ZOOM 4+5/1997
Juni
1997

Zivildiener in der Ausländerintegration

Ein Projektentwurf

Idee

  1. Zivildiener sollen in benachteiligten und unterentwickelten Wohngegenden zu Sozial- und Hilfsdiensten aller Art herangezogen werden. Dies kann von körperlichen Hilfsdiensten bei der Sanierung einer Wohngegend mit deutlichen Verslumungserscheinungen bis zur individuellen Lernhilfe für ein nicht deutsch sprechendes Kind einer bedürftigen Familie gehen. Ein vergleichbares Projekt wird mit Erfolg in Frankreich durchgeführt. Zweck des Projekts ist es, Spannungen zwischen InländerInnen und AusländerInnen abzubauen und beiden Gruppen soziale Hilfestellung zu geben.
  2. Um diesen Zweck effektiv zu erfüllen, muß eine neue, möglichst flexible Struktur des Zivildienstes entwickelt werden, ein Pool für Kurzzeitprojekte. Man könnte das Ganze als Schulversuch auf der Ebene des Zivildienstes ansehen. Man sollte diesem Versuch eine Erprobungs- und Entwicklungsphase von mindestens drei Jahren gewähren, um dann zu entscheiden, ob man ihn zu einer ständigen Einrichtung machen will.

Projektbeschreibung

Als Träger eines solchen Musterprojekts (im ersten Schritt für den Bereich Wien und Umgebung) würde sich der Wiener Integrationsfonds anbieten, da dieser sich noch in der Aufbauphase befindet und seine Zwecke mit denen des Projekts übereinstimmen.

Der Träger schafft einen Pool von etwa 15 bis 20 Zivildienern, die statt der drei Wochen Grundlehrgang eine gründliche Vorbereitung auf ihre Tätigkeit erhalten. Die Zivildiener werden dem Integrationsfonds ohne Selbstbehalt zur Verfügung gestellt. (Der ’Mieter’ eines Zivildieners hat eventuell an den Integrationsfonds einen kleinen Verwaltungskostenbeitrag zu entrichten.)

Nicht an Organisationen, sondern für Projekte

Die Zivildiener werden für Kurzzeitprojekte an andere in der Ausländerintegration tätige Organisationen und Personen für bestimmte Projekte vergeben. Solche Projekte können sich im Tätigkeitsbereich einer Vielzahl von Einrichtungen und Organisationen ergeben. Das reicht von Pfarren, die vorübergehend Hilfe in der Betreuung von Kriegsflüchtlingen brauchen, bis zu Volkshochschulen, die Unterstützung bei einem Lernhilfeprojekt für nichtdeutschsprachige Kinder brauchen. Zu denken wäre an Einrichtungen wie: Flüchtlingslager, Mobile Gebietsbetreuung, Plattform gegen Wohnungsnot, Flüchtlingsgruppe von Amnesty International, Caritas, Jugendzentren, Verein für Ausländer, Deserteursberatung, Unterstützungskomitee für politisch verfolgte AusländerInnen, Asylkoordination, Multikulturelles Zentrum, vielfältigste Jugendorganisationen, Organisationen im Bereich der Sozialarbeit der Gemeinde Wien etc.

Prinzipiell kann jede Institution und jede Person mit einem bestimmten Projekt um die Vergabe eines Zivildieners einreichen. Es ist von untergeordnetem Interesse, ob solche Institutionen schon Zivildiener in einem bestimmten Arbeitsbereich beschäftigen. Der Grundgedanke dieses Pilotprojekts ist es, Zivildiener nicht an Institutionen, sondern für spezifische Projekte zu vergeben, auch wenn die Mieterorganisationen ansonsten Tätigkeiten durchführen, die mit dem jeweiligen Integrationsprojekt nichts zu tun haben.

Die Projekte sind beim Integrationsfonds wohlbegründet einzureichen. Über die Vergabe von Zivildienern entscheidet eine vom Träger eingesetzte Kommission. Die Kommission setzt sich zusammen aus je einer/einem VertreterIn des Bundes, des Landes, der Trägerorganisation, einer überregionalen sozialen Einrichtung und der Arge Kriegsdienstverweigerung. Die Kommission achtet darauf, daß die Zivildiener nur im Sinne der Ziele dieses Projekts eingesetzt werden. Auf die Wünsche der Zivildiener über die Art ihres Tätigkeitsfeldes ist nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen.

Projektdauer, -leiterIn und Abwicklung

Die Projekte müssen eine Mindestdauer von zwei Tagen haben und dürfen nicht länger als vier Monate dauern. Es ist jeweils ein/e verantwortliche/r ProjektleiterIn zu benennen, der am Schluß einen auch vom Zivildiener unterschriebenen Tätigkeitsbericht vorzulegen hat. ProjektleiterIn kann niemals der Zivildiener selbst sein.

Die Trägerorganisation hat darauf zu achten, daß immer alle Zivildiener voll beschäftigt sind. Sie baut auch eigene Kurzzeitprojekte im Rahmen der AusländerInnenintegration auf und bemüht sich, in ständigem Kontakt mit den relevanten Gruppen, selbst neue Tätigkeitsfelder zu erkunden. Die Trägerorganisation setzt sich mit allen vorhandenen AusländerInnenhilfsorganisationen in Verbindung und gibt den Modus der Abwicklung öffentlich bekannt.