich sein müssen.

Gewalt und Macht stehen unaufhörlich im Mittelpunkt der Diskussion. Der Diskussion, die 1981 zur Hausbesetzung für ein Linzer Frauenhaus führte. Die Besetzung wurde von Frauen, die 1980 den Verein „Unabhängiges Frauenkollektiv" gegründet hatten, initiiert. Die meisten dieser Frauen kamen aus bereits bestehenden linken Organisationen und Parteien.

Mit diesem Hintergrund der Erfahrungen und des Wissens, daß die Frauenfrage kein Nebenwiderspruch sein kann, wurde die Arbeit ehrenamtlich begonnen. Das Vereinslokal wurde durch Mitgliedsbeiträge finanziert. Viele der zwischen 1980 und 1985 begonnenen Dinge haben heute noch Bestand: das wöchentliche Frauencafé, der Notruf für vergewaltigte Frauen, die kostenlose Rechtsberatung und das Anliegen, Frauen gesellschaftlich sichtbar zu machen.

Die Auseinandersetzung mit den Themen und die alltägliche Arbeit im Kollektiv brachten auch Konflikte mit sich. Der Anspruch, eine fundierte Theorie für das Handeln und Sein zu finden und zu formulieren, stand dem Wunsch, sich selbst mit Gefühlen, Ängsten und Kräften zu erfahren, gegenüber. Das Auftreten als Kollektiv mit dem Ziel, viele Frauen zu erreichen und einzubinden, stolperte oft über gleiche Fragen. „Sollten wir uns an einer möglichst großen Zielgruppe orientieren?“ „Wollen wir unsere Vorreiterinnenrolle aufgeben?“ „Werden wir ein Dienstleistungsbetrieb und dekken gesellschaftliche Mängel zu?“ Und noch ein Streitpunkt, der in jedem autonomen Frauenverein Platz greift: Wer macht die wirkliche, die bessere Frauenarbeit, die Lesben oder die Heterofrauen?!? Diese Themen werden generell heftig geführt, hatten aber nie den Zerfall des Frauenzentrums zur Folge. Seit 1985 gibt es hauptamtliche Mitarbeiterinnen, wodurch die Beratungstätigkeit und z.T. organisatorische Tätigkeiten aus dem auf Dauer untragbaren ehrenamtlichen Bereich herausfallen. Die Angebote und Aktivitäten im Linzer Frauenzentrum reichen von regelmäßigen Arbeitskreisen über Selbsthilfegruppen zu kulturellen Veranstaltungen.

Der Anstoß für die seit 1986 bestehende „Aktionseinheit“ kam aus dem Frauenzentrum. Die Aktionseinheit ist ein Zusammenschluß von Frauenorganisationen, die jeweils, unter einem bestimmten Thema befristet, gemeinsam arbeiten und auftreten. Zuletzt wurde eine Broschüre über Frauen in Entscheidungspositionen mit dem Titel „Stadt der Frauen, statt der Männer“ herausgegeben.

In Vorbereitung ist eine Dokumentation über die zehn Vereinsjahre, die bei der Eröffnung der Frauenwoche am 21. Oktober um 19.00 Uhr im Autonomen Frauenzentrum Linz, Altstadt 11, vorliegen soll. Weitere Veranstaltungen im Rahmen der Frauenwoche sind:

  • Mo 22.10.: „Diverses mal Anderes“, Lesbentheatergruppe AFZ im Posthof;
  • Di 23.10.: Trio Improvisia — Musikgruppe aus Salzburg im Posthof;
  • Mi 24. 10.: Gisella Lafuente, Tangotheater aus Argentinien, in „Alte Welt“;
  • Do 25.10.: Frauenfest im AFZ.

Alle Veranstaltungen sind ausschließlich für Frauen und beginnen jeweils um 20.00 Uhr.

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